Mulhouse – Offenburg

Eine letzte und im Gegensatz zu den vorherigen Tagen kurze Etappe stand an. Ich ließ mir Zeit beim Frühstück, sattelte das Rad und dann ging es nach wenigen hundert Metern auf den Radweg.

Beim Frühstück hatte ich geschaut, wohin es gehen sollte. Dabei stand die Frage im Raum: Wo sollte ich übernachten, wann und von wo gab es Optionen mit dem Zug nach Berlin zu fahren. Am liebsten wäre ich nur die kurze Strecke bis Freiburg gefahren, dort war aber an Unterkünften wenig brauchbares übrig, so entschied ich mich für Offenburg, das bahntechnisch hinreichend gut nach Freiburg oder Karlsruhe angebunden ist. Ein Radreservierung ab Karlsruhe hatte ich für den Samstag ergattern können.

Kurz hinter Mulhouse nach der Abbiegung vom EV6 geht es dann ein paar Kilometer schnurgerade durch den Wald, dann folgen einige Landstraßen und ein Bahnradweg – ich halte mich hier nicht komplett an die ausgeschilderten Radrouten. Neuf-Brisach, die tolle Festungsstadt, ließ ich diesmal links liegen und fuhr an den Kanal in Richtung Straßburg. Ich wusste, dass dort in Höhe Marckolsheim direkt am Radweg an alten Schleusen zwei Möglichkeiten für ein Mittagessen bestanden, eine davon nutzte ich auch.

Nach dem Buchen eines Hotels baute ich am Handy noch einen guten Track nach Offenburg und lud ihn ins Navi, dann fuhr ich die letzten 60 Kilometer der Tour, größtenteils am Kanal.

Da ich früh genug im Hotel war, verabredete ich mich noch abends zum Essen in Freiburg, wo ich mit dem Zug hinfuhr.

Dole – Mulhouse

Die heutige Etappe würde wieder länger werden, denn der Weg bis Besancon wäre zu kurz für die Restplanung und danach kommt bis Montbeliard nicht mehr viel, wenn man Restaurant und Unterkunft sucht. So standen rund 155 Kilometer an. Also packte ich bereits wieder vor dem Frühstück und war dann um 9 Uhr abfahrbereit. Das Wetter war grau und regnerisch.

Der Weg führt ab Dole mäßig aufwärts – immer am Kanal entlang, ab und zu kommt eine Schleuse, wo es mal zwei Meter auf einer kleinen Rampe hoch geht. Es gibt ein paar kleine Ausnahmen, wo der Weg vom Kanal abweicht und man über einen kleinen Hügel muss, keine wirklich großen Dinge.

Schon auf dem Weg fielen mir die – immerhin immer gut angekündigten – Erhaltungsmaßnahmen an der Strecke auf. Mal war ein Uferabschnitt gesperrt, weil er komplett neu asphaltiert wurde, mal waren nur Ausbesserungsarbeiten im Gange. Immer aber gab es eine gut ausgeschilderte Umleitung. Meist ging es um einen Kilometer.

Irgendwo aber kam „Route Barree“, die Absperrungen waren aber beiseite gestellt. Ich fuhr vorsichtig den Weg entlang, und wirklich waren zwar ein paar ausgebesserte Stellen mit Hütchen, aber keine Bauarbeiten zu sehen. Ich fragte eine entgegenkommende Läuferin, ob man durchkäme und sie meinte, das ginge.

Tja, zu Fuß hatten die Bauarbeiter sie wohl durchgelassen, für mich mit dem Rad war dann aber doch Ende und ich musste mir eine eigene Umleitung suchen. Die Wahl stand zwischen einer Nationalstraße mit starkem LKW Verkehr oder direkt über einen Berg. Ich entschied mich für Zweiteres.

Bald kam dann Besancon, ein sicherer Ort für ein Mittagessen. Ich war recht früh dort, aber ein Restaurant am Weg öffnete gerade und ich konnte ausgiebig Mittagessen, denn das Frühstück war nur ein typisch französisches gewesen. Wegen des Abstechers in die Altstadt fuhr ich diesmal nicht durch den Kanaltunnel, den ich aber von vorherigen Reisen schon kannte. Östlich von Besancon folgt die Route dem Doubs bzw. dem Kanal im Wechsel durch ein wunderschönes Tal – meiner Meinung nach einer der schönsten Abschnitte auf der Strecke.

Während der Pause hatte ich nach Übernachtungsmöglichkeiten in Montbeliard geschaut – was allerdings auf den ersten Blick enttäuschend aussah, 20 Kilometer weiter in Belfort schienen aber noch ein paar Notfalloptionen offen zu sein. Ich wollte es also wieder drauf ankommen lassen und vor Ort etwas finden.

Zunächst stand ich aber vor einer weiteren Umleitung. Diesmal ging ich nicht das Risiko ein, es trotzdem zu versuchen, sondern folgte den Deviation Schildern. Die Umleitung erwies sich als relativ langer und hügeliger Umweg, aber ein Blick auf die Karte ergab, dass es keine anderen sinnvollen Alternativen gab. Immerhin war der Weg aber nahezu frei von sonstigem Verkehr. Auch verzogen sich die mich den Tag über begleitenden leichten Schauer.

Nach gut 165 Kilometern kam ich gegen 18 Uhr in Montbeliard an. Die Stadt liegt auf einer Anhöhe, aber im Hafen gibt es in der Capitainerie eine Außenstelle der Tourist Information. Dort saß eine freundliche Dame, die – ich kam dem Elsass ja immer näher – sogar recht gut deutsch sprach. Sie gab sich aller erdenkliche Mühe, aber wegen einer Messe war weder in Montbeliard, noch in Belfort etwas zu machen. Ich überlegte Alternativen. Der nächste größere Ort war Mulhouse – dort gab es Unterkünfte, die auch für Radreisende geeignet waren. Entfernung: noch 50 Kilometer. Die Frage hieß Bahn oder Königsetappe. Natürlich entschied ich mich für letzteres.

Da die Checkinzeiten begrenzt waren, hieß es in die Pedale treten. Zum Glück geht es ab Höhe Belfort dann tendentiell eher abwärts und der Weg ist störungsfrei ausgebaut, so dass ich mit ordentlicher Geschwindigkeit fahren konnte. Ich rief zwischendurch Micha an, der die Strecke und die Radtouren gut kennt, und bat ihn am Live Tracking ein wenig Schutzengel zu spielen. Er lieferte mir dann gelegentliche Motivation und Updates, ohne dass ich dafür das Handy zücken musste.

Kurz nach Sonnenuntergang nach nicht einmal zwei Stunden kam ich in Mulhouse an. Die vielen Einbahnstraßen und Baustellen gestalteten die letzten zwei Kilometer noch einmal etwas abenteuerlich, aber ich erreichte mehr als pünktlich das Hotel, konnte sogar noch duschen und danach in der Stadt etwas essen.

Macon – Dole

Den Tag ging ich langsam an. Tags zuvor war ich über 150 Kilometer gefahren und am Ende noch ziemlich gesprintet, das saß mir in den Beinen. Aus Macon fuhr ich auf ein paar kleinen Straßen, dann ging es auf den Bahnradweg in Richtung Chalon-sur-Saône.

Auf den ersten Kilometern ist der Weg teilweise durch die TGV-Strecke oder andere Dinge überbaut und einige der alten Bahnbrücken fehlen, so dass er etwas mehr Steigungen bereithält, als für einen Bahnradweg üblich. Dafür geht es durch den alten Eisenbahntunnel, der sehr gut hergerichtet ist. Dezente Beleuchtung geht für hindurchfahrende Radfahrer vor ihnen an. Es ist kühl, angenehm bei den ansonsten sehr warmen Temperaturen.

Bis Cluny geht es dann neben der TGV Strecke entlang und dann durchgehend auf der alten Bahnstrecke mit nur mäßigen Steigungen und bald auch Gefälle, wenn es in Richtung Chalon-sur-Saône geht. An der Strecke gibt es sogar einige Möglichkeiten zu rasten, unter anderem eine nette Pizzeria. Dort trifft man natürlich auch immer viele andere Radler.

Die Fahrt durch Chalon ist zwar teils als Radweg, teils auf kleinen Straßen ausgeführt, aber doch nicht ganz störungsfrei. Dafür geht es anschließend auf dem EuroVelo 6 (EV6) an der Saône entlang und bald zum Canal du Rhône au Rhine. Da kaum größere Orte auf dem Weg liegen, wählte ich als Ziel Dole, womit es dann eine Etappe von knapp mehr als 170 Kilometern werden sollte. Die Online Buchungssituation erwies sich als schwierig (Stichwort: Radunterbringung), so dass ich beschloss ins Risiko zu gehen und vor Ort ein Hotel zu nehmen.

Auf den letzten paar Kilometern bis Dole hatte ich dann wieder eine Begegnung mit meinem Lieblingsfranzosen: Er ist ca 70 bis 80 Jahre alt, sitzt auf einem Rennrad und egal, ob Wind, Regen, Steigung oder Hitze: er überholt mit einem freundlichen „Bonjour!“. Es ist für ihn kein Problem, wenn man sich dann hinten dran hängt oder ein kleines Freundschaftsrennen fährt (das keiner gewinnen will). Am Ende versichert man sich des gegenseitigen Respekts für die jeweilige Leistung und wünscht „Bonne route“ oder „Bonne courage“.

In Dole versuchte ich mein Glück zuerst in einem Hotel, das ich von vorherigen Reisen kannte, doch es war voll. Die Dame an der Rezeption rief aber in einem anderen Hotel an, von dem sie wusste, dass das Fahrrad sicher stehen würde und dort war ein Zimmer frei. Dort quartierte ich mich ein und genoss nach der langen Etappe noch ein Abendessen in der schönen Altstadt.

Montélimar – Vienne (- Macon)

Schon vor dem Frühstück bereitete ich alles für Abfahrt vor und ging in Radlerkluft zum Frühstück. Ich wusste, dass mit eine längere Strecke bevorstehen würde und wollte nicht allzu spät ankommen, zumal ich auch beschlossen hatte, den Großraum Lyon und die Fahrt von Lyon bis Macon zu meiden.

Die Via Rhona ist nördlich von Montélimar deutsch besser ausgebaut, als südlich davon. Die Wege sind zum größten Teil toll geführt und in einwandfreiem Zustand, so dass das Fahren Spaß macht und man gut voran kommt. Zur Einstimmung gab es eine tolle Hängebrücke gleich nach der Ausfahrt aus Montélimar.

Im weiteren Verlauf ging es am Wasser entlang, eine herrliche Fahrt. Der Wind im Rhônetal war mir diesmal hold und kam aus dem Süden – im letzten Jahr hatte ich mich gegen einen starken Nordwind gequält. Die Kilometer flogen und ich hatte großes Glück, denn genau zur rechten Zeit fuhr ich durch einen kleinen Ort mit einem schönen Restaurant, in dem ich Mittag essen konnte.

Beim Essen entschied ich mich, wie ich weiter fahren wollte: Mit dem Zug ab Vienne bis Macon, denn dort gab es im Gegensatz zu Dijon bessere Übernachtungsmöglichkeiten. Buchen wollte ich allerdings erst, wenn ich sicher im Zug saß.

Die nächsten Kilometer vergingen dann auch, auch wenn der Wind wieder etwas nachließ. Schließlich konnte ich abschätzen, wann ich in Vienne sein würde und suchte mir einen Zug raus. Da ich auch noch eine Fahrkarte erstehen musste, hatte ich nur begrenzte Zeit und trat für die letzten 35 Kilometer kräftig in die Pedale.

So hatte ich eine halbe Stunde Zeit, um das Ticket zu kaufen und das Rad an den richtigen Bahnsteig zu bekommen. Leider gab es keine Einkaufsmöglichkeit für Getränke und meine Trinkblase war leer. Der Zug war jedoch gut gekühlt, so dass ich den Weg bis Macon gut aushielt.

In Macon fand ich ein Hotel nahe des Bahnhofes und in Laufweite zur Innenstadt, so dass ich gemütlich duschen und dann zum Abendessen gehen konnte.

Beaucaire – Montélimar

Nach einem Frühstück bei meinen Gastgebern rollte ich vom Hügel fast ohne treten bis an die Rhône hinunter. Die ersten 45km der Strecke legte ich auf Straßen zurück, die jedoch größtenteils ruhig waren, so dass das Fahren nicht allzu stressig war. Es gibt hier Teilstücke der Via Rhona Radroute, die nicht asphaltiert sind. Zwar sind die Oberflächen in der Regel recht gut, aber mit meinen 28mm Reifen fahre ich dann doch lieber Straße.

An Avignon fuhr ich nahezu ohne Kontakt mit der Stadt vorbei. Außer Avignon (wo es auch noch zu früh gewesen wäre) lagen aber nicht viele größere Orte am Weg. Ich versuchte – zu korrekten französischen Zeiten – mein Glück mit einem Abstecher nach Mondragon, doch außer einer Bar, in der ich zumindest etwas trinken konnte, war dort nichts. Vor allem kein Essen.

Die nächste Attraktion war das Kernkraftwerk Tricastin mit dem umliegenden Anlagen. Die hohen Kühltürme dampften nicht, ob nun wegen der Hitze oder wegen Drosselung, weil das Wasser der umliegenden Gewässer bereits wieder zu sehr erhitzt war, ließ sich nicht klären.

Pierrelatte, wo ich im letzten Jahr abgestiegen war, umfuhr ich diesmal – allerdings auf nicht oder schlecht asphaltierten Wegen, deren Zustand in den Karten nicht korrekt markiert war. Dafür kam ich am Modellflugplatz vorbei, wo gerade Modelle mit Turbinen geflogen wurden. Wenigstens gab es also etwas Show als Entschädigung.

Ich entschied mich, nach Montélimar abzubiegen. Der Ort ist hinreichend groß und nett und nach 120km waren die Energiereserven eines französischen Frühstücks auch aufgebraucht. In Montélimar gab es im kleinen Pavillon im Park gegenüber des Bahnhofs sogar um 20 vor 4 Pizza, so dass ich einen Snack hatte, während ich ein Hotel suchte.

Nach dem Checkin begab ich mich auf’s Zimmer, duschte und wusch meine durgeschwitzten Klamotten aus. Zuvor hatte ich die Klimaanlage eingeschaltet. Als ich aus dem Bad kam hörte ich verdächtige Geräusche – die Klimaanlage tropfte in Mengen, die den Fußboden des Zimmers fluteten und den darunter stehenden Mülleimer bereits zur Hälfte gefüllt hatten. So musste ich in ein anderes Zimmer umziehen.

Am Abend gönnte ich mir noch einen Spaziergang durch die Stadt und ein Abendessen, dann ging es ab ins Bett..