Punktesammler im Grunewald

Nach dem großen Spaß von letzter Woche sollte es auch diesmal wieder nachts durch den Grunewald gehen. Die Runde war etwas größer gewählt, der Abwechslung und des Punktesammelns für den Winterpokal wegen.

Der Start war wie gehabt am Bundesplatz um 19:30 Uhr. Mit Wieland und Niels ging es dann in flotter Fahrt in Richtung S-Bahnhof Grunewald und ab dort über Waldwege zur Teufelsseechaussee. Drei Ixon IQ und mein Cyo T taten ihren Dienst und erhellten den Wald vor uns mehr als ausreichend für fast beliebig schnelle Fahrten, lediglich der Untergrund mit matschigen Blättern gebot die Geschwindigkeit nicht bis zum körperlichen Maximum auszureizen. Es hatte in den letzten Tagen öfters geregnet und ich hatte einige Befürchtungen bezüglich der Beschaffenheit der Wege, die jedoch nicht eintraten: Nasses Laub und kleinere Pfützen, aber kaum größere Schlammlöcher.

Auf der Teufelsseechaussee plötzlich ein lauter Ruf: „Wildschwein!“ – direkt vor uns rannte das Tier über die Straße. Niels und ich bremsten, Wieland konnte das Wildschwein nicht sehen, vermutlich war es durch Niels verdeckt und bremste erst spät. Near Collision – die größte horizontale Annäherung betrug etwa 2 Meter! Ich erinnerte mich, daß ich genau für diesen Fall ja meine Stirnlampe mitgenommen hatte und schaltete sie ein, um die Seiten des Weges besser ausleuchten zu können. Die nächsten Wildschweine kamen uns nicht mehr so nah – und wir sahen sie schon sehr viel früher.

Als nächstes ging es auf den Drachenberg, also den Teil des Teufelsberges, wo an sonnigen Sonntagen Unmengen von Familien ihre Drachen steigen lassen. Dort erwartete uns Kai bereits, ansonsten waren wir um diese Uhrzeit hier alleine. Georg hatte sich leider kurzfristig entschieden, doch eher einer virtuellen Runde zu frönen als sich in die kalte und teils neblige Nacht zu wagen. Nach einer kurzen Pause um den Blick über die erleuchtete Stadt zu genießen fuhren wir auf dem Rundweg wieder runter und auf der Straße bis zum Teufelssee, sort bogen wir in den Wald ein. Leider fuhren wir etwas weit in Richtung Nordwesten, so daß wir auf den Postfenn stießen und dann doch erstmal diesem und der Havelchaussee folgten, bevor wir dem Schwarzen Weg wieder auf die Waldwege abbogen, um uns in Richtung Schlachtensee durchzuschlagen.

Die Fahrt war angenehm, nur zwischendurch hatten wir kurz eine Passage mit löchrigem Kopfsteinplaster – wer baut sowas mitten in einen Wald? Kurz vor Erreichen des Hüttenwegs (und des Kronprinzessinnenwegs) bogen wir nach Südwesten ab und folgten einem strikt geradeaus laufenden Weg, bis wir wieder auf die Havelchaussee stießen. Nach ein paar hundert Metern auf der Straße unterquerten wir S-Bahn und Avus und suchten uns einen Weg runter an den Schlachtensee. Um den Schlachtensee und die Krumme Lanke wählten wir den gleichen Weg wie in der Vorwoche.

Nach guten eineinhalb Stunden und einer spannenden Fahrt verließen uns Wieland und Kai, für die es aufgrund ihrer Wohnorte wenig Sinn machte, den Schlenker bis zum Grunewaldsee oder gar bis zum Bundesplatz zu fahren. Niels und ich folgten weiter der bekannten Route aus der Vorwoche, wählten in Dahlem dann jedoch noch den kleinen Umweg über Pacelliallee und Altensteinstraße, denn jetzt war der Ehrgeiz da, daß wir noch die zweieinhalb Stunden vollkriegen wollten.

Diesmal entschieden wir uns für einen Snack nahe Kaiser-Wilhelm-Platz. Von dort nahm Niels dann die Heimfahrt nach Neukölln auf, ich mußte für meine zweieinhalb Stunden noch den gesamten Volkspark bis zur Rudolstädter und durch den Wilmersdorfer Sportpark durchqueren.

Nightride 09.11.2010

Waldgeister

Mit dem November fing auch der Winterpokal von Rennrad-News an. Zwar hatte ich mich lange dagegen gewehrt, aber letztlich ist es doch eine wunderbare Möglichkeit der Motivation für das Wintertraining – und so schloss ich mich dem Team Twinterpokal an. Für mich heißt das zum einen beständiges sammeln einiger Punkte, indem ich meinen Arbeitsweg geschickt so verlängere, daß er mehr als die geforderten 15 Minuten hat (sonst mache ich eher ein 10-Minuten-intensiv-Ampelspurt-Training…).

Als Auftakt ist es natürlich ganz schön lahm, wenn man dann pro Richtung nur einen einzigen Punkt einsammelt, also nutze ich die derzeit durch externe Einflüsse aufgezwungene Frühaufsteherei und legte mir eine Rund eüber Schlachtensee und Krone zurecht, die ziemlich genau bei 60 Minuten – anders gesagt vier Puntken – herauskommt. Meist schaffte ich die Punktlandung nicht, weshalb ich vor dem EInbiegen in die Knesebeckstraße noch eine Runde um den Block fahren mußte – 58 Minuten gehen eben einfach gar nicht. Abend dann noch einen Freund besuchen gehen. Oder eben eine Runde mit anderen fahren, die teils auch das gleiche Ziel verfolgten…

Und so kam die Idee: Statt schnöder Nightrides durch die hell erleuchtete Stadt könnte man natürlich auch (mit dem Aufrechtrad) über die nahezu menschenleeren Waldwege des Grunewalds flitzen. Aktuelle LED-Technik macht es möglich, daß dies in adäquater Geschwindigkeit sicher möglich ist. Ein kleiner Aufruf an die rennradgruppe und so fanden sich zumindest zwei Mitstreiter, Niels und Manuel.

Um 19:30 Uhr trafen wir uns am Bundesplatz, dann ging es auf direktem Wege in Richtung Grunewaldsee und in den Wald. Mit drei Ixon IQ und dem Cyo T leuchteten wir den Weg vor uns in genügender Breite und vor allem auch in ausreichender Entfernung gut aus, so daß wir auch im Wald problemlos mehr als 20 km/h fahren konnten – wo es die Wegbeschaffenheit hergab.

Vom Grunewaldsee fuhren wir in Richtung Krumme Lanke, wenn auch wegen Bauzäunen mit einem unbeabsichtigen Schlenker über die Onkel-Tom-Straße. Ab hier folgten wir dem breiten und gut fahrbaren Uferweg, wo uns auch ein paarmal Fußgänger begegneten (ich glaube, es waren drei insgesamt auf der ganze Waldtour) und umrundeten den Schlachtensee. Zurückging es dann auf der anderen Seeseite bis zum Grunewaldsee, wo wir von der Ost- auf die Westseite wechselten, schließlich hatten wir ja auf dem Hinweg schon die Ostseite erkundet.

Über Grunewald und Dahlem ging es dann zurück in die Stadt, wo wir uns in der Pizzeria Cremina noch eine Stärkung nach einem mehr als 90-minütigen Ritt gönnten.

Als wir die Pizzeria verließen hatte leichter Nieselregen eingesetzt. Um dennoch die letzten paar Minuten bis zum siebten Winterpokal-Punkt noch vollzumachen begleitete ich Niels noch bis zum Volkspark und drehte dann die Runde zurück nach Hause.

Eine definitiv andere Erfahrung, als die üblichen Rennrad-Nightrides, aber eine durchaus positive. Keine Probleme mit Wildschweine, fernab vom Straßenverkehr fordert so eine Tour durch den nächtlichen Wald alle Sinne. Neben der körperlichen Anstrengung fordert die Dunkelheit und der unebene Boden auch einiges an Konzentration. Aber trotzdem – oder eher deswegen – ein großer Spaß, den ich bei nächster Gelegenheit wiederholen werde!

Der Ritt der Waldgeister

Hamburg-Berlin: Mission aborted.

Von Anfang an stand fest: Im Regen würde ich Hamburg-Berlin nicht fahren. Auf der Speedmachine wollte ich das nicht und die Rennliege ist dafür einfach nicht gemacht. Fehlende Schutzbleche und eine Geometrie, die Unmengen Schmutz und Wasser vom Vorderrad zwischen die Beine und ins Gesicht befördert. Meine vorhandene Regenbekleidung ist auch eher auf Tourenfahren auf der Speedmachine ausgelegt: die Hose zu weit für die freilaufende Kette am Lowracer, die Jacke mit Reisverschluss vorn neigt zur Pfützenbildung auf dem Bauch in der extrem flachen Position auf der Rennliege. Das geringe Gewicht auf dem Hinterrad führt bei den schmalen Reifen schnell zum Ausbrechen. All dies sind beherrschbare Faktoren, aber mir fehlt dazu derzeit die Erfahrung – und ein 280km Rennen (eine Distanz, die ich vorher nie am Stück gefahren bin!) ist sicherlich nur ein bedingt geeigneter Ort, um diese Erfahrung zu sammeln.

Am Donnerstag verschlechterte sich die Wettervorhersage für den Samstag zusehends, viel Regen und starker Nordost- bis Ostwind waren angesagt. Ostwind bremst, Nordostwind würde seitlichen Druck auf die Verkleidung aufbauen. Am Donnerstag abend hatte ich mich schon fast entschieden, am Freitag gar nicht erst nach Hamburg zu fahren – zu aussichtslos schien mir das Unterfangen.

Freitag besserte sich die Vorhersage für den Samstag wieder. Zwar stand immernoch die Gefahr vereinzelter Regenfelder im Raum, doch damit käme ich zurecht. Die Aussichten beim Wind besserten sich auch, zumindest war nicht mehr Windstärke sieben aus gefährlichen Richtungen die Rede. Ich entschied, nach Hamburg zu fahren und zumindest mal morgens am Start die Situation zu beurteilen.

Am Freitagabend ging es mit dem Eurocity ab Südkreuz nach Hamburg Bergedorf. Ich hatte minimalistisches Gepäck dabei, so daß ich mein Transportproblem durch das Anbinden eines Stoffbeutels außen auf der Verkleidung lösen konnte. Ich traf mich mit einigen Leuten aus der Rennradgruppe und so ging die Fahrt schnell vorüber. In Bergedorf angekommen weigerte sich mein Garmin Edge 705 beharrlich, die Route zum Hotel zu berechnen und so fuhren wir auf einem gefühlten Weg einen kleinen Umweg nach Geesthacht. Die Straßen waren regennaß und meine Windstopperhose, die sonst bei leichtem Regen problemlos einige Zeit durchhält, war nach wenigen Kilometern so voller Matsch und durchnäßt, daß ich spürte, wie der kalte Regen über die Beine auf den Sitz lief – innerhalb der Kleidung. Die Sicht war durch einen Sprühnebel aus Wasser und Straßendreck, der sich auf der (obligatorischen, da Halter für den Rückspiegel) Brille niederschlug eingeschränkt. Die Muskeln wurden trotz flotter Fahrt kalt.

Am Hotel konnten wir die Räder unter einem Vordach anschließen – zum Glück hatten meine Mitfahrer ein Schloß dabei. Das matschig triefende Rad mit ins Zimmer zu nehmen war keine Option. So blieb mir allerdings die Chance verwehrt, die noch immer nicht ganz feste Bastelei der Lampenhalterung nachzuziehen, die Lampe leuchtete auf der Fahrt den Boden vor dem Rad an. Der richtige Halter lag erst seit Freitag Nachmittag bei mir zu Hause. Im Zimmer hing ich Handy, GPS und Lampe nochmal an die Ladegeräte. Meine Klamotten hing ich zum Trocknen auf, die Unterhose mußte ich vorher auswringen. Die Heizung lief sporadisch, der Fön half nur bedingt und eigentlich wollte ich schlafen, die Nacht war kurz. Zu kurz, durch den latenten Geruch nach kaltem Zigarettenrauch fiel mir das Einschlafen schwer.

Nach ca. zwei bis drei Stunden Schlaf quälte ich mich morgens in meine noch immer feuchte Unterhose, der Rest der Klamotten war halbwegs trocken. Ich klopfte den Sand ab, dann ging es raus. Über leicht regennasse Straßen ging es nach Altengamme. Dort wartete schon eine lange Schlange vor dem Zelt mit der Anmeldung. Zwar nieselte es nur leicht (oder kam das Wasser alles von unten), aber der Himmel sah regenschwanger aus, gen Berlin würde es immer nasser werden. Ich meldete mich also nur ab, nicht an. Das Frühstück ließ ich mir dennoch nicht entgehen, ich schaute den tapferen Startern zu, bevor ich kurz nach halb acht in Richtung Bahnhof Bergedorf aufbrach. Den Weg fand ich diesmal besser. Kilometer um Kilometer zog mehr Nässe und Kälte zwischen den Beinen hoch und in einigen Kurven mit nassem Laub spürte das Hinterrad leicht ausbrechen.

Auf der Zugfahrt erreichte mich noch die Nachricht von infolge der derzeitigen Bauarbeiten an meiner Terrasse in die Wohnung unter mir laufenden Wassers. Je näher ich Berlin kam, umso klarer wurde mir, wo diese Menge an Wasser herkam. Zu Hause gönnte ich mir eine Dusche und eine Mütze Schlaf, bevor ich Lars in Gatow abholte. Gemeinsam gingen wir noch etwas essen, waren aber so müde, daß es danach schon bald Schlaf angesagt war.

Nach einem netten Frühstück bei meinen Eltern fuhren Lars und ich gemeinsam noch zum ehemaligen Flughafen Tempelhof. Es herrschte an diesem Sonntag schönstes Wetter, so wie man es sich am Tag zuvor gewünscht hätte. Dennoch drehten wir ein paar eher lustlose Runden, tranken noch einen Tee. Lars besuchte einen Freund, während ich noch zwei Runden fuhr, mich dann aber wegen nochimmer anhaltender Müdigkeit auch wieder nach Hause aufmachte.

Ich hätte die Radsaison gerne noch mit so einem Kracher abgeschlossen – aber nicht unter diesen Voraussetzungen. Schließlich mache ich das ganze zum Spaß – und der kam so nicht auf. Meine Beine verabschieden sich aber so dankbar in die Winterpause. Die Trainingspause durch die Sehnenentzündung beim Somemrurlaub hat mir leistungsmäßig wohl ohnehin den Rest der Saison versaut, jedenfalls spürte ich seitdem meine Beine nach jeder auch nur mittelmäßig anstrengenden Fahrt. Ich glaub, mein Körper will mir etwas erzählen und ich höre auf ihn.

Wenn jemand nette Ideen für einen Ausgleichssport während dieser Zeit hat (nicht: Laufen) … nur zu!

Hamburg-Berlin: Letztes Training

Am kommenden Samstag, den 16.10. findet das Zeitfahren Hamburg-Berlin statt. Das Hotel ist gebucht, die Bahnfahrkarte ausgedruckt, die Startgebühren überwiesen. Das Rad hat Licht, ein neuer Hinterreifen liegt bereit. Was kann da noch schiefgehen? Achja. Der Motor. Genauer gesagt: meine Beine. Die fühlen sich schwer und müde an und fordern die fahrradarme Zeit, das Saisonende, Erholung, Ausgleichssport. Wonach sie nicht so unbedingt rufen ist ein Ausdauer- und Kraftakt zwischen Hamburg und Berlin bei immer geringeren Temperaturen. Aber trotzdem, da müssen sie durch – noch dieses eine mal in dieser Saison.

Am Samstag nach dem Frühstück war ich spät dran, dann plante ich zuerst noch ein wenig die zu fahrende Strecke – und entschied mich dann, diese erst am Sonntag zu fahren. Für den Samstag nahm ich mir dann nur ein paar wenige Kilometer auf dem Kronprinzessinnenweg vor. Ruhiges auf- und abfahren. Keine Steigungen auf der Havelchaussee, keine drängelnden Autos. Beim dritten mal kam mir ein Liegerad entgegen, ein Grasshopper fx mit einer mir unbekannten Fahrerin. Ich fuhr brav meine Rudne zuende, auf dem Rückweg holte ich den Grasshopper ein. Bei einem netten Gespräch ging es dann doch einmal über die Havelchaussee und zurück. Aber ich bin relativ friedlich und langsam gefahren. Am Auerbachtunnel trennten sich unsere Wege wieder und ich fuhr nocheinmal die Krone mit höherer Geschwindigkeit in beide Richtungen ab. Ein weiteres mal sparte ich mir, denn es wurde langsam kühl und dafür war ich nicht gerüstet.

Am Sonntag nach dem Frühstück woltle ich mir die Teilstrecke von Hamburg-Berlin anschauen, die bei Spandau in die Stadt führt. Ich hatte mir eine Route bis Bad Wilsnack aufs Garmin Edge 705 geladen, fuhr jedoch mit der Einstellung los, daß ich ganz ruhig und langsam aus der Stadt fahren wollte, villeicht bis Nauen, Paulinenaue oder Friesack. Durch die Stadt fuhr ich auch wirklich noch langsam, half noch am Bahnhof Grunewald anderen Radlern mit meiner Pumpe aus. Kurz nach dem Einbiegen auf den Track in Spandau startete ich den Trainingsmodus des GPS und zog die Geschwindigkeit etwas an. Zwei Huper hatte ich bis zum Stadtrand, einer, der mich in einer kleinen Straße danach in ca. 20cm Abstand überholte. Zu mienem Bedauern mußte ichan der nächten Ampel feststelen, daß man mit der Faust gar nicht so einfach eine Beule in die Fahrertür eines Autos schlagen kann. Der Opa im Auto drohte mir durch die Scheibe daraufhin Schläge an – bei der Ladung Adrenalin, die ich nach seinem Manöver im Blut hatte möchte ich allerdings sagen, hätte er es auch nur gewagt einen Schritt auf mich zuzumachen wäre das das erste mal in meinem Leben gewesen, daß ich gewalttätig werde. Es gibt Sachen, die gehen einfach gar nicht. Mordversuche auf der Straße gehören dazu. Leider stand ich so unter Strom, daß ich mir das Kennzeichen nicht gemerkt habe. Da hat der alte Sack nochmal Glück gehabt.

Danach ging es raus aus Berlin, die Straßen wurden ruhiger und die Autofahrer friedlicher. Bei relativ gutem Tempo ließ ich es einfach laufen. Ich rechnete nach der Wettervorhersage mit schwachem Ostwind, hatte aber auf einigen nördlich verlaufenden Passagen das Gefühl, daß mir Wind entgegen kam, es kann natürlich auch nur der scheinbare Wind gewesen sein. Das Gelände ist nahezu flach (also es ist flach, aber eben doch nicht platt wie Holland) und dank des Tracks von Georg aus dem letzten Jahr fuhr ich auf ruhigen Straßen und teilweise sogar über einen wunderbar glatt asphaltierten Radweg abseits irgendwelcher Straßen, der dafür hin und wieder mit Drängelgittern nervte, unter denen ich ncihtmal mit dem M5 CrMo Lowracer durchpasste.

Das schöne Wetter ließ die Zeit wie im Fluge vergehen und so lagen Nauen, Paulinenaue und auch bald Friesack hinter mir. Das hieß dann auch, daß ich die Bahnlinie erst wieder bei Havelberg (respektive Glöwen) kreuzen würde, also ging es weiter. Bis Havelberg. Einige Ortsdurchfahrten bremsten meine Fahrt mit unsäglich schlechtem Kopfsteinpflaster, ansonsten war aber stets guter Belag auf den Straßen, nur kleinere ausgebesserte Stücke mit rauher Oberfläche lagen dazwischen.

In Havelberg mußte ich mich entscheiden: Glöwen oder dann jetzt einfach weiter bis Bad Wilsnack? Ich entschied mich für Bad Wilsnack. In Havelberg geht es eine fiese Rampe hinauf (beim Zeitfahren geht es die ja dann glücklicherweise runter!), dann die Abbiegung nach Bad Wilsnack. Und hier erwartete mich das Grauen: Die Straße war sicherlich frisch gemacht, allerdings mit einem rauhen, bremsenden Straßenbelag. Und nicht nur das: Durch diesen Belag hindurch merkt man noch immer jedes Schlagloch, das er wohl eigentlich verdecken sollte. Meine Geschwindigkeit sinkt auf 30km/h, teilweise sogar darunter bei einer gefühlten sehr hohen Anstrengung.

In Bad Wilsnack kehre ich bei der ersten Tankstelle seit Spandau ein. Auch das ein wichtiger Punkt für das Zeitfahren: Nicht auf Verpflegung am Wegesrand verlassen und bei der Tanke in Bad Wilsnack nochmal Wasser bunkern.

Von Bad Wilsnack nehme ich die Bahn zurück nach Berlin. Einen Durschnitt von fast 35km/h (netto) merke ich deutlich in meinen Beinen. Aber ein teil meiner Vorbereitung heißt auch: In dieser Woche gönne ich ihnen Ruhe und eine kleine Auszeit vom ständigen Radfahren.

Streckentest HH-B 10.10.10

Ein Training – zwei Platte

Donnerstag, früher Nachmittag. Ich habe Urlaub, das Wetter ist gut, also denke ich an ein kurzes, intensives Training. Als Strecke soll die bekannte Runde ab Auerbachtunnel herhalten: Krone, Havelchaussee, den Willi rauf, Postfenn, Heerstraße, Waldschulallee. Eine Runde ist mit ca. 21km deutlich zu kurz und so nehme ich mir zwei oder drei Runden vor.

Schon auf der Anfahrt habe ich das Gefühl, nicht richtig in Schwung zu kommen, schiebe das aber zunächst auf den heftigen Gegenwind. Auf der Krone starte ich die Messung an meinem Garmin Edge 705 und auf geht es. Ich tue mich schwer, die beiden Rennradler, die bei meiner kurzen Pause nach dem Einbiegen auf die Krone an mir vorbeirauschten einzuholen. Der Tacho zeigt 34, 35, vielleicht mal 37 km/h. Mein Puls ist bei 170. Die Geschwindigkeit zu niedrig, der Puls zu hoch – keine sonderlich gute Kombination. Einen der Rennradler kriege ich kurz vor dem Hüttenweg, er fährt vielleicht 30. Aber der andere ist weit voraus. Ich komme wenigstens etwas in Schwung, natürlich gibt es hier jetzt auch einige Stellen mit einem leichten Gefälle. Ich kriege den anderen Rennradler einige hundert Meter vor der Abbiegung zur Havelchaussee. Er hängt sich bei 43 bis 44 km/h hartnäckig an mich ran. Das ist defintiv mal ein Spielkamerad. Ich teste ihn, bei 46 km/h läßt er abreißen. Über meinem derzeitigen Zustand bei dieser Geschwindigkeit sei der Mantel des Schweigens gebreitet.

An der Einbiegung zur Havelchaussee muß ich auf ein Auto warten, als ich langsam die enge Kurve nehme zieht mein spontaner Sparringspartner an mir vorbei. Eine leichte Steigung, ich schaffe es so eben, daß sich unser Abstand nicht vergrößert, erst auf dem Gefälle ziehe ich wieder vorbei, er grinst mich an. Ich halte mich bei 42 km/h und er verfolgt mich zunächst nicht. Ich baue den Abstand etwas aus, indem ich die Geschwindigkeit bei ungefähr 40 halte. Bis zum Willi. Ich schaffe es nicht, meine 20-22 km/h auf der Steigung zu halten, breche auf 19 bis 20 km/h ein. Kurz vor der Kuppe zieht der Rennradler grüßend vorbei, er hat sicher gute 25 km/h drauf. Im Gefälle habe ich mit einem anderen Radler und Gegenverkehr zu kämpfen und kriege meinen Renngegner erst als die nächste Steigung beginnt. Ich versuche so viel Schwung wie möglich mitzunehmen, bin mit 55 km/h durch die Kurve gebrettert und ziehe mit 48 km/h an ihm vorbei. Er schafft es nicht, die Steigung zu nutzen und ich wähne mich in Sicherheit, als ich das nächste Gefälle erreiche. Aber es kommt ja noch der Postfenn. Ich heize dort zuerst mit 30, später mit guten 28 km/h hoch – kurz vor der Heerstraße ein breites Grinsen aus einem bekannten Gesicht. Ich fasse es nicht. Die Heerstraße fahren wir eher dicht beieinander und unterhalten uns kurz, bevor er abbiegt. Respekt, denke ich.

Ich setze zur zweiten Runde an. Garmin sagt, 35,1 km/h Schnitt in der ersten Runde. Die Waldschulallee mit ihrem miesen Pflaster und den ständigen Autos kostet. Aber der Messedamm ist im besten Berufsverkehr auch keine Alternative.

Die zweite Runde muß ich ohne Trainingspartner auskommen, sie wird auch um einiges langsamer, mein Puls ist allerdings auch etwas niedriger.

Insgesamt kommen auf 42km 34,7km/h Schnitt, ein durchschnittlicher Puls von 164, Maximalgeschwindigkeit 61,1km/h und maximaler Puls von 184 zusammen. Der Unterschied zwischen Runde 1 und Runde 2 sind 1 km/h und 5 Pulschläge im Durschnitt nach unten. Auch der Maximalpuls ist 5 Schläge niedriger in der zweiten Runde. Richtig zufrieden bin ich nicht und frage mich, ob ich einfach einen schlechten Tag habe, das vernachlässigte Training der letzten Tage oder eine im Anflug befindliche Krankheit hier schuld sind.

Auf dem Rückweg fällt mir gegen Ende ein seltsam federndes Wippen auf. Trete ich nicht mehr rund? Das Wippen wird stärker. Rahmen gerissen? Bitte nicht. Ich fahre die letzten Meter nach Hause und vor der Haustür checke ich mein Rad. Da fällt es mir auf: Der hintere Reifen hat sicher keine 10,5 Bar mehr. Wie schön, außer mir ist also auch mein Rad platt…

Beim Radladen gegenüber erstehe ich einen Ersatzschlauch (mit zu kurzem Ventil, wie ich später feststellen muß) und werde noch von einem Rennradler ausgefragt, der mich kurz zuvor wohl auch gerade auf der Havelchaussee gesehen hatte.