Micha und ich trafen uns um halb neu auf dem Tempelhofer Feld, um gemeinsam zum Bahnhof Ostkreuz zu fahren. Dort verließ mit ein paar Minuten Verspätung unser ICE den Bahnhof mit Ziel Essen, wo wir nahezu pünktlich ankamen.
Micha auf dem RS1
In Essen folgten wir der Ausschilderung für den Radverkehr (die nahezu unserer geplanten Route entsprach), um nach kurzer Zeit den Radschnellweg RS 1 zu erreichen. Eine gut ausgebaute Strecke, wenn auch an einige Stellen nicht asphaltiert, sondern mit wassergebundener Oberfläche, die aber bisher auch nur zeigt, wie es mal sein könnte – denn die 12 Kilometer bis Mülheim a.d. Ruhr sind nur ein kleiner Teil des geplanten Weges.
In Mülheim folgt ein Abschnitt mit eher ernüchternder Radinfrastruktur, aber bald geht es zumindest mit halbwegs ausgebauten Wegen neben der Straße weiter und dann erreichen wir Duisburg und machen einen kurzen Foto-Stopp an der Stelle, wo die Ruhr in den Rhein mündet.
Bahnradweg im Kempen
Nachdem wir über die A40-Brück den Rhein passiert haben, wird es weniger urban. Wir durchqueren zwar noch einige Orte, aber auf kleinen, ruhigen Straßen und folgen dann immer öfter Wirtschaftswegen in Richtung Kempen. Dort angekommen biegen wir auf einen Bahnradweg ab, der uns als ruhiger Ausklang bis zu unserem Tagesziel Nettetal führt.
In Nettetal checken wir im Hotel ein, nachdem wir uns frisch gemacht haben, suchen wir uns ein Restaurant im Zentrum des Ortes. Mit einem kleinen Spaziergang beschließen wir den Tag.
Kurzfristig hatte sich eine bessere, als die ursprünglich geplante Verbindung ergeben mit freien Fahrradplätzen. So konnte ich entspannt morgens frühstücken und dann in den Regionalzug nach Baden-Baden steigen, der allerdings mit Fussballfans relativ voll war. Irgendwie funktionierte es dann aber doch mit dem Ein- und Aussteigen.
Für Baden-Baden hatte ich sicherheitshalber etwas Puffer eingeplant. Da das örtliche Einkaufszentrum keine fahrradgerechten Möglichkeiten bot und mir die Innenstadt zu weit vom Bahnhof war, landete ich nach einer kurzen Erkundungsrunde in einem Café am Bahnhof, wo ich die Zeit verbrachte, bis mein Zug fuhr. Alles klappte, eine wegen Notarzteinsatz eingefahrene Verspätung von fast 30 Minuten in Frankfurt hatten wir bis Berlin wieder vollständig herausgefahren. Es folgte dann nur noch eine kurze Fahrt vom Südkreuz nach Hause.
Offenburg bot nicht so viel, in Freiburg gab es aber eine Demonstration zum Globalen Klimastreik. So nutzte ich die Gelegenheit des Ruhetages und traf mich dort mit ein paar Leuten, um für die Einhaltung der Klimaziele zu demonstrieren und dann abseits noch etwas Freiburg zu erkunden.
Vor der Kundgebung hatte ich noch die Möglichkeit, auf den Schlossberg zu laufen, später waren wir noch beim Food Sharing Markt gemeinsam essen, bevor es – nach Besuch der lokalen Energiewende Gruppe – zurück ins Hotel nach Offenburg ging.
Eine letzte und im Gegensatz zu den vorherigen Tagen kurze Etappe stand an. Ich ließ mir Zeit beim Frühstück, sattelte das Rad und dann ging es nach wenigen hundert Metern auf den Radweg.
Beim Frühstück hatte ich geschaut, wohin es gehen sollte. Dabei stand die Frage im Raum: Wo sollte ich übernachten, wann und von wo gab es Optionen mit dem Zug nach Berlin zu fahren. Am liebsten wäre ich nur die kurze Strecke bis Freiburg gefahren, dort war aber an Unterkünften wenig brauchbares übrig, so entschied ich mich für Offenburg, das bahntechnisch hinreichend gut nach Freiburg oder Karlsruhe angebunden ist. Ein Radreservierung ab Karlsruhe hatte ich für den Samstag ergattern können.
Kurz hinter Mulhouse nach der Abbiegung vom EV6 geht es dann ein paar Kilometer schnurgerade durch den Wald, dann folgen einige Landstraßen und ein Bahnradweg – ich halte mich hier nicht komplett an die ausgeschilderten Radrouten. Neuf-Brisach, die tolle Festungsstadt, ließ ich diesmal links liegen und fuhr an den Kanal in Richtung Straßburg. Ich wusste, dass dort in Höhe Marckolsheim direkt am Radweg an alten Schleusen zwei Möglichkeiten für ein Mittagessen bestanden, eine davon nutzte ich auch.
Nach dem Buchen eines Hotels baute ich am Handy noch einen guten Track nach Offenburg und lud ihn ins Navi, dann fuhr ich die letzten 60 Kilometer der Tour, größtenteils am Kanal.
Da ich früh genug im Hotel war, verabredete ich mich noch abends zum Essen in Freiburg, wo ich mit dem Zug hinfuhr.
Die heutige Etappe würde wieder länger werden, denn der Weg bis Besancon wäre zu kurz für die Restplanung und danach kommt bis Montbeliard nicht mehr viel, wenn man Restaurant und Unterkunft sucht. So standen rund 155 Kilometer an. Also packte ich bereits wieder vor dem Frühstück und war dann um 9 Uhr abfahrbereit. Das Wetter war grau und regnerisch.
Der Weg führt ab Dole mäßig aufwärts – immer am Kanal entlang, ab und zu kommt eine Schleuse, wo es mal zwei Meter auf einer kleinen Rampe hoch geht. Es gibt ein paar kleine Ausnahmen, wo der Weg vom Kanal abweicht und man über einen kleinen Hügel muss, keine wirklich großen Dinge.
Schon auf dem Weg fielen mir die – immerhin immer gut angekündigten – Erhaltungsmaßnahmen an der Strecke auf. Mal war ein Uferabschnitt gesperrt, weil er komplett neu asphaltiert wurde, mal waren nur Ausbesserungsarbeiten im Gange. Immer aber gab es eine gut ausgeschilderte Umleitung. Meist ging es um einen Kilometer.
Irgendwo aber kam „Route Barree“, die Absperrungen waren aber beiseite gestellt. Ich fuhr vorsichtig den Weg entlang, und wirklich waren zwar ein paar ausgebesserte Stellen mit Hütchen, aber keine Bauarbeiten zu sehen. Ich fragte eine entgegenkommende Läuferin, ob man durchkäme und sie meinte, das ginge.
Tja, zu Fuß hatten die Bauarbeiter sie wohl durchgelassen, für mich mit dem Rad war dann aber doch Ende und ich musste mir eine eigene Umleitung suchen. Die Wahl stand zwischen einer Nationalstraße mit starkem LKW Verkehr oder direkt über einen Berg. Ich entschied mich für Zweiteres.
Bald kam dann Besancon, ein sicherer Ort für ein Mittagessen. Ich war recht früh dort, aber ein Restaurant am Weg öffnete gerade und ich konnte ausgiebig Mittagessen, denn das Frühstück war nur ein typisch französisches gewesen. Wegen des Abstechers in die Altstadt fuhr ich diesmal nicht durch den Kanaltunnel, den ich aber von vorherigen Reisen schon kannte. Östlich von Besancon folgt die Route dem Doubs bzw. dem Kanal im Wechsel durch ein wunderschönes Tal – meiner Meinung nach einer der schönsten Abschnitte auf der Strecke.
Während der Pause hatte ich nach Übernachtungsmöglichkeiten in Montbeliard geschaut – was allerdings auf den ersten Blick enttäuschend aussah, 20 Kilometer weiter in Belfort schienen aber noch ein paar Notfalloptionen offen zu sein. Ich wollte es also wieder drauf ankommen lassen und vor Ort etwas finden.
Zunächst stand ich aber vor einer weiteren Umleitung. Diesmal ging ich nicht das Risiko ein, es trotzdem zu versuchen, sondern folgte den Deviation Schildern. Die Umleitung erwies sich als relativ langer und hügeliger Umweg, aber ein Blick auf die Karte ergab, dass es keine anderen sinnvollen Alternativen gab. Immerhin war der Weg aber nahezu frei von sonstigem Verkehr. Auch verzogen sich die mich den Tag über begleitenden leichten Schauer.
Nach gut 165 Kilometern kam ich gegen 18 Uhr in Montbeliard an. Die Stadt liegt auf einer Anhöhe, aber im Hafen gibt es in der Capitainerie eine Außenstelle der Tourist Information. Dort saß eine freundliche Dame, die – ich kam dem Elsass ja immer näher – sogar recht gut deutsch sprach. Sie gab sich aller erdenkliche Mühe, aber wegen einer Messe war weder in Montbeliard, noch in Belfort etwas zu machen. Ich überlegte Alternativen. Der nächste größere Ort war Mulhouse – dort gab es Unterkünfte, die auch für Radreisende geeignet waren. Entfernung: noch 50 Kilometer. Die Frage hieß Bahn oder Königsetappe. Natürlich entschied ich mich für letzteres.
Da die Checkinzeiten begrenzt waren, hieß es in die Pedale treten. Zum Glück geht es ab Höhe Belfort dann tendentiell eher abwärts und der Weg ist störungsfrei ausgebaut, so dass ich mit ordentlicher Geschwindigkeit fahren konnte. Ich rief zwischendurch Micha an, der die Strecke und die Radtouren gut kennt, und bat ihn am Live Tracking ein wenig Schutzengel zu spielen. Er lieferte mir dann gelegentliche Motivation und Updates, ohne dass ich dafür das Handy zücken musste.
Kurz nach Sonnenuntergang nach nicht einmal zwei Stunden kam ich in Mulhouse an. Die vielen Einbahnstraßen und Baustellen gestalteten die letzten zwei Kilometer noch einmal etwas abenteuerlich, aber ich erreichte mehr als pünktlich das Hotel, konnte sogar noch duschen und danach in der Stadt etwas essen.