Tag 3: Charleville-Mézières – Reims

Für kleines Geld gab es im Hotel ein erstaunlich gutes Frühstück (also für französische Verhältnisse) und so konnte ich gut gesättigt und mit ausreichend Flüssigkeit an den Start gehen.

Der Morgen war noch etwas grau und als erstes stand die Entscheidung an, ob ich den „kurzen“ oder den „langen“ Weg nehmen wollte. Am Ende entschied ich mich auf Grund einer müden Beine für den B-Track, die kurze Variante. Und vermutlich war das auch vom Track her gut, denn von 130 Kilometern waren nur knapp mehr als 30 am Ende auf der Straße.

Insgesamt war der Unterschied auf der kompletten Variante ca. 100 Kilometer. Da ich einen Ruhetag einlegen möchte und dies gerne in schöner Landschaft war die Entscheidung also, den Ruhetag einen Tag früher oder später zu haben.

In Charleville fand eine Militärübung statt. Soldaten, Tarnfarbe im Gesicht, die Waffen im Anschlag, martialische bewaffnete und gepanzerte Fahrzeuge. Geduckt hinter Mauern, auf dem Boden robbend, das Maschinengewehr voran. Gespenstisch.

Auf dem V34 ging es also durch die Ardennen, am Kanal entlang. Ein gut ausgebauter Radweg, ringsum eine schöne Landschaft und kaum Höhenmeter. Irgendwann holte mich dann aber der Regen ein. Zunächst wollte ich den kurzen Schauer unter eine Brücke abwarten, die war aber so löchrig, dass es naß wurde. Außerdem zog der Schauer nur langsam vorbei, so daß ich 3km weiter zu einem Kanaltunnel radelte, Dort wartete ich dann noch eine Minuten, pumpte meine Reifen wieder auf den Nenndrucken und konnte dann bei schönem Wetter und zunehmender Sonne weitterfahren.

Die Schleusentreppe von Montgon war das nächste Highlight, 26 Schleusen und für mich eine schöne Abfahrt, bevor es zum nächsten Kanal ging, der mich nach Rethel und damit zu meiner Mittagspause führte. Kurz hinter Rethel musst ich dann vom Kanal abbiegen und fuhr auf zumeist ruhigen Landstraßen in Richtung Reims.

Vor Ort suchte ich ein Hotel, ich war früher da, als ich nach dem langsamen Tagesstart erwartet hatte. Ich konnte also in Ruhe durch die Stadt schlendern, mich versorgen, später etwas essen, bevor es dann ins Bett ging. Der folgende Tag begleitete mich in den Schlaf, sowohl die Strecke als auch die kaum vorhersehbare Situation mit Streiks und Protesten gingen mir noch eine Weile im Kopf herum.

Tag 2: Namur – Charleville-Mézières

Ich wachte früh auf und hatte nur mäßig geschlafen. Immerhin war ich so auch früh beim Frühstück, brauchte aber anschießend etwas Zeit, meine Dinge zu ordnen und zu packen, die ganze Routine ist noch nicht da. Und ich spürte meine Beine.

Das bestätigte sich auch beim Losfahren, ich hatte es am ersten Tag übertrieben und vor allem den Energiehaushalt vernachlässigt und das rächte sich nun. Beim Rollen durch die Stadt war es noch OK, als ich dann auf den Radweg an der Maas kam (Eurovelo 19), da war ich heilfroh, dass die Flussradweg-Etappe vorwiegend flach war.

Auf Tempo kam ich nicht und die 140 Kilometer bis Charleville hatte ich schnell abgeschrieben und mich darauf eingestellt, nach 30 oder 40 Kilometern einen netten Ort und eine Unterkunft zu suchen und einen (halben) Ruhetag einzuschieben. Doch es kam anders.

Neben den (meist älteren, männlichen) Rennradlern und den üblichen Flussradweg-E-Bike-Touristen tauchte vor mir eine Liegeradsilhouette auf. Ich schaffte es, den anderen Liegeradler einzuholen und es stellte sich heraus, dass dieser aus Österreich stammte und gerade auf einer Tour Nordkap-Gibraltar war. Das war natürlich neben der gemeinsamen Vorliebe für das liegende Radfahren interessanter Gesprächsstoff! Und so vergingen die Zeit und die Kilometer wie im Fluge und und meine Beine fühlten sich schlussendlich deutlich besser als am Morgen an.

Als Dieter dann in Richtung Paris abbog (bzw. dem kurzen Stück Bahnradweg weiter folgte und ich zur Maas zurückkehrte), hatte ich schon über 60km auf der Uhr und war guter Dinge, zumindest die 100km noch zu schaffen. Bei 75km – und damit zumindest etwas früher als am Vortag, da es aber flach war eigentlich viel früher – machte ich dann eine Pause mit Getränken und etwas herzhaftem und süßem Gebäck aus der Boulangerie. Anhand der Getränke – es gab Orangina und Schweppes Agrum, vor allem aber Größen jenseits 0,2 Liter) – merkte ich auch, dass ich mittlerweile die Grenze nach Frankreich überquert hatte.

Vor der Weiterfahrt half ich noch einem belgischen Pärchen auf einem Tandem aus, die keine Pumpe, aber sehr wenig Luft auf dem Reifen hatten. Und nach der Pause fühlte ich mich gut genug, um eine Etappe bis Charleville wieder in Betracht zu ziehen. 25km vor Charleville machte ich mit zwei Franzosen noch eine kurze Pause in einer geschlossenen Bar, die immerhin Sitzmöglichkeiten und Schatten bot und buchte mir dann ein Zimmerchen in Charleville. Danach ging es erst ganz gut, die letzten 15km waren dann aber doch nochmal anstrengend. Nichtsdestotrotz kam ich gut gelaunt an.

Ich gönnte mir ein Galette auf dem Marktplatz, machte einen kleinen Stadtrundgang und besorgte im Supermarkt noch Versorgung für den kommenden Tag, dann ging es totmüde ins Bett.

Tag 1: Aachen – Namur

Zum Frühstück beim Bäcker gab es als Begrüßung: „Eigentlich haben wir noch nicht offen! Sie können nur draußen sitzen, drinnen geht nicht wegen Versicherung und kostet Strafe!“ – also gab es herzhaftes und süßes Brötchen dann draußen bei 14°C, das war aber nicht so wild.

Anschließend folgte die Fahrt aus Aachen heraus auf weitgehend leeren Straßen, aber typisch für die Stadt mit ein paar kleinen Anstiegen. Der letzte Anstieg zum Dreiländereck Belgien-Niederlande-Deutschland hatte es mit knapp 15% dann aber in sich. Den „Drilandenpunt“, nahezu deckungsgleich mit dem höchsten Punkt der europäischen Niederlande (322m) hatte ich mir als „offiziellen“ Startpunkt ausgesucht.

Nach einer kurzen Abfahrt gab es dann erstmal einen Bahnradweg bis zum Erreichen der Maas in Liège/Lüttich. Dieser hatte ein paar kleine Steigungen und Gefälle bis zu etwas mehr als zwei Prozent, fuhr sich bis auf die unvermeidlichen Straßenkreuzungen recht angenehm. Dem Stadtgebiet entkommt man dann durch Industriegebiete, die auch in diesem Bereich das Bild des Flusses prägen.

Zwar gab es am Fluss hin und wieder Sitzbänke als Pausengelegenheiten, diese boten allerdings keinen Wetterschutz – und Schatten war bei fast 30°C beim Anhalten unverzichtbar. So genoss ich am Marktplatz von Huy ein Mittag und noch ein Eis, bevor ich mich auf den Rest des Weges machte, als heutiges Ziel hatte ich Jambes / Namur auserkoren. Die Hotels waren bezahlbar, die Infrastruktur gut. Das waren ab Huy noch etwa 30 Kilometer, die mir allerdings nach dem viel zu späten Essen doch recht schwer fielen.

In Namur hatte ich ein Hotel in Bahnhofsnähe. Nach dem Duschen besorgte ich Saft und Riegel für den kommenden Tag im geöffneten Supermarkt im Bahnhof (Infrastruktur!), dann machte ich einen Spaziergang durch die Stadt. Obwohl ich wenig Appetit hatte aß ich noch eine Kleinigkeit und regulierte auch den Flüssigkeitshaushalt, damit der folgende Tag nicht zum Zwangsruhetag wird.

Tag 0: Anreise Berlin – Aachen

Meine Planung war eher von Zeitmangel geprägt, dennoch hatte ich mir tausende Kilometer Strecke zurecht geplant mit dutzenden Alternativen. Gepackt wurde dann am Samstag Vormittag und ich habe unzählige Dinge dann noch irgendwie schnell dazu gestopft, die ich vergessen hatte, einzupacken. Es bleibt also auf der Tour spannend, was noch so fehlt.

Am Vorabend hatte ich noch den Reifen am Hinterrad gewechselt, eigentlich wollte ich das auch am Vorderrad tun, aber der Ersatz kam nicht mehr rechtzeitig an. So alt ist der Vorderreifen allerdings auch noch nicht, es sollte also nicht allzu kritisch sein. Die Schaltung hakelt etwas, aber immerhin ist ein neuer Zug und eine neue Hülle drin, so dass es sich zumindest leicht schaltet. Den Rest kann ich sicherlich in den kommenden Tagen noch justieren.

Abfahrbereit vor dem Cube (bzw. Berliner Hauptbahnhof)

Um kurz nach 12 Uhr fuhr ich dann los zum Hauptbahnhof, also auf meinem regulären Arbeitsweg und auch direkt bis zu meinem Büro, vor dem ich dann das obligatorische Tourstart-Foto machte, ich hatte auch etwas Zeitpuffer und war etwa eine halbe Stunde vor der (geplanten) Abfahrt da. Auf dem Weg zum Gleis erreichte mich dann aber die Push-Meldung: +27 Minuten, Verspätung aus vorheriger Fahrt. Bei einer durchgehenden Verbindung ohne Umstieg ist das aber erstmal kein Grund zur Panik.

Der Zug kam dann auch mit der angekündigten Verspätung. Die Zugbegleiterin koordinierte den Einstieg der 5 Radfahrenden gekonnt und auch die anderen Fahrgäste mit Rad waren allesamt schnell und erfahren. Anschließend begann eine Aufholjagd, so dass wir in Hannover schon die Hälfte der Verspätung wieder eingeholt hatten.

Dieses Glück sollte aber leider nicht anhalten, durch eine Fehlleitung sammelten wir am Ende nochmal etwa 20 Minuten Verspätung ein, so dass in Aachen schon das Essen dampfend auf dem Tisch stand, als ich ankam. Es wurde noch ein schöner Abend, aber da ich nicht zu spät los wollte, ging es dann auch zeitig ins Bett.

Tag 6: Fischbach – Aachen

Da wir heute gute 135km mit einigen Höhenmetern auf dem Programm hatten, war der Plan, zeitig wegzukommen. Wir frühstückten direkt um acht Uhr, hatten die Taschen bereits gepackt und unsere Fahrradbekleidung an. Nach dem Frühstück gingen wir zu den Rädern – und Micha musst erst einmal das Hinterrad flicken, er hatte einen Platten.

Auf einem am Vorabend schnell zusammengerouteten Weg fanden wir schnell zurück zu unserem Track, hatten aber schon wieder kurze Rampen mit ordentlich zweistelligen Prozenten zu bewältigen. Dann ging es auf einem unfertigen Bahnradweg neben einer aktiven Bahntrasse ein Stück weiter und noch einmal über einen steilen Hügel nach Troisvierge, wo wir auf den Vennbahnradweg stießen. Die Auffahrt hat auch gute 10% und Serpentinen, dann geht es teils auf der alten Bahnstrecke, teils aber auch auf Umfahrungen los, so dass noch mehr Höhenmeter zusammenkamen. Wir merkten dies nach der gestrigen Etappe sehr gut in unseren Beinen.

Die Überquerung der Grenze in unser fünftes und letztes Land, Belgien, merkten wir nur an der Nachricht, dass das Smartphone jetzt im belgischen Netz mit den gleichen Bedingungen wie zu Hause unterwegs sei. In St. Vith gönnten wir uns eine kurze Pause. Wie üblich in Belgien oder Luxemburg, gibt es Getränke nur in klein. So bestellten wir gleich 4 Cola, zwei für jeden. Den letzten bedeutenden Anstieg hatten damit auch hinter uns gebracht, aber einige Höhenmeter, wenn auch nur im bahntrassenüblichen unteren Prozentbereich, lagen noch vor uns.

Aus heiterem Himmel bildete sich über uns eine Regenwolke, regnete sich aus, während wir Zuflucht in einer kleinen Schutzhütte zusammen mit einem belgischen älteren Rennradler mit Carbonrad fanden. So schnell, wie der Regen und die Wolke gekommen waren, so schnell verschwand beides wieder und die Fahrt ging sonnig weiter.

Während der Radweg bis Küchelscheid mitten durch Belgien verläuft, beginnt anschließend eine Besonderheit: Bis kurz vor Raeren verläuft die alte Bahntrasse zwar mitten durch Deutschland, ist aber belgisches Staatsgebiet – wenige Meter links und rechts der Strecke befindet sich also jeweils eine Staatsgrenze. Wobei das weniger spektakulär als der Weg nach Steinstücken im alten Westberlin ist, denn wenn man die Karte nicht konsultiert, dann kriegt man davon nichts mit.

Die letzten ca 40 Kilometer nach Aachen geht der Weg auch nur noch leicht bergab, man kann mit recht hoher Geschwindigkeit bei geringem Aufwand dahinradeln. Oder sagen wir: man könnte. Zum einen gibt es die ein oder andere Kreuzung mit Straßen, wo man entweder Vorfahrt hat, aber so schlecht sehen kann, dass man besser nicht mit 40km/h durchrauscht oder die Straße hat Vorfahrt, dann auch in der Regel gut kenntlich mit genügend breiten Drängelgittern. Zum anderen ist der Weg auch bevölkert mit vielen Radfahrenden, die nicht alle – ich drücke es diplomatisch aus – mit der Anwesenheit anderer Radler rechnen und Klingelsignale entweder gänzlich ignorieren oder sie zum Anlass nehmen, wild durcheinander in alle Richtungen zu fahren.

Um kurz nach 17 Uhr kamen wir in Aachen an, bezogen unsere Unterkunft direkt am Ende des Radweges und gingen nach dem Duschen Essen und machten uns einen gemütlichen Abend.