Ramsauers Kampfradler

Es war mal wieder so weit: Herr Ramsauer, unser Verkehrsminister, bewies, daß er nicht Verkehrsminister, sondern vielleicht Autominister heißen sollte. Er wetterte gegen die bösen Kampfradler und daß man dagegen dringend etwas unternehmen müsse.

Zunächst einmal: Ja, auch ich bin der Meinung, Radfahrer haben sich an Verkehrsregeln zu halten. Rote Ampeln sind tabu, auf Bürgersteigen wird nicht gefahren, Radwege sind nicht in Gegenrichtung zu benutzen und gutes Licht ist am Fahrrad kein Hexenwerk. Unumwunden gebe ich zu, daß auch ich in der ein oder anderen Situation einen sagen wir mal kreativen Umgang mit den Regeln praktiziere. Oberstes Gebot ist für mich persönlich die gegenseitige Rücksichtnahme. Ich rolle schonmal über einen Bürgersteig – wenn die Situation übersichtlich ist und zudem mit nicht wesentlich mehr als Schwrittgeschwindigkeit. Eine angeordnete Radwegbenutzungspflicht ignoriere ich in diversen Fällen – wenn ich dadurch den sonstigen Verkehr nicht unnötig behindere. Und einen grünen Rechtsabbiegepfeil an einer Ampel beziehe ich schonmal auf mich, wenn es die Situation erlaubt, obwohl vielleicht eine rote Fahrradampel dagegen spräche. Ich tue dies durchaus im Bewusstsein, dort vielleicht die ein oder andere Regel zu missachten, aber immer so, daß ich andere in ihren Rechten nicht beschneide.

Auch ich als Radfahrer ärgere mich, wenn ich brav an der roten Ampel warte und dann irgendein Depp an mir vorbei rauscht – meistens jemand, den ich kurz danach eh wieder überhole. Mich nervt es, wenn mir Leute ungeniert auf einem der wenigen Radwege, die ich freiwillig nutze entgegenkommen und vielleicht nichtmal Platz machen oder gar überhaupt nicht auf ihre Umwelt achten. Jedesmal denke ich mir: Klar, und ich darf den schlechten Ruf der Radfahrer wieder ausbaden.

Aber wenn ich über meine Fahrten, im wesentlichen im Westen Berlins, nachdenke und mir vor Augen führe, wer denn diese bösen, rücksichtslosen, regelübertretenden Kampfradler so sind, dann fällt mir in der täglichen Beobachtung etwas auf: Natürlich sind ein paar junge, rücksichtslose Menschen dabei, die dem typischen Klischee entsprechen, der Hauptteil derer, die mich an der roten Ampel überholen, die wie selbstverständlich auf dem Bürgersteig fahren oder den Radweg in die Gegenrichtung benutzen sind – zumindest hier – älzere Leute, oft schon (geschätzt) im Rentenalter. Nicht die typischen Chaoten und rücksichtslosen Rowdies, die immer angeführt werden.

Ich lese auch gerne die Polizeiberichte und achte vor allem auf die Fahrradunfälle – es ist schließlich weniger schmerzhaft aus den Fehlern anderer zu lernen. Auch hier fällt (ohne nachgezählt zu haben, das überlasse ich Leuten an passender Stelle, man möge also meinen Eindruck widerlegen, wenn ich falsch liege) oft auf, daß ältere Radfahrer in die Unfälle verwickelt sind. Daß es den flinken Fixie-Fahrer oder Kurier trifft, der unbestritten mehr Kilometer auf dem Rad hinter sich bringt und vielleicht aus beruflichem Druck oder weil es eben hip ist sicherlich auch die ein oder andere Regelübertretung begeht ist relativ selten.

Was steckt also dahinter? Gerade für ältere Menschen oder Gelegenheitsradfahrer sind sicherlich manche Situationen schlechter einzuschätzen, aber viele Dinge sind auch ungleich anstrengender, zum Beispiel das ständige stehenbleiben an Ampeln oder Umwege. Das allerdings ist kaum mit mehr Gesetzen oder Kennzeichen sinnvoll zu bekämpfen, hier müsste eine sinnvolle Radverkehrsplanung ansetzen. In den Niederlanden und auch in Kopenhagen gibt es in den Städten Fahrradstrecken, die Priorität vor anderen Verkehrsmitteln genießen. Die Strecken sind so angelegt, daß sie schnell und durchgängig mit möglicvhst wenigen Stops zu befahren sind. Das wird durch die Wegführung erreicht, aber auch durch entsprechende Anpassungen von Ampelphasen bzw. deren individueller Steuerung bei Annäherung. Für das Rechtsabbiegen gilt an vielen Ampeln in den Niederlanden, daß ich das – ähnlich wie beim grünen Pfeil als Autofahrer bei uns – darf. Und es führt nicht zu vermehrten Unfällen. Es sind viele dieser kleinen Maßnahmen, mit denen sich der Verkehr an die Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer anpasst und so zu einer klareren, sichereren Situation für alle Verkehrsteilnehmer führt. Nicht nur für Radfahrer.

Was mich allerdings an den Einlassungen unserer Verkehrsministers ganz besonders ärgert ist die Realitätsferne. Mit Stammtischniveau sol dort Politik gemacht werden, wo der Blick auf simple Zahlen reicht, um die Aussagen ad absurdum zu führen. Die Zahl der Unfälle mit Radfahrern als Hauptverursacher ist in 10 Jahren nahezu gleich geblieben (sogar leicht gesunken) – und das, obwohl immer mehr Wege mit dem Rad zurückgelegt werden.  Die Gefährdung durch Radfahrer ist um ein vielfaches geringer als die Gefährdung durch Autofahrer, die Zahl der Toten und Verletzten durch Unfälle ohne Beteiligung von Autos ist geradezu verschwindend gering.

Etwas Augenmaß täte der Debatte also gut. Die Faktenlage jedenfalls gibt es nicht her, hier so zu reagieren. Die auf das Auto zentrierte Sicht ist ein Relikt vergangener Zeiten, die gesellschaftliche Entwicklung im Verkehr läuft der Politik schon lange und mit weitem Abstand davon. Will man diese Lücke verkleinern, hilft es nicht, mit hoher Gewschwindigkeit in die falsche Richtung zu brausen.

Tour mit kleinen Widrigkeiten

Mitten im März das schöne Frühlingswetter ausnutzen – das war am letzten Wochenende angesagt. Den Samstag startete ich allerdings erstmal nicht draußen, sondern drinnen: Auf der Fahrradmesse VELOBerlin. Diese hatte gegenüber dem letzten mal kräftig an Größe zugelegt, es gab ein paar interessante Dinge zu bestaunen – und auch die Liegeradfraktion belegte einen nicht zu vernachlässigenden Anteil des Platzes.

Durchs Hallendach schien aber die Sonne … und so drängte es mich zum Aufbruch. 18°C und purer Sonnenschein waren zu erwarten. Und ich hatte für Manuel auf dem Rennrad und mich eine nette Strecke nach Neuruppin rausgesucht.

Manuel rief an, um zu sagen, daß er losfährt. Etwa 20 Minuten später stand ich unten, das Rad fertig. Und wartete. Und wartete. Und wartete. EIne Stunde nach dem Anruf erkundigte ich mich, was denn wohl auf dem Weg so lange dauern könne … Manuel war der Schnellspanner an der Sattelstütze gebrochen (verdammter Leichtbau!) und er versuchte verzweifelt Ersatz aufzutreiben. Ich genehmigte mir einen Snack beim Bäcker und dann trudelte er auch ein.

Wir fuhren via Spandau aus der Stadt, folgten bis Hennigsdorf dem Berlin-Kopenhagen-Radweg und bogen dann auf relativ ruhige Landstraßen. Die Sonne schien und es war herrlich. Der Wind kam zwar von vorn (und fast etwas stärker als erwartet), aber dennoch ging es gut voran. Wir erlaubten uns keine größeren Pausen und waren dann ca. 80km und drei Stunden und vierzig Minuten nach dem Start am Ziel, noch weit vor Sonnenuntergang.

In Neuruppin beschlossen wir, uns nicht hetzen zu lassen und aßen erstmal vorzüglichen Wels mit Blick über das Wasser, während die Räder sicher im Hof des Restaurants stehen durften. Draußen wurde es zunehmend kühl. Den Rückweg bestritten wir dann mit dem RE und der S-Bahn.

Am Sonntag war die Zeitumstellung, abends würde es also eine Stunde länger hell sein. Nach dem Frühstück machte ich mich in aller Ruhe fertig. Erst ein Abstecher zum Geldautomaten … und dann feststellen, daß ich vergessen hatte, die Route für die heutige Tour ins GPS zu laden. Also nochmal schnell hoch und das nachgeholt.

Schon auf den ersten Kilometern merke ich, daß die Schaltung unpräzise schaltet, aber es geht noch. Ich fahre weiter, durchquere die Stadt, ärgere mich über die Unmengen zerbrochener Flaschen im Mauerpark und reagiere etwas genervt auf Radwegführungen über nicht asphaltierte Wege die am Rande der Fahrbarkeit sind (Schlaglöcher, Sandkuhlen, Spurrinnen…) – der richtige Drive kommt gerade nicht auf.

In Biesenthal esse ich zu Mittag. Kartoffeln mit Quark und Leinöl. Leider ist das Leinöl nicht extra, sondern in den Quark schon reingerührt. Ich hab nichts gegen Leinöl, aber das ist mir heute durchaus etwas zu fettig alles. Da ich Hunger habe, esse ich natürlich trotzdem alles auf.

Auf dem weiteren Weg in Richtung Eberswalde kommt leichtes Magengrummeln auf. Überlege ich anfänglich noch, ob ich auf dem Rückweg vielleicht in die Nacht hineinfahre und bis Oranienburg durchziehe, frage ich mich kurz danach bereits, ob ich die Tour vielleicht schon in Eberswalde beende.

Es kostet mich einige Überwindung, dann doch bis zum Hebewerk nach Niederfinow weiterzufahren und schnell bin ich auch nicht mehr. Gegen 18 Uhr komme ich dort an, kann in einer Gaststätte noch ein Stück Kuchen ergattern (mein Körper verlangt nach etwas nicht so fettigem, dafür süßem – ich höre auf ihn). Eine längere Sitzung im Nebenraum folgt. Auf dem Rückweg nach Eberswalde bin ich mir nicht sicher, ob ich den Kuchen bei mir halten kann. Doch langsam bessert sich die Lage. Um nicht in diesem Zustand in einen Zug zu steigen fahre ich noch einen kleinen Schlenker den Havel-Oder-Weg zurück bis Finow und dann via B167 zum Bahnhof Eberswalde.

Ich muss nicht lang bis zum nächsten Zug warten und langsam geht es mir auch wieder so gut, daß ich von Südkreuz aus auf eigenen Rädern heimrolle. Die Schaltung zickt gewaltig.

Zwischendurch versagte mein Zweittacho (VDO MC 1.0) seinen Dienst. Erst kamen schwankende Höhenangaben (alternierend zwischn 250, 2500 und 5000 Metern), dann seltsame Zeichen, dann flackern und dann war er aus. Ich kann mir durchaus bessere Möglichkeiten vorstellen, eine leere Batterie anzuzeigen. Vor allem bei einem Tacho, der beim Batterietausch seine Daten verliert! Zum Glück war das bei mir nicht so schlimm, da es eben nur der Zweittacho ist.

So fühlt sich Frühling an

Der Plan für diesen ersten warmen und sonnigen Samstag des Jahres sah anders aus, doch eine SMS um kurz vor sieben würfelte meine Tourenplanung durcheinander. Nun gut, ich nutzte die Zeit vor dem Frühstück bei meinen Eltern und plante anhand der vorherrschenden Windrichtung eine Tour nach Osten auf kleinen Radwegen, nicht immer asphaltiert, aber mit dem Liegerad gut fahrbar. Ein Anruf um kurz vor neun auf dem Weg zu meinen Eltern würfelte diese Pläne durcheinander: Manuel war mit dem Rennrad unterwegs, die ausgedehnten nicht asphaltierten Passagen waren da nicht das Richtige. Also plante ich nach dem Frühstück nochmal schnell um. Nach Westen raus, gegen den Wind, abends mit der Bahn zurück.

Um kurz nach elf ging es dann los, die Sonne schien und es war bereits gute 20°C warm. Wir fuhren via Grunewald – wo wir diverse Bekannte aus der Rennradgruppe sahen –  und Heerstraße nach Gatow, Kladow und weiter nach Sacrow. Nur ein kurzes Stück auf der B2, dann bogen wir in Richtung Fahrland ab und ließen Berlin hinter uns. Der weite Blick über die Landschaft, der sich dort öffnet, tat mir richtig gut. Wanderlust. Reisefieber. Auch der Wind konnte daran nichts ändern, gegen den wir dennoch mit freundlichen 26 bis 28 km/h auf dem Tacho anfuhren.

Unser erstes geplantes Zwischenziel war Ketzin. Am Fähranleger gibt es eine Gaststätte, wo wir uns versorgen wollten. Da es dort aber nur wenige Radastellplätze außer Sicht gab und wir kein Schloss dabei hatten und uns die Bedienung schroff abwies, als wir die Räder etwas näher dran parken wollte (es war alles andere als voll), entschieden wir uns lieber auf Altbekanntes zurückzugreifen und noch ein kleines Stück bis zum Havelstübchen zwischen Deetz und den Götzer Bergen zu fahren. Dort gibt es in der Regel gute Fischgerichte, was sich als prima Mittagessen anbot.

Zunächst aber ließen wir uns etwas Zeit, auf dem Deich wollte ein paar Experimente machen im Hinblick auf die Dokumentation künftiger Touren. So genossen wir mit einigen Unterbrechungen den Haveldeich, trotz des hier ungebremst wehenden Gegenwinds, die Obstplantagen und ärgerten uns abermals über die unnötig engen Drängelgitter an einigen Stellen des ansonsten wunderbaren Havelradwegs.

Kurz vor den Deetzer Erdlöchern kehrten wir wie geplant im Havelstübchen ein. Die Räder in Sichtweite, leckerer Fisch auf dem Teller und ein erfrischendes Getränk im Glas. Da kann uns die unfreundliche Dame in Ketzin gestohlen bleiben! Nach dieser Stärkung und einem kleinen Plausch mit einer in der Gegenrichtung fahrenden Rennradlerin geht es weiter. Auf dem Plan im Restaurant habe ich einige in der OSM nicht eingezeichnete Wege direkt über den Götzer Berg gesehen – anstatt außen herum wie der offizielle Radweg führt. Ich frage Manuel, ob ein wenig nicht asphaltiertes Abenteuer im Tausch gegen Höhenmeter OK wären. Und spätestens als wir den neu errichteten Aussichtstum aus dem Wald ragen sehen ist klar: Da müssen wir rauf.

Die Wege sind natürlich alles andere als Rennradgeeignet und auch mit der Speedmachine erreiche ich bei >12% auf nicht asphaltiertem Grund die Grenze der Traktion. Aber jetzt kann uns nichts mehr aufhalten, es geht hinauf zum Turm … der ist aber erstmal eine Baustelle. Um den offiziell besteigen zu dürfen müssen wir wohl später im Jahr nochmal wiederkommen. Natürlich sind wir gute Deutsche und ignorieren den an einer Stelle offenen Bauzaun und merken so auch nicht, daß es heute viel zu diesig ist für einen guten Ausblick…

Ich gebe mir auf dem Liegerad eine vorsichtige Abfahrt vom Berg, während Manuel mit den dünnen Rennradreifen doch etwas zurückhaltender ist, dann sind wir zurück auf dem Havelradweg. Mit großer Freude stelle ich fest, daß bei Gollwitz endlich das letzte Stück Radweg befahrbar ist und man nicht mehr über diesen fiesen Feldweg umgeleitet wird.

Während der Radweg an der B1 in Richtung Brandenburg noch swehr gut nutzbar ist (jedenfalls bis Neuschmerzke), empfiehlt es sich trotz hupender Autos auf Plattenstraße beim Abbiegen auf die B102 den „Radweg“ zu ignorieren und auf die Fahrbahn auszuweichen. Was wir leider (wider besseren Wissens) erst viel zu spät tun.

In Brandenburg gehen wir ins Brückencafé an der Jahrtausendbrücke. Das Wasser der Havel hat einen hohen Stand, so daß es nur Centimeter unter der Uferkante schwappt, aber wir sitzen dort gut und genehmigen uns einen kleinen Nachtisch. Bevor wir weiter nach Rathenow fahren, fröne ich auf der anderen Uferseite noch ein paar Spielchen im überfluteten Uferbereich. Spaß muß sein.

Wegen der besseren Zugverbindung geht meine Planung bis Rathenow, ich habe aber den Weg über die L98 gelegt. Die B102 ist mir zu befahren und der Havelradweg schlingt sich für die Uhrzeit über zu viele Umwege. Bei mäßigem Verkehr geht es in den Sonnenuntergang und es wird schon deutlich kühler. Das Thermometer zeigt nur noch 11°C, als wir in Rathenow ankommen. Nach dem Kauf der Fahrkarten haben wir noch ein wenig Zeit und besorgen uns beim örtlichen Supermarkt einen Snack für den Rückweg, die Zugverbindung geht in einer Stunde direkt bis Südkreuz durch.

Bis auf eine alkoholgetränkte Ansammlung von Biomasse („Fussballfans“), die von der Leistung ihres Vereins offensichtlich etwas frustriert und Agressionsgeladen waren funktioniert der Rest recht gut und wir kommen nicht allzu spät nach Haus. Wegen des frühen Tagesbeginns falle ich totmüde ins Bett. Mein erster Hunderter in diesem Jahr ist aber ansonsten recht gut gelaufen.

Test: Aiolos Einspurhänger

Klaus hatte bei Rad der Stadt vor einiger Zeit Interesse an einem reisetauglichen Hänger bekundet. Neben den üblichen Verdächtigen wie Weber oder Bob Yak gab es dort auch den Aiolos – leicht, formschön und aus Berliner Produktion. So wurden wir benachrichtigt, als ein Hänger zum Testen im Laden bereitstand und nahmen uns ein wenig Zeit, um den Einspurer ausgiebig an der HP Velotechnik Streetmachine GTe und der Speedmachine zu testen. Beide Räder sind, trotz Hinterradschwinge, von HP für den Betrieb mit Einspurhängern freigegeben.

Als erstes mußten wir die Kupplung, zunächst an der Streetmachine, montieren. Dazu muss im wesentlichen nur der Schnellspanner am Hinterrad gegen einen speziellen Spanner ausgetauscht werden, auf dessen Enden beidseitig die Deichsel aufgesetzt und arretiert wird. Da die genau auf der Achse passiert (nicht wie etwa bei der Weber-CE-Kupplung versetzt dahinter), mussten wir bei der Streetmachine (und später auch bei der Speedmachine) die Schutzblechhalterungen lösen. Bei der Streetmachine mit Rohloff und Speedbone (wegen Scheibenbremse) war auch danach das Einsetzen des Anhängers noch mit etwas Aufwand verbunden. Selbst wenn die Schutzblechhalterung versetzt würde, wäre dies kein Vorgang den man mehrmals am Tag machen möchte – vor allem nicht bei beladenem Hänger.

Der Anhänger selbst macht einen soliden Eindruck. Mit 3,1kg für den Anhänger (angegebenes Gewicht, wir hatten keine Waage) und nochmals 3,1kg für die passende Tasche aus solidem Material befindet sich die Kombination in einem durchaus akzeptablen Gewichtsbereich. Der Hänger selbst ist nicht gefedert, das Rad ist ein 406 mit Standard-Nabe, so daß man im Bedarfsfalle hier einfach ein Ersatzvorderrad für das Fahrrad, eventuell sogar mit SON, mitführen kann. Die Farbe ist des Aiolos ist bei Bestellungfrei nach RAL wählbar, so daß man ihn passend zum Rad fahren kann. Die Tasche mit stabilem Boden ist über diverse Schlaufen am Rahmen befestigt und liegt zusätzlich auf einer Mittelstange auf. Sie hat oben wasserdichte Reißverschlüsse, einen seitlichen Zugang auf einer Seite und die Möglichkeit, über einen dreiviertelumlaufenden Reisverschluss die Kapazität zu erweitern.

Leer ist der Hänger beim Fahren kaum zu spüren, es ergibt sich am Liegerad ein gefälliges Gesamtbild. Solange die Tasche allerdings nicht beladen ist, klappert der Boden auf der Mittelstrebe – das werten wir allerdings nicht als Nachteil, wer fährt den Hänger schon über längere Strecken leer durch die Gegend?

Um realistischere Testbedingungen zu haben, statteten wir zunächst dem örtlichen Supermarkt einen Besuch ab und besorgten 24 Liter Getränke sowie ein paar Kleinigkeiten, so daß sich mit dem Hänger zusammen ein Gewicht von gut über 30kg ergab. Dieses Gewicht ist beim Anfahren natürlich dann schon zu spüren, jetzt ist auch zu bemerken, wie der Hänger am Hinterrad bei Lenkbewegungen in die jeweilige Richtung nachschiebt. Nach einer kurzen Zeit gewöhnt man sich an das neue Fahrverhalten, der Einspurer folgt selbst bei engen Kurven sauber und spurtreu, so daß das Umfahren von Drängelgittern absolut problemlos vonstatten geht. Merklich bleiben die Seitenkräfte nach leichten Schlenkern allerdings schon und gerade bei höheren Geschwindigkeiten ist manchmal Konzentration gefragt.

Unser nächster Test ist die Steigung. Wir fahren in den Mauerpark, wo eine satte 12%-Rampe auf uns wartet. Wie würden die hohen Trittfrequenzen bei langsamer Fahrt und großer Last mit dem Hänger zu bewältigen sein? Klaus fährt die Rampe mit der Streetmachine souverän hoch. Mal abgesehen vom natürlich bei solch einer Steigung deutlich spürbaren Mehrgewicht gibt es keinerlei Probleme – das Gespann läßt sich ohne Schlenker die Rampe nach oben fahren. Auch die Abfahrt und der damit verbundene Bremstest zeigen keinerlei Probleme auf. Die zweite Abfahrt nehmen wir über einen netten Slalomkurs, auch hier sind die spitzen Kurven problemlos zu fahren, was die Spurlinie angeht kann man getrost ignorieren, daß hinten noch der Hänger dran ist. Schwierig wird es erst, wenn man irgendwo stehen bleibt und rückwärts rangieren muss.

Nach einer kleinen Stärkung im Platzhirsch bauen wir die Kupplung an die Speedmachine um. Auch hier wieder der Akt mit der Schutzblechbefestigung, die wir erst nach Einhängen des Hängers wieder anschrauben können. Die ersten paar Meter mit dem beladenen Hänger sind noch etwas schwankend, doch auch ich gewöhne mich schnell daran.

Mir bleibt auch die Rampe im Mauerpark nicht erspart, die Erfahrungen an der Speedmachine sind die gleichen wie an der Streetmachine: Kein Problem. Dann geht es zur Tankstelle. Am Waschplatz produzieren wir für einige Minuten Sprühnebel. Wir simulieren einen Starkregen und beständiges Spritzwasser bei regennasser Straße – natürlich nicht indem wir den Strahl direkt auf die Tasche halten, sondern durch einen Sprühnebel aus mehreren Metern Entfernung bzw. indem wir den Strahl im Bereich des Hinterrades auf den Boden lenken und so Spritzwasser bei nasser Straße simulieren. Sicher prasselt hier mehr Wasser auf die Tasche ein, als bei einer durchschnittlichen Regenfahrt, eher entspricht das einem stürmischen Starkregen, dafür ist der Zauber nach drei Minuten vorbei und hält nicht einen ganzen Fahrtag an.

Als abschließenden Spaß ziehe ich den beladenen Hänger noch über enge Serpentinen (und Unmengen von Glas) auf den Humboldthhain-Bunker. Auch das geht wieder völlig problemlos, mit einem entsprechenden beladenen Rad sähe das wohl nicht viel anders aus.

Bevor wir den Hänger zum Laden zurückbringen, müssen wir ihn noch entladen. Dabei machen wir dann die Entdeckung, daß es bei der Dichtigkeit der Tasche noch Verbesserungspotential gibt. Obwohl über dem Reißverschluß, mit dem die Kapazität erweitert werden kann, eine Schutzlippe hängt, ist hier Wasser eingedrungen – und zwar soviel, daß die Pappkisten um die Tetrapaks unseres Getränkekaufs so aufgeweicht sind, daß sie beim Rausheben zerfallen. Sicherlich wird in der Praxis dort meist weniger Wasser als in unserem Test unter die Lippe sprühen – allerdings dürfte entweder hier der Zeitfaktor eine Rolle spielen. Oder man nutzt den zusätzlichen Stauraum, dann bedeckt die Schutzlippe den offensichtlich nicht wasserdichten Stoff darunter nicht mehr. Wir würden uns wünschen, daß die Tasche entweder nicht wasserdicht, dafür aber deutlich leichter wäre oder eben eine wasserdichte Tasche, wie man sie von Ortlieb oder Vaude kennt.

Fazit

Selbst der beladene Hänger fährt sich recht angenehm am Liegerad. Mit kleinen Umbauten ist das An- und Abhängen eine schnelle Sache, in vielen Fällen eventuell schneller als das An- und Abhängen der entsprechenden Menge herkömmlicher Taschen. Allerdings fahren sich Streetmachine und Speedmachine mit Gepäck so angenehm und unkritisch, daß sich ein wirklicher Vorteil wohl nur einstellt, wenn die Gepäckmaße einen Hänger bedingen. Eine Verladung in die Bahn oder den Flieger ist mit Hänger komplexer, zumal sich ein Einspurer im abgekoppelten Zustand nur noch tragen läßt, aber nicht einfach mit dem Rad am Boden manövrieren. Wir haben das An- und Abhängen nur zu zweit bewerkstelligt, was allerdings zum Teil auch der Situation mit Schutzblechhaltern bzw. Speedbone geschuldet war. Schnelle Abfahrten, wie wir sie auch mit Reisetaschen am Rad mit 50 bis 60 km/h machen, würden wir beide mit dem Hänger so nicht wagen. Die Option ist aber durchaus interessant, wenn das Rad keinen Gepäckträger bietet. Am Sportrad dürfte dann auch die Möglichkeit des Dynamos am Hänger nochmal besondere Bedeutung kriegen. Die Frage ist, welche Gelegenheiten es sind, wo diese Kombination dann interessant wäre außer bei der Anfahrt zum Rennen.