Abstecher zur Elbe

Nachdem ich an Himmelfahrt ja schon eine Tagestour nach Frankfurt/Oder unternommen hatte, nutzte ich den um 180° gedrehten Wind am Wochenende dann aus, um mit Solon eine gemütliche Liegeradtour in Richtung Elbe zu unternehmen.

Am späten Vormittag machten wir uns von Schlachtensee aus auf den Weg. Erstmal ging es geradewegs über den Schäferberg nach Potsdam: eventuelle Menschenmassen auf dem Uferweg wollten wir vermeiden. Um Potsdams Innenstadt zu umfahren, wählten wir die Strecke durch den Neuen Garten. Die B2 verließen wir bei Neu Fahrland, ab hier wurde es ruhiger auf der Straße, zumal auf dem kurzen Stück B273 ein perfekt ausgebauter Radweg zur Verfügung steht, lediglich die Baustelle an der Einmündung der L92 ist etwas nervig. Auf der Fortführung der L92 nach Ketzin war aber auch nicht viel los, so daß wir in Ruhe fahren konnten.

Die Fähre Ketzin fuhr uns leider genau vor der Nase weg, aber da sie ja zum Glück in relativ kurzen Abständen pendelt, mussten wir vielleicht 15 Minuten warten, bevor wir auf der anderen Seite der Havel auf den Havelradweg einbiegen konnten und bei angenehmen Temperaturen von knap 20°C und leichtem Rückenwind auf dem Haveldeich in Richtung Brandenburg rauschten. Traditionell gab es eine Mittagsmahlzeit im Fischerstübchen kurz hinter Deetz. Das Erklimmen der Götzer Berge ersparten wir uns aufgrund der schlechten Wege mit dem ganzen Gepäck am Rad lieber und zogen stattdessen schnell bis Brandenburg durch, wo wir uns ein leckeres Eis gönnten.

Von Brandenburg nach Rathenow hatte ich den bewährten Weg auf der L98 gewählt. Dort geht es zwar nicht ganz so beschaulich zu wie auf dem offiziellen Havelradweg, allerdings erspart man sich einige Kilometer und kommt recht schnell bis Rathenow durch. Dafür ist der Weg zu guten Teilen auch eher langweilig und ab und an muß man mit etwas Verkehr rechnen.

In Rathenow wird derzeit auf der Hauptstraße gebaut, mit dem Rad kommt man (außerhalb der Betriebszeiten der Baustelle) allerdings halbwegs passabel durch. Am Ortsrand veresorgten wir uns für alle Fälle mit etwas Frühstück für den kommenden Tag, dann bogen wir wieder auf den Havelradweg ein. Dieser führt ab hier durch ein Naturschutzgebiet und über den Truppenübungsplatz Klietz, durch Göttlin und Grütz, bevor es bei Neu-Schollene wieder zurück auf – relativ verkehrsarme – Straßen geht.

Wir folgten hier nicht der Route nach Havelberg, sondern fuhren nach Kamern, wo wir auf ein nettes Restaurant (ein altes Schiff, das auf Land steht) hofften. Dies war leider geschlossen, so daß wir uns an der Imbißbude des später beginnenden Dorffestes versorgen mußten – mit einer eher bescheidenen Auswahl.

Weit konnten wir nicht mehr fahren, zum einen stimmte Solons Sitzabstimmung noch nicht, so daß er mehr als eine kleine Pause benötigte, zum asnderen wurde es bald dunkel, so daß wir uns ein Lager suchen mussten. Ein kleines Stücvk weiter verließen wir also die Straße auf einem kleinen Weg, schoben dann die Räder am Waldrand entlang und schlugen unser Lager abseits auf.

Leider hatte keiner von uns an Mückennetze oder Mückenschutzmittel gedacht, so daß die Viecher schon bald ziemlich zu nerven begannen und wir uns in unsere Schlafsäcke flüchteten. Zudem trug der Wind die Musik vom Fest in immernoch erheblicher Lautstärke bis in den frühen Morgen zu uns herüber – ich zumindest habe nur bedingt gut geschlafen – und mir diverse Mückenstiche im Gesicht und an einer Hand, die zwischenzeitlich außerhalb des Schlafsackes lag, eingehandelt.

Den Morgen begannen wir zunächst mit einer Fahrt zur Elbe: Bei Wulkau überquerten wir die B107 und fuhren dann auf dem Elbradweg im Bogen nach Sandau. Herrliche Landschaft – hier hätten wir unser Lager aufschlagen sollen. Aber da ich diesen Abschnitt vorher nicht kannte, war das am Abend schwer vorherzusagen. Zwar verläuft hier auf dem Deich ein Plattenweg, allerdings in größtenteils guter Qualität – was sich bei Sandau allerdings ändert, so daß wir dort auf den Radweg entlang der B107 auswichen und zunächst nach Havelberg fuhren, wo wir im Bilderbuch-Café ein Frühstück genossen (anstatt unser Brot und Käse aus den Vorräten zu verspeisen).

Der SOnntag war sonniger und wärmer als der Samstag, aber es war klar, daß Solon nicht mehr ewig würde mit der derzeitigen Sitzkonfiguration fahren können. Den Plan, bis Schwerin zu fahren begruben wir also und ließen uns stattdessen etwas Zeit auf dem Weg nach Wittenberge. Der Havelradweg, der südlich von Havelberg abzweigt, hat hier eine gute Qualität und führt durch sher schöne Landschaften. Natürlich waren an diesem Tag sehr viele Radler unterwegs, aber nicht so viele, daß es wirklich störend wurde.

Nach dem Queren der Havelmündung empfiehlt es sich, der Hauptroute des Radwegs zu folgen, die Alternativroute südlich des Gnevsdorfer Vorfluters ist ein Plattenweg in nicht gerade guter Qualität, die Hauptroute auf der Nordseite des Vorfluters dagegen asphaltiert und perfekt fahrbar. Da es langsam sehr warm wurde, legten wir noch eine Pause im Dörpkrug an Diek in Abbendorf ein, um usn mit Apfelschorle zu kühlen. Bis Garsedow fuhren wir fats ohne Probleme durch – nur an einer Stelle ist nicht markiert, daß der Radweg oben auf dem Deich weitergeht – folgt man der asphaltierten Straße hinter dem Deich ist 100m nach der Auffahrt abrupt Schluß in der Wiese. Wohl dem, der die Strecke nachts mit hoffentlich guter Beleuchtung fährt.

Kurz vor Wittenberge erlaubten wir uns noch einen Abstecher an den Elbstrand und steckten unsere Füße ins Kühle Wasser, dann fuhren wir zum Bahnhof, besorgten Fahrkarten und nutzten die Wartezeit noch für ein Eis. Im erstuanlich leeren Regionalexpress – vermutlich da es erst früher Nachmittag war, fuhren wir dann nach Berlin zurück.

Die Tour war schön – und Solon zog seine Schlüsse zur Modifikation seines Sitzes bzw. der Sitzauflage für die nächste Tour.

Riding the Beast

Ein Gedanke.

Adrenalin.

Das Biest ruft.

Herzklopfen.

Seit Hamburg-Berlin stand die Rennliege im Keller. Sie ist kein Rad für den Winter. Aber jetzt kommt der Sommer. Es ist warm, lange hell. Heute eröffnete ich meine persönliche Rennradsaison.

Es ist jedesmal wieder wie beim ersten mal. Der Lowracer macht mich nervös. Der Kopf erinnert sich an die ersten Versuche, das Ding zu bewegen. Es ist, wie ein wildes Pferd: Du musst sein Vertrauen gewinnen, dann zeigt es Dir, was es kann. Es wird Dich vielleicht akzeptieren, aber zahm wird es nie.

Als ich nach Hause kam, gönnte ich der Kette etwas Schmierung, den Reifen etwas Luft. Umziehen. Gedanken. Will ich das jetzt wirklich? Mich mit dem flachen Flitzer in den Verkehr wagen? Ist ja ganz schön schwül draußen. Nervosität. Herklopfen. Adrenalin. Egal – los jetzt.

Ich gehe zur Bushaltestelle auf der anderen Seite der Straße, da habe ich schön viel Platz. Der Kopf erinnert sich an die ersten erfolglosen Versuche, mit der Rennliege loszufahren. Aber der Körper, der erinnert sich, wie es geht. Ein Tritt in die Pedale – ohne Schlingern und ohne Probleme fahre ich los. Die Nervosität, die Angst ist wie weggeblasen, Aufregung tritt an ihre Stelle. Locker geht es den Südwestkorso runter. Sanftes Warmfahren mit 35. Ich habe mir vorgenommen, nicht zu übertreiben, nur ganz lockeres Fahren, um mich wieder dran zu gewöhnen.

Ich fahre nur die Krone auf und ab. 40 km/h ist mein Richtwert. Nicht übertreiben. Es macht Spaß. Es ist schön. Ich passe auf, heute niemanden zu provozieren, muß mich erst wieder an die extrem flache Liegeposition gewöhnen. Aber ganz kalt läßt es mich trotzdem nicht, wenn ich an den flotten Rennradlern mit ihren Carbonschleudern vorbeiziehe. Da ist mehr drin, da ist Spielen drin – aber nicht heute.

Nach 60 Kilometern mit einem sanften 35er Tachoschnitt von Haustür zu Haustür komme ich nach Hause.

Jura 2012: Mein Fazit

Dies war  meine erste ernsthafte Begegnung mit Bergen auf dem Fahrrad im Allgemeinen und auf dem Liegerad im Speziellen. Zwar hatte ich ich ein paar Schnupperhöhenmeter mit Gepäck schon auf der Südwest-2011-Tour an der Costa Brava und in Tschechien, aber die Intensität der Steigungen auf mehreren Streckenabschnitten hintereinander hatte hier schonmal eine andere Qualität.

Persönliche Erfahrung

Grundsätzlich habe ich die Steigungen besser weggesteckt, als ich erwartet hätte. Rein körperlich war das Meiste kein Problem. Einige Pausen musste ich machen zum Abkühlen, ich habe am Ende des Tages die Beine gespürt wie sonst selten auf Touren. Aber alles zusammen hielt sich in Grenzen. Ich hatte nicht das Gefühl, hier wirklich an die Grenze meiner Leistungsfähigkeit zu stoßen. Ich kann mir vorstellen, längere und vielleicht auch noch höhere Bergetappen zu fahren. Vielleicht sind doch irgendwann die Alpen oder die Pyrenäen an der Reihe. Ich habe noch immer einen Heidenrespekt davor, denn mir ist klar, daß da noch weit mehr auf mich wartet als im Jura, aber auch sehr viel Vertrauen gewonnen, daß das für mich zu bewältigende Herausforderungen sind, wenn auch vielleicht welche, die mich dann wirklich an die Grenzen bringen.

An der mentalen Seite muß ich noch arbeiten. Ich habe über die vielen tausenden eher flachen bis hügeligen Kilometer meiner Touren einige Dinge verinnerlicht, die so auf Bergetappen nicht aufgehen. Viel zu oft treffe ich vor diesem Hintergrund Entscheidungen aus dem Bauch heraus, die von der rein sachlichen Betrachtung ungünstig sind. Sich einfach im Kopf damit abzufinden, daß auch mal 100km an einem Tag reichen – oder eben auch weniger. Nicht automatisch davon auszugehen, daß 10 oder 20 Kilometer eben immernoch mal eben problemlos drin sind. Oder auch den häufigen Wechsel der Kleidung zu akzeptieren: 12°C bei knappen 10% Steigung ohne nennenswerten Fahrtwind sind schnell ziemlich warm. 17°c bei einer kilometerlangen Abfahrt mit 50 bis 70 km/h können ziemlich kalt sein, wenn man keine winddichte Jacke über die vom Aufstieg schweißnassen Klamotten streift. Alles keine Überraschungen, alles mit dem Verstand leicht zu erfassen – aber es verinnerlichen und auf der Fahrt die richtigen Zeitpunkte treffen, das fehlt noch etwas.

Das Fahrrad

Auch wenn mir der direkte Vergleich fehlen mag, aber für Touren zumindest kann ich die Vorurteile gegen das Liegerad in den Bergen nicht nachvollziehen. Das Gewicht eines vergleichbar ausgestatteten Trekkingbikes ist in der Regel nicht so viel geringer und ich habe keinen Tourenfahrer gesehen, der an einer Steigung exzessiv von der Möglichkeit des Wiegetritts Gebrauch gemacht hätte (na gut, ich habe insgesamt wenige Tourenfahrer gesehen). Weder hatte ich auf der Speedmachine selbst bei größeren Steigungen das Gefühl hintenüber zu kippen, noch irgendwelche unangenehmen Erfahrungen bei der Abfahrt, bei letzterer fühlte ich mich eigentlich recht sicher im Sitz aufgehoben, auch bei starkem Abbremsen vor den Kurven.

Bevor weitere Bergtouren anstehen werde ich dennoch versuchen, die Speedmachine mit größeren Bremsscheiben auszustatten. Die 160mm-Scheiben werden schnell heiß und geben und sind bei starken Gefälle mit Gepäck  auch am Rande der Leistungsfähigkeit. Ich hoffe, mit 180mm-Scheiben da einfach ein bischen mehr Reserve an Bremsleistung zu haben. Die Kontrollierbarkeit der Speedmachine bei starkem Abbremsen jedenfalls gibt sicher noch einiges her.

Die Jura-Route

Die Radrouten in der Schweiz sind hervorragend ausgeschildert. Selbst ohne Navi stellt es kein Problem dar, ihnen zu folgen – egal ob irgendwo auf dem Land oder in Innenstädten. Die Jura-Route geht größtenteils über wenige befahrene Straßen oder auch schöne Radwege. Leidglich an einigen Stellen zweigt sie auf unbefestigte Wege ab. Größtenteils bin ich diesen diesmal gefolgt, beim nächsten mal würde ich aber auf den unbefestigten Abschnitten durchweg die Straßenumfahrung wählen. Zum einen sind auf dem bepackten Tourenrad – und da schließe ich Aufrechträder mal einfach mit ein – selbst kurze steile Rampen auf unbefestigten Wegen sehr unangenehm zu fahren, zum anderen boten die Routen zwar die Möglichkeit abseits des (ohnehin dünnen) Autoverkehrs zu fahren, allerdings kaum wirklich spektakuläre Aussichten, die man anders nicht bekommen hätte – im Gegenzug wurde man auf ihnen aber das ein oder andere mal um den wirklichen Pass mit entsprechendem Schild (und dem obligatorischen Foto) „betrogen“. Dies gilt im übrigen zum Teil auch für den Col de Marchairuz, wo die Umfahrung zwar (soweit ich sie gefahren bin) asphaltiert war und die Unfahrbarkeit mit dem Schnee einfach mal auf die späten kalten Tage und meine frühe Reisezeit zurückzuführen sind, allerdings ich auch ohne den offziellen Pass hätte auskommen müssen.

 

Jura 2012: Nyon, Basel, Rückreise

Mein Zug von Nyon nach Basel SBB war für ca. halb zwölf gebucht, so konnte ich gemütlich ausschlafen, nochmals das gute Frühstück in meinem B&B genießen und schließlich noch ein wenig die Teile von Nyon anschauen, die bei meinem Besuch bisher zu kurz gekommen waren. Den Markt mied ich allerdings größtenteils mit dem bepackten Fahrrad.

Mit einem Neigezug fuhr ich von Nyon aus direkt bis Basel, teilweise nahe der Strecke ich ich in den letzten Tagen Rad zurückgelegt hatte, wenn auch nie über die ganz spannenden Passagen, die wohl eher kleineren Pendelzügen zu den Dörfchen am Wegerand vorbehalten sind. Trotzdem gab es einige interessante Streckenführungen. Zudem fiel mir auf, daß es durchgehend guten Empfang auf dem Mobiltelefon gab – selbst in den diversen Tunnels.

In Basel angekommen hatte ich noch einen halben Tag Zeit. Zunächst machte ich einen Abstecher nach Weil am Rhein, da ich keine Franken mehr in der Tasche hatte, wollte ich dort etwas günstiger und in Euro bezahlbar Essen. Leider erwies sich das am frühen Nachmittag als völlige Fehlkalkulation. Entlang der Geschäftsstraße gab es nur ein paar Cafés oder Dönerbuden. Das einzige gesichtete italienische Restaurant war am Samstag Nachmittag geschlossen. Das Publikum und das zu erwerbende Essen in den Dönergrills am Straßenrand machte einen eher unterirdischen Eindruck.

An der Dreiländerbrücke gab es ein riesiges Einkaufszentrum mit riesigen Mengen von Autos ringsherum. Ein Restaurant, wo ich das Rad in Sichtweite hätte abstellen können fand sich nicht. Dafür setzte Regen ein. Ich flüchtete mich in die Parkhauseinfahrt und war entsetzt ob der Unmengen von Blechbüchsen, die sich mehrspurig in das Gebäude drängten. Und ich war froh, als es aufhörte zu regnen und ich diesen Ort endlich verlassen konnte.

Auf der französischen Seite sah es noch trister aus. Nach dem Überfahren der Dreiländerbrücke gab es quasi keinerlei Anzeichnen von Leben. Also fuhr ich zurück nach Basel – mit einem Umweg zum Badischen Bahnhof, wo ich mir erstmal meine Fahrkarte aus dem Automaten zog. Restaurants waren auch hier in Teilen der Stadt, die ich durchstreifte Mangelware. Auf der Promenade am Rheinufer gab es nur die drei bekannten Restaurants vom Hinweg. Zwei davon hatten geschlossen, das dritte bot um 17 Uhr kein warmes Essen an und war voll. Erst etwas weiter in Richtung Bahnhof in einer Fußgängerzone wurde ich fündig. Und arm.

Den Rest der Zeit verbrachte ich dann erst im Bahnhof Basel SBB, später im Badischen Bahnhof, bis abends mein Nachtzug gen Heimat fuhr. Das Abteil teilte ich mit einem Schnarcher, den ich erst durch zweimaliges nicht allzu leises aufs-Klo-Gehen ruhigstellen konnte. Da mein Abteilgenosse schon in Halle ausstieg, war aber auch danach die Schlafphase nicht mehr allzu lang. Das nächste mal also lieber weniger Geld für das Essen ausgeben und einfach ein paar Brötchen im Supermarkt kaufen, dafür aber Geld ein ein Super-Deluxe-Einzelabteil im Nachtzug investieren.