Tag 5: Romilly-sur-Seine – Escolives-Sainte-Camille

Die erste Herausforderung am heutigen Tag nach dem Frühstück und Checkout bestand darin, den Weg zurück zum Track zu nehmen. Es gab die kurze Strecke mit viel Verkehr oder die etwas längere auf kleineren Straßen, ich entschied mich für zweitere Möglichkeit.

Bei Gélannes kam ich auf den ursprünglichen Track, nur um dann eine Kreuzung weiter wegen Bauarbeiten wieder zu der Straße zurückgelotst zu werden, auf der ich aus Romilly-sur-Seine herausgefahren war – diesen Umweg hätte ich mir wahrlich sparen können.

Irgendwann schaffte ich es aber dennoch wieder auf den geplanten Track, in Bourdenay. Einige der Orte oder mehr Streckenkilometer kamen mir noch bekannt vor von vor zwei Jahren, auch wenn mir große Teile der Strecke eher nicht mehr präsent waren, was wohl vor allem daran lag, dass es landschaftlich hier eher weniger aufsehenerregend zuging.

Die Höhenmeter, die ich in kleinen Etappen einsammelte, holten die wenige eingesammelte Kraft wieder aus den Beinen, aber auch der starke Gegenwind tat seinen Teil, um das Fahren eher anstrengend zu machen. Von den gemessenen Leistungswerten lief es gar nicht so schlecht, aber gefühlt kam ich nicht von der Stelle. Vor allem aber ermüdete ich schneller.

Die andere Herausforderung der Strecke ist, dass die meisten der Orte keine Infrastruktur haben. Dies führte abermals dazu, dass ich in Brienon-sur-Amancon zufällig in derselben Boulangerie wie vor zwei Jahren landete. Vor dort war es nicht mehr weit bis zur Yonne und und nach Auxerre, das ich mir als Minimalziel gesetzt hatte (vorher hätte es eh kaum Chancen gegeben).

In Auxerre kehrte ich auf ein Getränk ein und suchte mir einen Übernachtungsplatz. Diesmal bewusst nicht so weit, wie bei der letzten Fahrt, sondern nur wenige Kilometer weiter. Die Fahrt auf dem Radweg an der Yonne bzw. dem Kanal du Nivernais war so angenehm, dass ich mich fast etwas ärgerte, nicht weiter gefahren zu sein, aber ich hatte ein sehr schönes Zimmerchen (eher eine ganze Ferienwohnung) ergattert, das dies wieder wettmachte. Jedenfalls nach dem Schreck der Ankunft, als ich der Besitzerin ersteinmal mitteilen musste, dass ihr Hund angefahren auf der Straße liegt. Zum Glück war das Tier zwar verletzt, aber wohl nicht lebensbedrohlich, Nachbarn brachten es zum Tierarzt.

Da es im Ort kein Restaurant gab, lief ich drei Kilometer in den nächsten Ort, wo ich ein hervorragendes Abendessen bekam, endlich schöne französische Küche zu fairen Preisen. Den Rückweg musste ich im Regen hinter mich bringen, aber da es noch relativ warm war und nur leichter Regen, ging es.

Tag 4: Reims – Romilly-sur-Seine

Ich startete den Tag mit einem überraschenden Frühstück, ich hatte am Vorabend keines bestellt und war bei dem Hotel nicht sicher, ob es eines gibt. Dann ging es auf die Straße. Südlich vom Reims kurz auf sehr unangenehmer autobbahnähnlicher Straße (immerhin: Seitenstreifen), dann bog ich ab auf ruhige Straßen – entgegen der Planung, denn so heftig hatte ich es nicht in Erinnerung von vor zwei Jahren.

Die Hügel begannen bald und wie erwartet haute das ganz schön rein. Ich quälte mich teils die Anstiege hoch, aber zum Glück waren die ja immer nur recht kurz. Ein Ruhetag demnächst ist definitiv Pflicht, sonst wird es später noch sehr unangenehm.

Sonst war die Fahrt durch die Champagne eher wenig aufregend. Ich kannte Teile des Weges bereits, die Landschaft ist schön, aber nicht spektakulär. Schön ist natürlich der viele Wein und die Äpfel, immer wieder duftet es danach. In den Orten gibt es die hübschen Champagner-Domänen – sonst aber meist nicht viel.

Und so machte ich einmal in Epernay Halt, wenige Meter von einem Fahrradladen entfernt, den ich bei der letzten Durchquerung für einen neuen Schlauch aufgesucht hatte und in Sezanne – dort im selben Café, denn viele Alternativen gab es auch dort nicht.

Leider sah ich dort keine Boulangerie (obwohl eine dort hätte sein wollen), so blieb ich aufgrund der Uhrzeit ohne Essen. Der Ansatz „sind ja nur noch 25 Kilometer“ ist bei der hügeligen Landschaft dann auch extrem trügerisch. Und so kam ich dann ziemlich leer gefahren in Romilly-sur-Seine an.

Ich steuerte direkt das Hotel an, wo ich beim letzten mal untergekommen war, am Rande des Ortes nahe zum Track auf einem Supermarktparkplatz. Ein Kastenhotel, aber der große Supermarkt und die praktische Lage holen es wieder raus, eine sehenswerte Innenstadt hat Romilly-sur-Seine ohnehin nicht zu bieten. Nur für ein ordentliches Essen lief ich in den Ort, weil mir das Schnellrestaurant nebenan dann doch nicht die richtige Wahl schien.

Tag 3: Charleville-Mézières – Reims

Für kleines Geld gab es im Hotel ein erstaunlich gutes Frühstück (also für französische Verhältnisse) und so konnte ich gut gesättigt und mit ausreichend Flüssigkeit an den Start gehen.

Der Morgen war noch etwas grau und als erstes stand die Entscheidung an, ob ich den „kurzen“ oder den „langen“ Weg nehmen wollte. Am Ende entschied ich mich auf Grund einer müden Beine für den B-Track, die kurze Variante. Und vermutlich war das auch vom Track her gut, denn von 130 Kilometern waren nur knapp mehr als 30 am Ende auf der Straße.

Insgesamt war der Unterschied auf der kompletten Variante ca. 100 Kilometer. Da ich einen Ruhetag einlegen möchte und dies gerne in schöner Landschaft war die Entscheidung also, den Ruhetag einen Tag früher oder später zu haben.

In Charleville fand eine Militärübung statt. Soldaten, Tarnfarbe im Gesicht, die Waffen im Anschlag, martialische bewaffnete und gepanzerte Fahrzeuge. Geduckt hinter Mauern, auf dem Boden robbend, das Maschinengewehr voran. Gespenstisch.

Auf dem V34 ging es also durch die Ardennen, am Kanal entlang. Ein gut ausgebauter Radweg, ringsum eine schöne Landschaft und kaum Höhenmeter. Irgendwann holte mich dann aber der Regen ein. Zunächst wollte ich den kurzen Schauer unter eine Brücke abwarten, die war aber so löchrig, dass es naß wurde. Außerdem zog der Schauer nur langsam vorbei, so daß ich 3km weiter zu einem Kanaltunnel radelte, Dort wartete ich dann noch eine Minuten, pumpte meine Reifen wieder auf den Nenndrucken und konnte dann bei schönem Wetter und zunehmender Sonne weitterfahren.

Die Schleusentreppe von Montgon war das nächste Highlight, 26 Schleusen und für mich eine schöne Abfahrt, bevor es zum nächsten Kanal ging, der mich nach Rethel und damit zu meiner Mittagspause führte. Kurz hinter Rethel musst ich dann vom Kanal abbiegen und fuhr auf zumeist ruhigen Landstraßen in Richtung Reims.

Vor Ort suchte ich ein Hotel, ich war früher da, als ich nach dem langsamen Tagesstart erwartet hatte. Ich konnte also in Ruhe durch die Stadt schlendern, mich versorgen, später etwas essen, bevor es dann ins Bett ging. Der folgende Tag begleitete mich in den Schlaf, sowohl die Strecke als auch die kaum vorhersehbare Situation mit Streiks und Protesten gingen mir noch eine Weile im Kopf herum.

Tag 2: Namur – Charleville-Mézières

Ich wachte früh auf und hatte nur mäßig geschlafen. Immerhin war ich so auch früh beim Frühstück, brauchte aber anschießend etwas Zeit, meine Dinge zu ordnen und zu packen, die ganze Routine ist noch nicht da. Und ich spürte meine Beine.

Das bestätigte sich auch beim Losfahren, ich hatte es am ersten Tag übertrieben und vor allem den Energiehaushalt vernachlässigt und das rächte sich nun. Beim Rollen durch die Stadt war es noch OK, als ich dann auf den Radweg an der Maas kam (Eurovelo 19), da war ich heilfroh, dass die Flussradweg-Etappe vorwiegend flach war.

Auf Tempo kam ich nicht und die 140 Kilometer bis Charleville hatte ich schnell abgeschrieben und mich darauf eingestellt, nach 30 oder 40 Kilometern einen netten Ort und eine Unterkunft zu suchen und einen (halben) Ruhetag einzuschieben. Doch es kam anders.

Neben den (meist älteren, männlichen) Rennradlern und den üblichen Flussradweg-E-Bike-Touristen tauchte vor mir eine Liegeradsilhouette auf. Ich schaffte es, den anderen Liegeradler einzuholen und es stellte sich heraus, dass dieser aus Österreich stammte und gerade auf einer Tour Nordkap-Gibraltar war. Das war natürlich neben der gemeinsamen Vorliebe für das liegende Radfahren interessanter Gesprächsstoff! Und so vergingen die Zeit und die Kilometer wie im Fluge und und meine Beine fühlten sich schlussendlich deutlich besser als am Morgen an.

Als Dieter dann in Richtung Paris abbog (bzw. dem kurzen Stück Bahnradweg weiter folgte und ich zur Maas zurückkehrte), hatte ich schon über 60km auf der Uhr und war guter Dinge, zumindest die 100km noch zu schaffen. Bei 75km – und damit zumindest etwas früher als am Vortag, da es aber flach war eigentlich viel früher – machte ich dann eine Pause mit Getränken und etwas herzhaftem und süßem Gebäck aus der Boulangerie. Anhand der Getränke – es gab Orangina und Schweppes Agrum, vor allem aber Größen jenseits 0,2 Liter) – merkte ich auch, dass ich mittlerweile die Grenze nach Frankreich überquert hatte.

Vor der Weiterfahrt half ich noch einem belgischen Pärchen auf einem Tandem aus, die keine Pumpe, aber sehr wenig Luft auf dem Reifen hatten. Und nach der Pause fühlte ich mich gut genug, um eine Etappe bis Charleville wieder in Betracht zu ziehen. 25km vor Charleville machte ich mit zwei Franzosen noch eine kurze Pause in einer geschlossenen Bar, die immerhin Sitzmöglichkeiten und Schatten bot und buchte mir dann ein Zimmerchen in Charleville. Danach ging es erst ganz gut, die letzten 15km waren dann aber doch nochmal anstrengend. Nichtsdestotrotz kam ich gut gelaunt an.

Ich gönnte mir ein Galette auf dem Marktplatz, machte einen kleinen Stadtrundgang und besorgte im Supermarkt noch Versorgung für den kommenden Tag, dann ging es totmüde ins Bett.

Tag 1: Aachen – Namur

Zum Frühstück beim Bäcker gab es als Begrüßung: „Eigentlich haben wir noch nicht offen! Sie können nur draußen sitzen, drinnen geht nicht wegen Versicherung und kostet Strafe!“ – also gab es herzhaftes und süßes Brötchen dann draußen bei 14°C, das war aber nicht so wild.

Anschließend folgte die Fahrt aus Aachen heraus auf weitgehend leeren Straßen, aber typisch für die Stadt mit ein paar kleinen Anstiegen. Der letzte Anstieg zum Dreiländereck Belgien-Niederlande-Deutschland hatte es mit knapp 15% dann aber in sich. Den „Drilandenpunt“, nahezu deckungsgleich mit dem höchsten Punkt der europäischen Niederlande (322m) hatte ich mir als „offiziellen“ Startpunkt ausgesucht.

Nach einer kurzen Abfahrt gab es dann erstmal einen Bahnradweg bis zum Erreichen der Maas in Liège/Lüttich. Dieser hatte ein paar kleine Steigungen und Gefälle bis zu etwas mehr als zwei Prozent, fuhr sich bis auf die unvermeidlichen Straßenkreuzungen recht angenehm. Dem Stadtgebiet entkommt man dann durch Industriegebiete, die auch in diesem Bereich das Bild des Flusses prägen.

Zwar gab es am Fluss hin und wieder Sitzbänke als Pausengelegenheiten, diese boten allerdings keinen Wetterschutz – und Schatten war bei fast 30°C beim Anhalten unverzichtbar. So genoss ich am Marktplatz von Huy ein Mittag und noch ein Eis, bevor ich mich auf den Rest des Weges machte, als heutiges Ziel hatte ich Jambes / Namur auserkoren. Die Hotels waren bezahlbar, die Infrastruktur gut. Das waren ab Huy noch etwa 30 Kilometer, die mir allerdings nach dem viel zu späten Essen doch recht schwer fielen.

In Namur hatte ich ein Hotel in Bahnhofsnähe. Nach dem Duschen besorgte ich Saft und Riegel für den kommenden Tag im geöffneten Supermarkt im Bahnhof (Infrastruktur!), dann machte ich einen Spaziergang durch die Stadt. Obwohl ich wenig Appetit hatte aß ich noch eine Kleinigkeit und regulierte auch den Flüssigkeitshaushalt, damit der folgende Tag nicht zum Zwangsruhetag wird.