Was soll man über einen Ruhetag schon viel schreiben? Es gibt einige Dinge, die man an Fahrtagen nicht so gerne macht. Waschen, das Fahrrad pflegen, Vorräte besorgen oder einfach nur ein kleiner Stadtbummel. Rumsitzen, die Gegend und die Menschen beobachten. Einfach mal körperlich entspannen. Und so habe ich mir den kleinen Ort angesehen, war in der Apotheke, habe die Schaltung (mit Hilfe aus dem örtlichen Fahrradladen) nochmal nachjustiert und Dinge für den kommenden Fahrtag vorbereitet.
Nach einem gemütlichen Bad zum Entspannen der Beine ging es abends noch zum anderen schönen Restaurant im Dorf und dann zeitig ins Bett. Nichts macht fitter als guter Schlaf.
Die Wirtin hatte ein nettes Frühstück bereitet und der das verletzte kleine Hündchen schlief im Nebenraum. Ich bekam noch etwas Sirup für die Trinkblase spendiert, dann ging es los, um der Nationalstraße zu entgehen über einen engen Trampelpfad zurück zum Rad an der Yonne.
Nach nur wenigen Kilometern war klar, was ich morgen nach dem Aufstehen schon geahnt hatte, das Problem, das mich seit einigen Tagen bremste und verfolgte war eine (leichte) Blasenentzündung. Ohne Fieber und Schmerzen zwar, aber doch mindestens störend, wenn man alle paar Kilometer plötzlich dringend einen Baum braucht.
Damit war nicht nur klar, dass der morgige Ruhetag unausweichlich war, es war auch klar: Der Tag würde keine 100 Kilometer oder mehr lang werden. Aus der Not machte ich einen Plan und nahm mir vor, so weit zu fahren, dass am Sonntag eine angenehme, nicht zu lange Etappe nach Nevers anstehen würde.
Die Fahrt an sich war problemlos. Der Weg zwar nicht immer perfekt ausgebaut, aber doch überall gut mit 28mm Reifen fahrbar. Am Fluss bzw. Kanal gab es außer ein paar kurzen Rampen an Schleusen oder Brücken, die keine Durchfahrt hatten, keine Steigungen. Die häufigen Zwangspausen bremsten die Fahrt dann aber doch.
Gegen Mittag gönnte ich mir einen Snack und ein Getränk in Clamecy und schaute, welche Möglichkeiten sich so boten. Die Auswahl an Orten, die eine gewisse Größe und damit Infrastruktur wie Supermarkt und Unterkunft bieten, ist an der Yonne bzw. Canal du Nivernais eher klein. Und so kam ich irgendwann auf Cobigny, etwa zwei Kilometer abseits des Radweges. Ohne Vorbuchung bog ich ab und steuerte ein als tauglich empfundenes Hotel im Ort an. Es gab Platz für mich und mein Fahrrad, der Preis war auch in Ordnung. Damit war mein Ruhetag geplant.
Als erstes duschte ich, wusch meine Fahrradkleidung nach 6 Tagen Fahrt aus, dann besorgte kleine Vorräte im örtlichen Aldi(!) und besuchte dann eines der beiden geöffneten französischen Restaurants, wo es ein gutes Essen zu einem fairen Preis gab.
Die erste Herausforderung am heutigen Tag nach dem Frühstück und Checkout bestand darin, den Weg zurück zum Track zu nehmen. Es gab die kurze Strecke mit viel Verkehr oder die etwas längere auf kleineren Straßen, ich entschied mich für zweitere Möglichkeit.
Bei Gélannes kam ich auf den ursprünglichen Track, nur um dann eine Kreuzung weiter wegen Bauarbeiten wieder zu der Straße zurückgelotst zu werden, auf der ich aus Romilly-sur-Seine herausgefahren war – diesen Umweg hätte ich mir wahrlich sparen können.
Irgendwann schaffte ich es aber dennoch wieder auf den geplanten Track, in Bourdenay. Einige der Orte oder mehr Streckenkilometer kamen mir noch bekannt vor von vor zwei Jahren, auch wenn mir große Teile der Strecke eher nicht mehr präsent waren, was wohl vor allem daran lag, dass es landschaftlich hier eher weniger aufsehenerregend zuging.
Die Höhenmeter, die ich in kleinen Etappen einsammelte, holten die wenige eingesammelte Kraft wieder aus den Beinen, aber auch der starke Gegenwind tat seinen Teil, um das Fahren eher anstrengend zu machen. Von den gemessenen Leistungswerten lief es gar nicht so schlecht, aber gefühlt kam ich nicht von der Stelle. Vor allem aber ermüdete ich schneller.
Die andere Herausforderung der Strecke ist, dass die meisten der Orte keine Infrastruktur haben. Dies führte abermals dazu, dass ich in Brienon-sur-Amancon zufällig in derselben Boulangerie wie vor zwei Jahren landete. Vor dort war es nicht mehr weit bis zur Yonne und und nach Auxerre, das ich mir als Minimalziel gesetzt hatte (vorher hätte es eh kaum Chancen gegeben).
In Auxerre kehrte ich auf ein Getränk ein und suchte mir einen Übernachtungsplatz. Diesmal bewusst nicht so weit, wie bei der letzten Fahrt, sondern nur wenige Kilometer weiter. Die Fahrt auf dem Radweg an der Yonne bzw. dem Kanal du Nivernais war so angenehm, dass ich mich fast etwas ärgerte, nicht weiter gefahren zu sein, aber ich hatte ein sehr schönes Zimmerchen (eher eine ganze Ferienwohnung) ergattert, das dies wieder wettmachte. Jedenfalls nach dem Schreck der Ankunft, als ich der Besitzerin ersteinmal mitteilen musste, dass ihr Hund angefahren auf der Straße liegt. Zum Glück war das Tier zwar verletzt, aber wohl nicht lebensbedrohlich, Nachbarn brachten es zum Tierarzt.
Da es im Ort kein Restaurant gab, lief ich drei Kilometer in den nächsten Ort, wo ich ein hervorragendes Abendessen bekam, endlich schöne französische Küche zu fairen Preisen. Den Rückweg musste ich im Regen hinter mich bringen, aber da es noch relativ warm war und nur leichter Regen, ging es.
Ich startete den Tag mit einem überraschenden Frühstück, ich hatte am Vorabend keines bestellt und war bei dem Hotel nicht sicher, ob es eines gibt. Dann ging es auf die Straße. Südlich vom Reims kurz auf sehr unangenehmer autobbahnähnlicher Straße (immerhin: Seitenstreifen), dann bog ich ab auf ruhige Straßen – entgegen der Planung, denn so heftig hatte ich es nicht in Erinnerung von vor zwei Jahren.
Die Hügel begannen bald und wie erwartet haute das ganz schön rein. Ich quälte mich teils die Anstiege hoch, aber zum Glück waren die ja immer nur recht kurz. Ein Ruhetag demnächst ist definitiv Pflicht, sonst wird es später noch sehr unangenehm.
Sonst war die Fahrt durch die Champagne eher wenig aufregend. Ich kannte Teile des Weges bereits, die Landschaft ist schön, aber nicht spektakulär. Schön ist natürlich der viele Wein und die Äpfel, immer wieder duftet es danach. In den Orten gibt es die hübschen Champagner-Domänen – sonst aber meist nicht viel.
Und so machte ich einmal in Epernay Halt, wenige Meter von einem Fahrradladen entfernt, den ich bei der letzten Durchquerung für einen neuen Schlauch aufgesucht hatte und in Sezanne – dort im selben Café, denn viele Alternativen gab es auch dort nicht.
Leider sah ich dort keine Boulangerie (obwohl eine dort hätte sein wollen), so blieb ich aufgrund der Uhrzeit ohne Essen. Der Ansatz „sind ja nur noch 25 Kilometer“ ist bei der hügeligen Landschaft dann auch extrem trügerisch. Und so kam ich dann ziemlich leer gefahren in Romilly-sur-Seine an.
Ich steuerte direkt das Hotel an, wo ich beim letzten mal untergekommen war, am Rande des Ortes nahe zum Track auf einem Supermarktparkplatz. Ein Kastenhotel, aber der große Supermarkt und die praktische Lage holen es wieder raus, eine sehenswerte Innenstadt hat Romilly-sur-Seine ohnehin nicht zu bieten. Nur für ein ordentliches Essen lief ich in den Ort, weil mir das Schnellrestaurant nebenan dann doch nicht die richtige Wahl schien.
Für kleines Geld gab es im Hotel ein erstaunlich gutes Frühstück (also für französische Verhältnisse) und so konnte ich gut gesättigt und mit ausreichend Flüssigkeit an den Start gehen.
Der Morgen war noch etwas grau und als erstes stand die Entscheidung an, ob ich den „kurzen“ oder den „langen“ Weg nehmen wollte. Am Ende entschied ich mich auf Grund einer müden Beine für den B-Track, die kurze Variante. Und vermutlich war das auch vom Track her gut, denn von 130 Kilometern waren nur knapp mehr als 30 am Ende auf der Straße.
Insgesamt war der Unterschied auf der kompletten Variante ca. 100 Kilometer. Da ich einen Ruhetag einlegen möchte und dies gerne in schöner Landschaft war die Entscheidung also, den Ruhetag einen Tag früher oder später zu haben.
In Charleville fand eine Militärübung statt. Soldaten, Tarnfarbe im Gesicht, die Waffen im Anschlag, martialische bewaffnete und gepanzerte Fahrzeuge. Geduckt hinter Mauern, auf dem Boden robbend, das Maschinengewehr voran. Gespenstisch.
Auf dem V34 ging es also durch die Ardennen, am Kanal entlang. Ein gut ausgebauter Radweg, ringsum eine schöne Landschaft und kaum Höhenmeter. Irgendwann holte mich dann aber der Regen ein. Zunächst wollte ich den kurzen Schauer unter eine Brücke abwarten, die war aber so löchrig, dass es naß wurde. Außerdem zog der Schauer nur langsam vorbei, so daß ich 3km weiter zu einem Kanaltunnel radelte, Dort wartete ich dann noch eine Minuten, pumpte meine Reifen wieder auf den Nenndrucken und konnte dann bei schönem Wetter und zunehmender Sonne weitterfahren.
Die Schleusentreppe von Montgon war das nächste Highlight, 26 Schleusen und für mich eine schöne Abfahrt, bevor es zum nächsten Kanal ging, der mich nach Rethel und damit zu meiner Mittagspause führte. Kurz hinter Rethel musst ich dann vom Kanal abbiegen und fuhr auf zumeist ruhigen Landstraßen in Richtung Reims.
Vor Ort suchte ich ein Hotel, ich war früher da, als ich nach dem langsamen Tagesstart erwartet hatte. Ich konnte also in Ruhe durch die Stadt schlendern, mich versorgen, später etwas essen, bevor es dann ins Bett ging. Der folgende Tag begleitete mich in den Schlaf, sowohl die Strecke als auch die kaum vorhersehbare Situation mit Streiks und Protesten gingen mir noch eine Weile im Kopf herum.