Das Frühstück bemaß sich eher an französischen Verhältnissen, dennoch versuchte ich so gut wie möglich vorzubauen – daß heute noch einige Höhenmeter vor mir stehen würden wußte ich ja. Die Taschen waren fertig gepackt und so verlor ich nach dem Zahlen des Hotels nicht viel Zeit. Mein GPS lud die Route noch, während ich die 200m zu den Schildern roltle, wo ich die Veloroute 7 verlassen hatte. Dank der hervorragenden Ausschilderung ist das Navi auf Schweizer Radrouten nahezu unnötig. Nahezu. Hätte ich die Route vor dem Losfahren angeschaut, hätte ich gesehen, daß diese jetzt einen 2-km-Bogen am Doubs entlang macht, um dann exakt wieder an der Stelle vorbeizukommen, wo ich vom Hotel gestartet war. Seis drum – etwas flache Strecke zum Einrollen ist ja auch gut. Denn hinter St. Ursanne kam gleich die nächste dicke Steigung.
Mit sechs bis sieben km/h in den untersten Gängen erklomm ich den Berg. Immer wieder gab es schöne Ausblicke in das Tal. Doch die Steigung schien endlos. Zwei, drei mal mußte ich eine kurze Pause einlegen, da ich das Gwefühl hatte zu überhitzen: Durch die geringe Geschwindigkeit und den Schutz der Bäume gibt es keinen nennenswerten Fahrtwind zur Kühlung. Die mühsam aufgebrachte Sonnencreme landete vermischt mit Schweiß in den Handschuhen. Aber ich freute mich auf die Abfahrt.
Diese kam jedoch nicht. Zunächst einmal bog die Route wieder auf einen nicht asphaltierten Abschnitt ein. Dieser war nicht so gut fahrbar und da es nachts geregnet hatte auch noch feucht – da sind dann selbst kurze Rampen mit 10% Steigung eine fahrerische Herausforderung, weil das Hinterrad immer kurz vor dem Durchrutschen ist.
Als ich das hinter mir hatte und wieder auf der Straße war, wurde mir klar, daß ich mich auf eine Hochebene gerbeitet hatte. Kleine Steigungen und kleine Abfahrten folgten, die Höhe hielt sich meist so um die 1000m. Die Abfahrten hatten vielleicht so um die drei bis fünf Prozent, dafür wehte hier ein beträchtloicher Gegenwind, so daß ich da kaum über 30km/h schnell wurde.
Im einem der Orte prangte ein Schild Boulangerie – ich bog ab und gönnte mir zwei belegte Baguettes, einen Cookie und etwas zu trinken, dann ging es weiter. Nach dem Abbiegen von der Hauptstraße traf ich einen Tourenradler. Der erste, den ich auf der Veloroute sah. Ich hätte erwartet, daß mir ab und an einer entgegenkommt, denn aus der anderen Richtung ist nicht nur die Chance größer sich zu begegnen, die Route gilt von Nyon in Richtung Basel auch als etwas leichter – was für mich wohl auch bedeutet, daß ich seltener die Bedingungen für Abfahrten vorfinden werde, wie ich sie auf den Anstiegen hatte. Der Radler, den ich traf, war Schweizer und folgte nur zufällig ein Stück der Veloroute 7. Er fuhr große Mengen Gepäck auf dem Rad, denn er war auf einer Testtour für eine anstehende mehrmonatige Radreise durch Patagonien und Feuerland. Als er davon erzählte dürfte für kurze Zeit der Neid in meinen Augen aufgeblitzt sein.
Wir fuhren wenige Kilometer noch zusammen, dann trennten sich unsere Wege wieder. Ein kurzer und leichter Schauer zog über uns hinweg – und pünktlich als es wieder trocken wurde fand ich die nächste Möglichkeit, mir ein Sandwich zu besorgen, die ich sofort nutzte. 62km hatte ich hinter mir, rund 1400 Höhenmeter. Aber jetzt ging es erstmal verhältnismäßig flach weiter durch ein Tal, teilweise auf wunderschönen Radwegen entlang des Wassers. Nur kurze Anstiege folgten, aber noch ein zweiter kleiner Schauer.
Da es im Tal so gut voranging, beging ich gegen Ende meiner Etappe bei etwa 100km auf dem Tacho dann den Fehler an einem Ort mit Hotels und Restaurants vorbeizufahren, weil es ja nicht so weit zum nächsten Ort war und 10 oder 20 km ja nun wirklich kein großes Ding sind und ich unter hundert Kilometer für die Etappe bis nach Nyon vor mir haben wollte und es ja auch erst kurz nach 18 Uhr war. Kurz nach dieser Entscheidung kam das Schild: 290 Höhenmeter auf den nächsten 4km. Mit freundlichen 7km/h hing ich dann eine Weile in dieser Steigung fest.
Zum Glück aber hatten die Hotels heute wieder offen und so fand ich kurz nach dem Ender der Steigung in La Cote-aux-Fées ein gemütliches kleines Hotel, in dem es auch eine ordentliche Speisekarte, geeignet für meinen Hunger, gab. Ich war dann froh den vermeintlichen Fehler begangen zu haben, so startet die nächste Etappe nicht gleich mit dieser Hammersteigung und das Hotel war deutlich ruhiger gelegen als die Hotels im Ort davor an der befahrenen Hauptstraße.