Nach dem gemeinsamen Frühstück nutzten wir die Möglichkeit, mit dem Wohnmobil nach Germersheim mitgenommen zu werden – wir hatten die SPEZI als Ruhetag mit leichter (anderweitiger) Bewegung eingeplant. Der Himmel klarte auch auf und es wurde wieder richtig warm. Wir kauften Eintrittskarten und bewegten uns zunächst für den Überblick durch die Hallen. Natürlich liefen einem überall bekannte Gesichter über den Weg.
Am Stand von Schmidt Maschinenbau entdeckten wir die neuen zum Edelux passenden Rücklichter – wirklich hübsch, die kommen sicher auf den Wunschzettel! Bei den Velomobilen war das DF natürlich einer der Hingucker, andererseits das neu aufgelegte Go-One Evo R. Am Stand von Velogical war ganz neu der elegante kleine Elektroantrieb (derzeit noch im Prototypenstadium) zu sehen. Ich bin ja eigentlich kein Fan von e-Bikes, aber manchmal wäre das natürlich schon reizvoll, zumindest mit den avisierten Leistungsdaten (die ich hier, da nicht endgültig, nicht preisgeben kann).
Nach einem Tag Messetrubel fuhren wir mit Bahn und Bus zurück nach Karlsruhe und bereiteten schon alles vor, für den morgigen frühen Aufbruch.
Nach einem guten Frühstück gingen wir bei strahlendem Sonnenschein und bereits morgens knappen 20°C auf Tour. Da es zunächst galt, zu unserem Track zurückzukommen vertrauten wir dem Routing der Velomap, dieses wiederum schickt einen gerne auf ausgewiesene Radwege. In diesem Falle hieß das unter anderem: ein schmaler Weg am Kanal mit zwei tiefen Spurrillen und Grasnabe.
Schlussendlich waren wir aber zurück und heute hielt der Weg weniger nervige Stellen als am Vortag bereit. Die Landwirtschaftswege waren gut fahrbar, meist asphaltiert, einige Plattenwege, aber ohne große Absätze. An den größeren Straßen gab es oft gute Radwege. Da wir um diverse Orte herum fuhren, war auch der Stop-and-Go-Anteil heute weitaus geringer, eine Genugtuung für die geschundenen Beine.
Am späten Vormittag kehrten wir auf etwas zu trinken in einem Café ein, wo wir gleich noch Kuchen aßen. Die Sonne brannte, aber es lief deutlich runder als in den letzten Tagen. Trotzdem war es eine Wohltat, als wir einen langen und schnurgeraden Weg erreichten, der durch den Wald führte. Diesem konnten wir für viele Kilometer folgen und nach einer kurzen Ortsdurchfahrt ging es dann weiter auf einem ähnlichen Weg bis hinein nach Karlsruhe, wo wir am Schloßpark ankamen.
Die Fahrt durch Karlsruhe lief wegen der für deutsche Verhältnisse erstaunlich guten Radverkehrsanlagen und auch weil die Autofahrer wohl ein großes Maß an Radverkehr gewohnt sind, unerwartet gut und so trudelten wir als erste und fast etwas zu früh bei Hanno ein. Das verschaffte uns die Zeit, gemütlich zu duschen und unsere Kleidung in die Waschmaschine zu tun, bevor die anderen Gäste zur Pre-Spezi-Party kamen.
In gemütlicher Runde gab es Speis und Trank sowie viele interessante Gespräche. Später am Abend zogen dann einige Gewitter an uns vorbei, der Regen setzte allerdings noch irgendwann zur Nacht ein. Wir schliefen mit der Hoffnung ein, daß es sich bis zum nächsten Tag abgeregnet haben möge.
Um uns auf der Tour einen Ruhetag zu gönnen, beschlossen wir, mit dem Zug (oder einen Mitfahrgelegenheit) zur SPEZI zu fahren am nächsten Tag.
Da wir ein Appartmentzimmer hatten gab es zwar kein Frühstück, aber eine Kochmöglichkeit. Und die nutzte ich, um morgens zumindest noch ein wenig heissen Tee zu fabrizieren. Wir packten gemächlich, dann machten wir uns auf. Eigentlich hatten wir es auf ein Frühstück im örtlichen Supermarkt abgesehen, stellten dann aber fest, daß die Anfahrt nur um sieben Ecken mit dem Rad möglich war, also wählten wir Option zwei, den Bäcker im nächsten Ort.
Frisch gestärkt begann der Tag mit ein paar kleinen Anstiegen und teilweise schönen Blicken über die hügelige Landschaft, als wir uns Frankfurt näherten. In einer Schussfahrt ging es dann hinab zum Main, den wir mit einer Fähre in Richtung Offenbach querten. Ab dem Main-Radweg war es dann flach. An einem Campingplatz rasteten wir, um etwas zu trinken – die Bedienung erzählte, jedes Jahr im September käme eine größere Gruppe Liegeradler für ein Treffen vorbei.
Bei der Fahrt durch Offenbach denkt man eigentlich die ganze Zeit: Hoffentlich bin ich hier bald wieder raus! Irgendwann war das auch wirklich geschafft, aber der beschwerlichste Teil lag erst noch vor uns: Zunächst ging es durch den Stadtwald. Oben donnerten die Flugzeuge über uns hinweg, unten hatten wir halbwegs fahrbare aber eben doch nur Waldwege mit diversen Abzweigungen und Gattern sowie abenteuerliche Überquerungen vielbefahrener Straßen.
In Walldorf (nicht SAP-Land, es gibt da noch eins!) fanden wir die erste Möglichkeit einzukehren und nahmen diese auch war. Es war wohl der Edel-Italiener am Ort. Aber zumindest war die Portion genau richtig und das Essen sehr gut – der Preis aber happig.
Anschließend ging es über den Radweit-Track über laute kleine Wirtschaftwege. Links, rechts, Umleitung, Schlagloch. Dazu noch diverse Ausflügler und der landwirtschaftliche Verkehr inklusive der Busse für die Spargelstecher, die allerorten auf den Feldern arbeiteten. Mit einem Wort: anstrengend. Sowohl meine Knie als auch Michas Sehnen taten ihr Unbehagen mit dem ständigen Stop-and-Go schmerzend kund. Zudem brannte die Sonne unerbittlich, Schatten gab es kaum. Ich musste an einer Tankstelle erstmal eine Druckbetankung mit isotonischen Getränken und ein paar kurzkettigen Kohlenhydraten vornehmen.
Schließlich landeten wir nach weiteren Wald- und Feldwegfahrten in Mannheim. Nach einem kurzen persönlichen Abstecher von Micha besuchten wir – eigentlich nur auf ein Abendessen – Michas Onkel, wurden dann aber sanft überredet nicht unsere Campingplatzanmeldung wahrzunehmen (die wir natürlich ordnungsgemäß absagten), sondern dort im Haus zu schlafen. In Anbetracht der fortgeschrittenen Uhrzeit am Ende sicher eine sehr gute Alternative.
Der Morgen startete feucht: Der Campingplatz stand im Nebel, die Feuchtigkeit hatte sich im Gras und überall ringsherum abgesetzt. Auch auf der Innenseite des Außenzeltes. Ich pellte mich aus dem warmen Schlafsack und tappte ins Sanitärgebäude, wo ich meine Klamotten über die Heizungen verteilte, bevor ich mich der Morgentoilette hingab. Anschließend packten wir unsere Sachen. Frühstück gab es leider keines auf dem Campingplatz, nach einem kurzen Aufenthalt in der Raucherhölle beim Bezahlen dachten wir aber: besser so.
Als wir vom Campingplatz rollten, war gegenüber der riesige Kaliberg zu sehen, dessen Spitze gespenstisch oben aus den wie Wolken ringsum hängenden Nebelschwaden schaute. Wir fuhren ein kurzes Stück bis zum örtlichen Supermarkt und besorgten uns beim Bäcker ein passables Frühstück. Alles in allem war es warm und trocken – und sonnig — bis wir endlich auf der Straße waren.
Zunächst fuhren wir auf meist ruhigen Straßen, mal auch mitten durch eine Baustelle, an der für Radfahrer keine sinnvolle Umleitung ausgeschildert war (die aber gut passierbar war). Kurz vor Bad Hersfeld bogen wir auf einen kleinen Radweg, der nach anstrengender Steigung in schneller Fahrt in den Ort bzw. kurz davor führte. Ab Bad Hersfeld bietet das Werratal einen sehr schönen Radweg an, dem wir viele Kilometer folgten.
Nach einem Tipp von Klaus und Norbert fuhren wir den Flugplatz Lauterbach (direkt am Track) an, sie hatten dort für uns nicht aufgebrauchte Getränke deponiert. Da die Dame vom Fluglatz diese allerdings bereits gefunden hatte, fand ich sie zwar nicht an der angegebenen Stelle, wir bekamen sie aber anstandslos ausgehändigt, gut gekühlt, und durften uns am Platz dazu setzen. Und nicht nur das: Ich bekam die Möglichkeit, eine Platzrunde im offenen Ultralight mitzufliegen – was für ein Spaß!
Einer kurzen Abfahrt ins Tal folgte der endlose Aufstieg auf dem Vulkanradweg. Meist nur ein bis zwei Prozent Steigung, das aber über viele, viele Kilometer. Und als wir endlich oben angekommen waren und es an die Abfahrt ging, fing es an zu regnen. Immerhin schien weiter die Sonne. Allerdings wurde es kühler und der Regen begleitete uns eine ganze Weile. Irgendwann war der dann aber auch vorbei und die letzten 20 Kilometer in der Ebene oder mit leichtem Gefälle liefen richtig gut.
Punkt 21 Uhr, wie 48km vorher angekündigt, erreichten wir das Restaurant, wo wir die Schlüssel für das Zimmer für diese Nach bekamen. Wir aßen noch zu Abend, bevor wir dann schließlich in unser geräumiges Zimmer wechselten – uns wurde sogar ohne Nachfrage angeboten, die Räder einfach mit rein zu nehmen. Das erspart das lästige Tragen des Gepäcks und die Räder stehen sicher.
Den Wecker hatten wir auf sieben gestellt, um kurz vor acht waren wir fertig – und die ersten beim Frühstück, denn das gab es erst ab acht Uhr offiziell. Wir ließen uns gemütlich Zeit, bis wir vom Hof der Wasserburg rollten und zunächst mal Getränke beim örtlichen Discounter einkauften. Nach ein paar kleinen Straßen in Heldrungen ging es zunächst auf den Unstrutradweg. Fernab des Autoverkehrs, einigermaßen flach. Trotzdem wollte es bei mir nicht so recht vorangehen und trotz mehreren hunderten Kilometern mit den neuen Einlagen, musste ich die Position der Klickies doch nochmal ändern – etwas, was ich auf Tour ungern tue.
Anschließend wurde es langsam etwas besser. Dennoch: der dritte Tag auf Tour ist immer der Schlimmste für mich. Und auch diesmal blieb es einfach zäh. Trotz anfänglich sonnigen Wetters und schöner Landschaft. Später ging es auf meist ruhigen Landstraßen weiter, der Himmel zog sich langsam zu. Der Versuch, heute mal mittags irgendwo einzukehren scheiterte kläglich. Ironischerweise in genau dem gleichen Ort, wo ich schon auf meiner Barcelona-Tour 2011 das gleiche Problem hate. Diesmal aber waren wir gewappnet und machten einfach ein weitere Kochpause, als wir einem netten Bahnradweg folgten und einen Pausenplatz fanden.
Kurz vor Eisenach machten wir eine Getränkepause am Flughafen Kindel – wo wir prompt angesprochen wurden: „Gestern waren schon zwei mit solchen Rädern hier!“ – „Ach, Klaus und Norbert!“ – „Ihr kennt die? War einer, der hatte graue Haare, der andere war groß.“ – „Ja, die kennen wir!“. Die beiden fahren eine ähnliche Strecke – und die Möglichkeiten zur Einkehr sind dünn gesäht.
Die Möglichkeit einer preiswerten Übernachtung in Eisenach zerschlug sich und so peilten wir den Campingplatz in Heringen an. Aufgrund einer erwartet späten Ankunft meldeten wir uns dort telefonisch an, dann ging es über ein paar befahrene Bundesstraßen, bald aber wieder über ruhige Nebenstraßen weiter. Der Druckverlust an Michas Reifen ließ sich auf ein gelockertes Ventil zurückführen, so daß uns das nicht allzu viel Zeit kostete.
Den Campingplatz erreichten wir früher als erwartet im letzten Tageslicht, wir bauten die Zelte auf und duschten. Nach dem Vernichten der letzten Keks- und Schokoladenvorräte ging es in die Schlafsäcke.