Grau d’Agde – Beaucaire

Nach einem Frühstück auf der Terrasse machte ich mich bereit für die Abfahrt. Umziehen, die letzten Dinge einpacken und dann Auschecken und die Tasche am Rad befestigen. Tacho und Navi noch anklicken – und dann musste ich erst einmal die neu erstellten Tracks ins Navi laden. Zum Glück funktionierte die Toolchain wie geplant.

Links und rechts Wasser

Aus Agde heraus ging es zunächst durch die Stadt, zwar mit Stop & Go durch die vielen Kreuzungen, aber letztlich doch erträglich. Vor allem, wenn man weiß, dass einen auf den nächsten Kilometern bis Sète ein toller Radweg direkt hinter den Dünen am Strand und abseits der Straße erwartet.

Die Fahrt durch Sète ist auch machbar, da auf den kritischen Teilen gute Radwege zur Verfügung stehen oder der Autoverkehr gebremst ist. Anschließend geht die Strecke an den hinter der Küstenlinie liegenden Seen entlang. Immer eine Freude, denn hier kann man Flamingos beobachten.

Bevor ich vom Mittelmeer abbiege steht mir La Grande Motte im Weg – ein Ferienort aus der Retorte, erschaffen in den 60er und 70er Jahren. Mag die Architektur und Anlage mit viel Wohlwollen vielleicht noch als interessant zu bezeichnen sein, so ist die Durchquerung mit dem Fahrrad eine reine Hölle, bei der man glücklich ist, wenn es vorbei ist.

Flamingos

Direkt danach geht es nach Grau du Roi. Der Ort ist zumindest im Bereich des Kanals und Hafens etwas hübscher, das Hindurchfahren auch nicht ganz so schlimm. Wenn nicht gerade die jährliche Festivität ansteht, bei der die halbe Stadt eine riesige Partyzone wird. Ich konnte mich nur mit Mühen dagegen wehren, von Jugendlichen mit Alcopops beglückt zu werden.

Danach geht es an den Canal du Rhône a Sète, das ist wieder ein sehr entspanntes Fahren. Da die offizielle Radroutenführung hier aber (für Frankreich untypisch) einen Umweg macht und die Straßen in aller Regel verkehrsarm sind, hatte ich eine Abkürzung eingeplant. Dummerweise führte mich das über mehr als 10 Kilometer auf einer Straße, wo wegen Bauarbeiten der Belag abgefräst war. Anstrengend und langsam.

Als ich mich endlich wieder zum Kanal durchgeschlagen hatte, suchte ich mir eine Übernachtungsmöglichkeit in Beaucaire. Ein nettes Privathaus, abends konnte ich mit dem Gastgeber essen und es gab einen Pool. Die Sprachbarrieren überwanden wir mit Hilfe der Übersetzungsapps auf dem Handy.

Béziers – Grau d’Agde

Wenn auch nur für 30 Kilometer, so sollte es doch heute wieder aufs Rad gehen. Kein Grund, allzu früh aufzustehen bei der kurzen Strecke. Vom Hotel fuhr ich per Aufzug in die Stadt hinunter, ziemlich direkt zum Anfang meines Tracks.

Zunächst führte der Track am Canal du Midi entlang, der hier einen asphaltierten Radweg hat. Dieser Abschnitt ist auch im September noch von Radfahrern aus vielen Ländern, aber auch Ausflüglern und Sportlern frequentiert. Irgendwann musste ich aber abbiegen und einen kleinen Bogen fahren, erst über Vias nach Süden, dann wieder etwas nördlich, um in Agde über den L’Herault zu kommen. Von dort ging es südlich bis vorn zur Mündung an Grau d’Agde, wo mein heutiges Hotel lag.

Da ich viel zu früh da war, stellte ich zunächst mein Rad und das Gepäck unter und vertrieb mir die Zeit mit einem kühlen Getränk. Nach dem Einchecken ging ich zum Strand – ein Bad im Mittelmeer musste jetzt sein und der größere Andrang am Strand war auch eher nachmittags zu erwarten.

Nach einem leckeren Eis widmete ich mich am Handy im Schatten unter Bäumen mit Blick aufs Meer der weiteren Routenplanung. Ich passte meine vorhandenen Tracks leicht an und überschlug, wie weit und wohin ich fahren wollte. Dann machte ich mich im Hotel etwas frisch und gönnte mir zum Abschluss des Tages noch ein Abendessen.

Béziers (Ruhetag)

Da ich noch nicht weiter geplant hatte und mir erst einmal klar werden musste, wie ich weiter fahren wollte, ging ich den Morgen gemächlich an. Nach dem Frühstück fragte ich, ob ich das Zimmer einen weiteren Tag behalten könne, was problemlos ging. Damit hatte ich Zeit, mich zu sortieren.

Schleusentreppe Fonseranes

Den Vormittag verbrachte ich mit einem kleinen Spaziergang. Zuerst ging ich zur Schleusentreppe von Fonseranes mit ihren neun Schleusen im Canal du Midi. Ich kannte diese bereits aus dem Jahr 2019, wo ich dort allerdings mit dem Boot durchgefahren war. Ich schaute mir das Treiben an und gönnte mir ein Getränk. Dann lief ich am Kanal entlang zum Stadthafen und von dort zum nahegelegenen Einkaufszentrum.

Eigentlich brauchte ich einen dünnen Schlauchschal und im Einkaufszentrum gab es ein Geschäft für Sportbekleidung. Sowas hatten sie allerdings nicht und ich wurde auf den örtlichen Decathlon verwiesen, welcher allerdings einige Kilometer entfernt war. So kehrte ich zum Hotel zurück, zog mich um und nahm mein Rad.

Im Decathlon vor den Toren der Stadt wurde ich fündig. Mein mitgenommener Schlauchschal war in ständiger Benutzung, um Mund und Nase zu bedecken und ich wollte einen weiteren als Kopfbedeckung haben.

Pont Vieux und die Kathedrale von Béziers

Als ich wieder im Hotel war, machte ich mich daran, die Planung für die kommenden Tage anzugehen. Nach dem Wälzen von Fährfahrplänen war klar: Ich könnte es via Barcelona bis Mallorca und auch weiter nach Toulon und zurück nach Hause schaffen – allerdings wäre ich auf sehr viele funktionierende Verbindungen angewiesen und das ganze würde ziemlich knapp und stressig. So verwarf ich diesen Plan.

Stattdessen wollte ich auf halbwegs bekannten, derweil im letzten Jahre geplanten und genutzten, Wegen in Richtung Rhônetal fahren und noch mindestens einen Tag am Meer verbringen. Mehr würden es nicht werden, da am Wochenende die Hotels recht voll und teuer waren. Aber eine Nacht im nur 30 Kilometer entfernten Grau d’Agde war drin und so konnte ich wegen der kurzen Fahrzeit noch fast den ganzen Tag am Meer verbringen.

Nach einem Abendessen im Hotel ging es dann ins Bett.

Vice-le-Comte – Issoire (- Béziers)

Nach dem Aufwachen fühlte ich mich ganz gut. Ich frühstückte, heute aus meinen gekauften Vorräten, packte meine Dinge zusammen und setzte mich aufs Rad. Die Beine fühlten sich gut an und ich konnte sogar halbwegs Leistung treten.

Hinter Vic-le-Comte ging es erst einmal ein Stück bergauf. Und hier meldete sich dann doch schnell der Bauch wieder. Nicht schlimm, aber ich wollte es nicht auf die Probe stellen und ging zu Plan B über. Dieser führte mich nach Issoire, von wo aus es eine Bahnverbindung Richtung Béziers am Mittelmeer gab. Das führte zwar den Namen der Tour – Zentralmassiv 23 – etwas ad absurdum, weil ich an selbigem mit dem Rad nur gekratzt hatte, allerdings wollte ich mich hier nicht stressen.

Das Ticket war am Schalter schnell besorgt, dann hatte ich noch etwas Zeit in Issoirs. Ich fuhr einige Runden durch den Ort, dann trank und aß ich noch etwas und buchte ein Hotel, bevor mein Zug gegen halb zwei losfuhr.

Nach dem Umstieg in Neussargues unterhielt ich mich noch mit einem netten anderen Fahrgast, der perfekt deutsch konnte. Zusammen mit den Ausblicken auf die spektakuläre Landschaft ging die Fahrt dann doch recht schnell vorbei. In Béziers angekommen fuhr ich hinauf zu meinem Hotel. Ein altes Gefängnis, die Zimmer sind alte Zellen, allerdings mit eigenem Bad etc. mittlerweile größer und komfortabler hergerichtet, als zur Zeit ihrer originären Benutzung.

Als Abendbrot gönnte ich mir Gallette, dann ließ ich den Blick über Stadt & Land streifen und verzog mich in meine Zelle. Eine Idee, wo ich am nächsten Tag hin wollte, hatte ich noch nicht. Aber definitiv wollte ich in Richtung Meer.

Vic-le-Comte (Ruhetag)

Nach dem Aufwachen schrieb ich meiner Gastgeberin eine Nachricht: „Ich brauche nur ein kleines Frühstück, weil ich Magenprobleme habe. Kann ich noch einen Tag länger bleiben?“ – sie brachte mir ein nettes Frühstück, viele Teebeutel und sagte mir, dass ich gerne einen weiteren Tag bleiben konnte. Damit war der Ruhetag eingeplant.

Das Frühstück vertrug ich gut, aber gesund fühlte ich mich noch nicht. Nach einem ruhigen Morgen wagte ich den Gang in den Ort, besorgte mir – nur zur Sicherheit – einen Coronatest (der erwartungsgemäß negativ ausfiel) und stellte fest, dass der kleine Supermarkt im Ort zu hatte.

Ich machte also einen Spaziergang zum eineinhalb Kilometer entfernten großen Supermarkt und besorgte mir verdauungsfreundliche Speisen und Getränke. Den Rest des Tages verbrachte ich in meinem kühlen Taubenschlag. Erst Abends kamen die Lebensgeister wieder und ich hatte sogar Appetit auf eine volle Mahlzeit. Außer einem Pizzaautomaten und einem Pizzabäcker bot der Ort nur ein Restaurant, das an drei Tagen der Woche offen hatte – aber nicht an diesem.

Die Entscheidung fiel also zwangsweise auf Pizza (nur zum Mitnehmen, nicht vor Ort), aber ich war mittlerweile zuversichtlich und es ging mir unerwarteterweise auch danach noch gut. So traf ich die Entscheidung am nächsten Tag die Weiterfahrt zu wagen. Wenn auch mit einem Plan B.