Vice-le-Comte – Issoire (- Béziers)

Nach dem Aufwachen fühlte ich mich ganz gut. Ich frühstückte, heute aus meinen gekauften Vorräten, packte meine Dinge zusammen und setzte mich aufs Rad. Die Beine fühlten sich gut an und ich konnte sogar halbwegs Leistung treten.

Hinter Vic-le-Comte ging es erst einmal ein Stück bergauf. Und hier meldete sich dann doch schnell der Bauch wieder. Nicht schlimm, aber ich wollte es nicht auf die Probe stellen und ging zu Plan B über. Dieser führte mich nach Issoire, von wo aus es eine Bahnverbindung Richtung Béziers am Mittelmeer gab. Das führte zwar den Namen der Tour – Zentralmassiv 23 – etwas ad absurdum, weil ich an selbigem mit dem Rad nur gekratzt hatte, allerdings wollte ich mich hier nicht stressen.

Das Ticket war am Schalter schnell besorgt, dann hatte ich noch etwas Zeit in Issoirs. Ich fuhr einige Runden durch den Ort, dann trank und aß ich noch etwas und buchte ein Hotel, bevor mein Zug gegen halb zwei losfuhr.

Nach dem Umstieg in Neussargues unterhielt ich mich noch mit einem netten anderen Fahrgast, der perfekt deutsch konnte. Zusammen mit den Ausblicken auf die spektakuläre Landschaft ging die Fahrt dann doch recht schnell vorbei. In Béziers angekommen fuhr ich hinauf zu meinem Hotel. Ein altes Gefängnis, die Zimmer sind alte Zellen, allerdings mit eigenem Bad etc. mittlerweile größer und komfortabler hergerichtet, als zur Zeit ihrer originären Benutzung.

Als Abendbrot gönnte ich mir Gallette, dann ließ ich den Blick über Stadt & Land streifen und verzog mich in meine Zelle. Eine Idee, wo ich am nächsten Tag hin wollte, hatte ich noch nicht. Aber definitiv wollte ich in Richtung Meer.

Vic-le-Comte (Ruhetag)

Nach dem Aufwachen schrieb ich meiner Gastgeberin eine Nachricht: “Ich brauche nur ein kleines Frühstück, weil ich Magenprobleme habe. Kann ich noch einen Tag länger bleiben?” – sie brachte mir ein nettes Frühstück, viele Teebeutel und sagte mir, dass ich gerne einen weiteren Tag bleiben konnte. Damit war der Ruhetag eingeplant.

Das Frühstück vertrug ich gut, aber gesund fühlte ich mich noch nicht. Nach einem ruhigen Morgen wagte ich den Gang in den Ort, besorgte mir – nur zur Sicherheit – einen Coronatest (der erwartungsgemäß negativ ausfiel) und stellte fest, dass der kleine Supermarkt im Ort zu hatte.

Ich machte also einen Spaziergang zum eineinhalb Kilometer entfernten großen Supermarkt und besorgte mir verdauungsfreundliche Speisen und Getränke. Den Rest des Tages verbrachte ich in meinem kühlen Taubenschlag. Erst Abends kamen die Lebensgeister wieder und ich hatte sogar Appetit auf eine volle Mahlzeit. Außer einem Pizzaautomaten und einem Pizzabäcker bot der Ort nur ein Restaurant, das an drei Tagen der Woche offen hatte – aber nicht an diesem.

Die Entscheidung fiel also zwangsweise auf Pizza (nur zum Mitnehmen, nicht vor Ort), aber ich war mittlerweile zuversichtlich und es ging mir unerwarteterweise auch danach noch gut. So traf ich die Entscheidung am nächsten Tag die Weiterfahrt zu wagen. Wenn auch mit einem Plan B.

Vichy – Vic-le-Comte

Der Morgen begrüßte mich mit einem flauen Gefühl. Dennoch ging ich zum Frühstück und machte mich an die Energieaufnahme, wenn auch mit wenig Appetit. Nach dem Frühstück auf dem Zimmer rebellierte mein Bauch quittierte das Frühstück mit einem druckvollen Flüssigkeitsverlust. Schlechter Start, aber ich wollte es versuchen. Tags zuvor war das Flausein noch am Vormittag auf dem Rad wieder verschwunden.

Ich setze mich also auf’s Rad und fuhr los. Die erste Pause machte ich in Maringues – und musste auch dort wieder Flüssigkeitsverlust beklagen, mehr als ich an Getränken zu mir nehmen konnte. Da die Temperaturen schon wieder nahe an der 30°C-Marke lagen und weiter stiegen ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Trotzdem versuchte ich weiter zu fahren. Richtung Leistung brachte ich nicht.

In Pont-du-Chateau die nächste Pause. Der Bauch war leer, trinken ging, aber den Versuch auch nur ein Sandwich zu essen gab ich nach der Hälfte auf. Die Temperaturen lagen mittlerweile jenseits der 30°C. Ich suchte mir eine Unterkunft, der nächste Ort mit brauchbaren B&B war Vic-le-Comte. Nicht weit entfernt, aber durchaus ein paar Höhenmeter dazwischen.

In Vic-le-Comte kam ich in einem liebevoll zur Ferienwohnung umgerüsteten Taubenschlag unter. Nach dem Duschen checkte ich noch die Supermarkt-Situation, um mir zumindest eine Kleinigkeit zu kaufen. Dann schlief ich allerdings ein und wachte erst auf, als beide Supermärkte im Ort bereits geschlossen hatten. An Essen war eh nicht zu denken und so blieb ich einfach, wo ich war.

Mit dem Einschlafen reifte die Entscheidung, am kommenden Tag einen Ruhetag einzulegen. Alles andere war sinnlos.

Cercy-la-Tour – Vichy

Draußen maunzte eine Katze, als ich aufwachte. Ich hatte gut geschlafen, aber mein Bauch war etwas flau. Trotzdem ging ich erst einmal zum Frühstück, es gab leckere Dinge, viele von den Gastgebern, einem Schweizerisch-Peruanischen Paar, selbstgemacht.

Auf dem Rad war ich erst gegen dreiviertel zehn. Mit einer kleinen Abfahrt ging es für die nächsten rund 15km noch auf dem flachen Radweg am Canal du Nevernais entlang, die Temperaturen lagen bei noch halbwegs angenehmen 27°C und ich musste mich bereits mit dem Buff vor übermäßiger Sonne schützen. Die Beine hatte ich gut eingecremt und dies schien auch zu helfen.

In Campvert erreichte ich den Abzweig meiner “a”-Route, ich hatte mich aber schon am Vortrag entschieden, die “b”-Route zu fahren. Mehr Höhenmeter, dafür 60 Kilometer kürzer bis zur Zusammenführung beider Optionen nahe des Mittelmeers. Zudem bot die Route die Möglichkeit, durch Vichy zu kommen. Zunnächst stand aber nach Decize, wo es über die Loire ging und ich den Eurovelo 6 kreuzte, Moulins auf dem Plan.

Kurz hinter Decize wich ich von meiner geplanten Route ab, denn diese war auf eine verkehrsärmere Strecke gelegt, was am Sonntag aber keine Rolle spielte, und beim Abbiegen merkte ich, dass dort anderer Asphalt mit deutlich erhöhtem Rollwiderstand (“Bremsbelag”) verbaut war. Ansonsten ließ sich der Tag gut an, obwohl sich mein Bauch nicht ganz beruhigen wollte.

So war ich schon früh in Moulins und entschied wegen des dort stattfindenden Marktes, dem Trubel zu entfliehen und erst einmal weiterzufahren. Eine Entscheidung mit Risiko, aber ich hatte beim besten Willen keinen Hunger. Da es direkt an der Allier keinen Radweg gibt, fuhr ich parallel zur Nationalstraße auf kleinen Straßen, wo mir de facto kein Auto begegnete.

Quellen in Vichy

In Varennes-sur-Allier bog ich in den Ort ab, hatte auf die Pizza keinen Appetit und trotz anderer Info in Google Maps hatte keine der Boulangerien offen. Ich begnügte mich also mit Kaltgetränken und einem Griff in meine Vorräte, bevor es weiter ging. Bis kurz vor Saint-Germain-des-Fossés kürzte ich auf einer größeren Straße ab, dann ging es bald schon nach Vichy hinunter.

In Vichy suchte ich eine Brasserie in der Innenstadt, wo ich zumindest einen Mitleidsapfel bekam. Es hätte im Zentrum auch mehr gegeben, aber ich stellte fest, dass auf den kommenden 20-30 Kilometern, die ich in der Sonne noch gefahren wäre, entweder Orte mit Essen, aber ohne Unterkunft oder umgekehrt waren. So blieb ich nach nur 110 Kilometern in Vichy, suchte mit ein Hotel und machte nach einer Dusche einen Stadtrundgang mit Snack, bevor ich kurz nach 19 Uhr am Ufer des Flusses zu Abend aß.

Zwar war ich nicht so weit gekommen, wie ich wollte, aber der schöne Ort mit seinen berühmten Quellen und das tolle Restaurant am Fluss ließen die Zweifel schnell verfliegen und Urlaubsfeeling aufkommen.

Coulanges-sur-Yonne – Cercy-la-Tour

Nach einem doch eher französischen Frühstück und der Erkenntnis, dass für die Touristen sogar Müsli bereitgestellt wird, jedoch scheinbar wenig über die Anwendung bekannt ist (keine Schüsseln, keine kalte Milch), ging es direkt wieder auf den Radweg, sogar halbwegs zeitig, kurz nach zwei Niederländern, die im selben Hotel übernachtet hatten.

Dorf am Kanal

Es sollte nicht nur warm, sondern auch sehr sonnig werden. Ich hatte also vorgesorgt und alle eventuell freien Hautstellen mit Sonnencreme versorgt. Zusätzlich entschied ich, mit Buff über Mund und Nase und langen Hosen wegen des Sonnenbrandes an den Beinen zu fahren. Nicht die angenehmste Entscheidung bei der zu erwartenden Temperatur, aber vermutlich besser, als wenn die Sonne weiter auf den Sonnenbrand brennt – selbst mit 50er Sonnencreme.

Nach etwa 15km traf ich die beiden Niederländer wieder, sie machten an einem der schönen Rastplätze eine Kaffeepause (hatten einen Kocher dabei) und boten mir direkt welchen an. Ich blieb jedoch lieber bei kalter Schorle aus der Trinkblase, gesellte mich aber ein paar Minuten zu ihnen.

Die Fahrt am Kanal ist ruhig und schön, um die Jahreszeit trifft man ein paar Angler, ein paar Rennradler und selten auch mal andere Radtouristen – meistens ist man jedoch allein. Auf dem Wasser, aber fast nur an Schleusen oder Häfen, trifft man auch Hausboottouristen – auch diese im September eher wenig.

Marienstatue in Cercy-la-Tour

Unerwartet kam, wenn auch vor meiner gefühlten Mittagessenzeit schon um Viertel vor zwölf, die Gelegenheit auf ein Mittagessen in einem kleinen Restaurant an einem der Häfen. Ich nutzte das aus, denn ein Blick auf die Karte verriet, dass die Zahl sicherer Orte für gastronomische Versorgung auf den nächsten 60 Kilometern gegen null tendierte – vor allem aber innerhalb des Zeitfensters 12-13 Uhr.

So ging es gestärkt weiter. Wegen meiner warmen Bekleidung und der Hitze und mangelnden Kondition kam ich dennoch nicht so gut voran, wie es auf dem flachen Stück zu erwarten gewesen wäre. Zudem war der Asphalt auf dem Radweg seit Coulanges-sur-Yonne auch relativ rauh, so dass er zusätzlich bremste. Die hoch stehende Sonne und die Ausrichtung des Radweges führten dazu, dass ab dem Mittag auch nicht mehr allzu viele Abschnitte Schatten boten.

In Cercy-la-Tour setzte ich mich auf eine Bank. Den Plan bis Moulins zu fahren – noch etwa 45 Kilometer – hatte ich aufgegeben, ich musste aus der Sonne. Ich suchte eine Unterkunft in Decize, meinem Abzweig vom Canal du Nevernais – doch dort war die Situation mau. Also entschied ich stattdessen, eine hübsche Unterkunft direkt in Cercy-la-Tour zu nehmen. Da das Zimmer noch nicht bereit war, vertrieb ich mir die Wartezeit im geöffneten Café des örtlichen Campingplatzes.

Nachdem ich das wunderschöne Zimmer beziehen konnte, duschte ich und wusch meine Sachen aus. Dann ging es auf eine kurze Erkundungsrunde durch den Ort und zur örtlichen Pizzeria (die einzige Gastronomie außer dem Campingplatz).