Lissabon – Berlin (Bahnfahrt)

Die Rückreise hatte ich nicht geplant, denn ich war nicht sicher, wie weit ich wirklich kommen würde und wann ich dann in Lissabon sein würde. Als ich Dienstag Abend ankam und damit einige Zeit hatte, kam ich doch nochmals auf die – eigentlich verworfene – Idee zurück, die Rückreise mit der Bahn anzutreten.

Erste Hürde: die offizielle Variante der Radbeförderung im Nachtzug Lissabon-Hendaye ist, dass man ein Zweierabteil allein belegt und das Rad mit ins Abteil nimmt. Die Zahl der Abteile ist begrenzt, ich Donnerstag oder Mittwoch war nichts mehr zu haben, so blieb mir Dienstag oder Freitag. Ankommen und gleich in den Zug und das Cabo da Roca auslassen war keine Alternative, also Freitag. Und damit ein knackiger Fahrplan.

Nachtzug Lissabon-Hendaye

Freitag gegen halb zehn abends ging es los, der Zug ist dann um etwa halb zwölf mittags am nächsten Tag in Hendaye. Rad fährt im Schlafwagenabteil mit. Mit einem Aufrechtrad eng, mit dem Liegerad hat es was von Tetris.

Fahrrad im Nachtzugabteil

Fahrrad im Nachtzugabteil

TGV Hendaye-Paris

Nach circa eineinhalb Stunden Aufenthalt in Hendaye geht es mit dem Duplex (Doppelstock) TGV weiter nach Paris. Für Fahrräder gibt es ein begrenztes Platzkontingent, das auch gern im sonst platzarmen Zug von Mitreisenden für ihr Gepäck genutzt wird. Ein früher Einstieg empfiehlt sich, da die Fahrt von Start- bis Endbahnhof geht ist es aber machbar. Reservierung ist Pflicht. Die Fahrt endet kurz nach 18 Uhr in Paris Montparnasse, es folgt ein Bahnhofswechsel.

Fahrrad im Duplex-TGV

Fahrrad im Duplex-TGV

TGV Paris-Lille

Mit dem älteren einstöckigen TGV geht es weiter nach Lille. Im früheren bekam ich keinen Radplatz mehr, also nahm ich den um kurz vor 21 Uhr, der kurz nach 22 Uhr in Lille Flandres ankommt. Das Rad steht im Radabteil an der Spitze des Zuges relativ bequem. Eigentlich Hängeplätze, diese sind aber für Liegeräder zu kurz. Das Abteil war sonst leer, daher konnte es seitlich am Gepäckregal stehen. Reservierung wie in allen TGV obligatorisch.

Fahrrad im einstöckigen TGV

Fahrrad im einstöckigen TGV

Übernachtung Lille

Mit dem früheren Zug wäre eine Weiterfahrt nach Antwerpen noch möglich gewesen, zu meiner Ankunftszeit nicht bzw. nur bedingt sinnvoll, auch weil sich Müdigkeit breit machte. Ich nahm ein Hotel in Lille.

TER/IC Lille-Antwerpen

Mit dem TER, der in Belgien zum IC wird, geht es um kurz nach neun am Sonntag morgen weiter von Lille Flandres nach Antwerpen Centraal. Das Fahrrad fährt in einem extra Gepäckabteil, das vom Personal geöffnet (und verschlossen) wird. Eine Reservierung ist nicht notwendig bzw. möglich, viel Platz für Räder ist aber nicht. Ankunft in Antwerpen ist um kurz vor halb zwölf.

Fahrrad im belgischen TER/IC (

Fahrrad im belgischen TER/IC („Gumminase“)

IC Antwerpen-Amsterdam

Im niederländischen IC geht es nach ca. 20 Minuten Aufenthalt weiter nach Amsterdam. Es gibt ein Radabteil mit breiten Türen an der Spitze des Zuges, eine Reservierung ist nicht möglich oder nötig. Der Zug erreicht Amsterdam Centraal um kurz nach halb zwei.

Fahrrad im niederländischen IC
Fahrrad im niederländischen IC

IC Amsterdam-Berlin

Im deutschen IC fahre ich um 15 Uhr weiter nach Berlin. Eine Reservierung ist obligatorisch, der Zug ist mit einem großen Radabteil ausgestattet, das teilweise Hängeplätze bietet. Ankunft in Berlin Hauptbahnhof ist kurz vor 22 Uhr.

Fahrrad im IC der Deutschen Bahn
Fahrrad im IC der Deutschen Bahn

Valverde del Fresno – Constância

Ein spanisches Frühstück mit Tostado, Tomatenaufstrich, Schinken und Käse sowie Orangensaft und etwas Süßem startete den Tag. Da ich am Vortag schon Strecke aus dem „heutigen“ Abschnitt genommen hatte, blieben im Track etwa 80km bis zu einer Entscheidung, wohin ich heute wirklich fuhr.

Ländergrenze Spanien-Portugal
Ländergrenze Spanien-Portugal

Klar war auch: es wird noch einmal bergig. Keine riesigen Höhen, aber Höhenmeter ohne Ende und wohl auch das ein oder andere Stück mit ordentlichen Steigungen. Da wollte ich meine Erwartungen nicht allzu hoch ansetzen.

Vom Hotel zurück auf den Track ging es gleich hoch, dann beruhigte sich alles etwas und ich kam unerwartet gut voran. Die rund 16km bis zur portugiesischen Grenze waren schnell geschafft. Bemerkung am Rande: das Smartphone hatte sofort die portugiesische Zeit, das Garmin macht den Zeitzonenwechsel offenbar nicht innerhalb einer Aktivität mit.

Staumauer
Staumauer

Bis Castelo Branco ging es auf einer mäßig befahrenen Straße entlang. Die Portugiesen überholen allerdings enger als die großzügig ausholenden Spanier und sie sind auch längst nicht so geduldig. Trotzdem verlief die Fahrt angenehm.

In Castelo Branco hieß es erst einmal Mittagessen. 80km durch hügelige Landschaft lagen ja bereits hinter mir. Dann ging es raus. Die Fahrt führte auf einer Nationalstraße parallel zur Autobahn. Irgendwann kündigte ein Schild eine Sackgasse an. Ich ließ mich nicht beirren und folgte meinem Track. Dort, wo die Sackgasse hätte sein sollen bog ein kleiner Serviceweg ab. Keine Beschilderung, keine Schranke verboten die Nutzung.

Der kleine Weg entlang der Autobahn hatte lediglich einen Haken: er folgte im Höhenprofil den Bergen und nicht der Autobahn, ging also kräftig auf und ab. Letztlich war er aber autofrei und die einzige fahrbare Alternative zur Autobahn. Noch ein weiteres Mal folgte eine Fake-Sackgasse, dann musste ich abbiegen und kam auf kleinen Straßen über einen Staudamm und in eine bergige Landschaft, die über weite Teile Zeichen verheerender Waldbrände zeigte. Auch auf dem Telefon kamen Warn-SMS wegen extremer Waldbrandgefahr.

Waldbrandspuren
Waldbrandspuren

Bei diesem Auf und ab, zumal ohne jeglichen Schatten, freute ich mich, als ich endlich Belver erreichte und eine Getränke- und Nachfüllpause machen konnte. Trotz des weiter hügeligen Geländes entschied ich mich für eine Fahrt ins 40km entfernte Constância – damit war gegenüber der Sollplanung ein ganzer Tag eingespart.

Allerdings standen damit 191 Kilometer und über 2400 Höhenmeter auf dem Tacho, ganz spurlos wird das nicht vorbeigehen. Aber die morgige Etappe liegt mit vielen flachen Passagen und 130km dafür in eher kleinerem Rahmen.

Salamanca – Valverde del Fresno

Erstaunlicherweise hatte wirklich schon eine Bar zum Frühstücken geöffnet, als ich Sonntag morgen um kurz nach acht in der Nähe meiner Unterkunft suchte. So Schäfte ich eine kleine Grundlage für die kommenden Kilometer.

Leere Nationalstrasse
Leere Nationalstrasse

Mein Track für heute war nur 90km lang, bis Ciudad Rodrigo. Das war der Tatsache geschuldet, dass danach bis zum nächsten größeren Ort 150km weiter nichts mehr kam. Ich hatte allerdings schon ausgemacht, dass es durchaus in kleinen Orten hier ein paar Gelegenheiten gab.

Aber zunächst machte ich mich auf in Richtung Ciudad Rodrigo. Der Weg führte auf einer grossen Nationalstrasse direkt parallel zur Autobahn. Am Sonntag zumindest war diese völlig leer, nur ab und zu mal ein paar Rennradler auf der Piste. Eine größere Gruppe fuhr aber bereits kurz hinter Salamanca in eine andere Richtung, mit einem anderen lieferte ich mir in hügeligem Gelände ein spannendes Rennen auf den ersten rund 50 Kilometern. In jeder Steigung holte er wieder auf. Der sportliche Ehrgeiz trieb mich zu einiger Leistung.

So kam es, dass ich nach nicht ganz drei Stunden bereits knapp 90km weiter in Ciudad Rodrigo ein Mittagessen zu mir nahm und mir Gedanken machte, bis wohin ich weiterfahren konnte.

Abfahrt nach Valverde del Fresno
Abfahrt nach Valverde del Fresno

Das Gelände hielt ab hier auf kleineren Straßen mehr Steigungen bereit, zudem hatte ich doch einige Körner verschossen auf dem Ritt nach Ciudad Rodrigo. In Navasfrias gab es nichts mehr, so nahm ich noch die Fahrt über den nächsten kleinen Pass und dann hinab nach Valverde del Fresno auf mich.

Dort hatte ich ein schönes Hotel mit Pool gefunden, in den ich zu passender Zeit ankam. Ein wenig ausruhen, ein Bad im Pool, etwas Zeit auf der Terrasse und dann kam auch schon das Abendessen um 21 Uhr an die Reihe.

Anschließend fiel ich totmüde ins Bett.

Valladolid – Salamanca

Ich war spät eingeschlafen und wachte auch spät auf. Nach frühstücken und packen war es fast schon 10 Uhr, als ich endlich los kam.

Straße mit Bäumen und Schatten
Straße mit Bäumen und Schatten

Aus der Stadt heraus führte ein breiter und guter Radweg, der von Radfahrern und Skatern offenbar als Trainingsstrecke genutzt wird. Als ich diesen dann verließ und auf eine andere Straße sonnig, war auf dieser allerdings auch relativ wenig Verkehr, auch wenn sie nach ihrer Einordnung eine Hauptverkehrsstraße sein sollte – allerdings ist es ja auch Samstag.

Die heutige Etappe war, von ein paar Hügeln abgesehen, relativ flach, wenn im Gesamtprofil auch etwas ansteigend. Trotzdem kam ich recht gut voran. Im Gegensatz zu den letzten Tagen veränderte sich die Landschaft auch sonst. Hatte ich auf den letzten Etappen viele abgeerntete Felder gehabt, gab es heute vereinzelt kleine Baumgruppen und vor allem eines: Wein.

Wein soweit das Auge reicht
Wein soweit das Auge reicht

Ich fuhr dutzende Kilometer durch Weingüter, links und rechts waren die Felder bis zum Horizont zu sehen. Auf der Straße klebten die Reifen an den Resten der von den Erntewagen gefallenen Trauben, die sich als glänzender dunkler Belag auf dem Asphalt verteilten. Immer wieder standen neben der Straße große moderne Gebäude, in denen die Trauben gleich vor Ort verarbeitet wurden (das legte zumindest der Geruch nahe). Aus Gepäckgründen müsste ich leider davon absehen, mich in den Venta directa, den Werksverkäufen, einzudecken und aus Gründen der sicheren Teilnahme am Straßenverkehr verzichtete ich auch auf eine Verkostung.

Was leider nicht so bald an der Strecke lag, war ein Ort mit Bar, speziell einer Bar mit Essensangebot. Und so kam ich erst bei 90km dazu, ein paar Tapas zu erstehen. Mein Körper hat sich allerdings in den letzten zwei Wochen gut genug an die abgeforderte Leistung gewöhnt, so daß dies gerade beim heutigen Streckenprofil unproblematisch blieb.

Salamanca, Plaza Mayor
Salamanca, Plaza Mayor

Insgesamt standen bis Salamanca nur knapp 130km auf dem Plan, nach dem Mittag ging es also auf eine kurze Etappe. Ich hatte mir auch entsprechend Zeit gelassen. In Salamanca drehte ich eine kleine Runde, suchte mir dann ein Hotel und machte mich frisch, bevor ich zum Supermarkt ging, um dem morgigen Sonntag vorzubeugen und mich mit Wasser und Saft eindeckte.

Ein Stadtrundgang mit anschließendem Abendessen in der schönen Altstadt rundete den Tag ab.

Burgos – Valladolid

Offenbar hatte ich Schlaf nötig, denn ich wachte später als normal auf. Dennoch schaffte ich es, mit Packen und Frühstück um halb zehn loszufahren.

Endlose Straßen, viele neu
Endlose Straßen, viele neu

Der nächste größere Ort auf der Route war Valladolid und mit 138km eine angenehme Tagesetappe entfernt, geht man davon aus, dass mein grober Zeitplan nur noch 125km am Tag verlangt. Das Problem ist hier eher die dünne Besiedlung, ich bezweifle, dass es ausserhalb meiner größeren Punkte auf dem Track überhaupt verlässlich Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Die Orte, durch die ich derzeit komme, haben bestenfalls noch eine kleine Bar, mehr Infrastruktur selten. Aus der Pilgerregion bin ich hinter Burgos wie es scheint raus. Die Frage nach Camino oder Compostela kam heute jedenfalls nicht mehr auf. Genausowenig wie Leute, die irgendetwas außer spanisch sprechen.

Nach dem Start ging es zwar ein paar Meter bergauf, aber insgesamt ist die Landschaft flacher, wenn auch hügelig. So gibt es nur kurze und meist sehr humane Anstiege und immer wieder schöne Abfahrten. Sonst gibt es wenig, worüber ich schreiben könnte. Ich kam gut voran, fuhr auf Straßen, auf denen vielleicht alle 20min mal ein Auto kommt. Irgendwann fand ich einen kleinen Ort mit einer Bar, die Sandwiches und Tapas bot, so dass ich mich verpflegen konnte.

Ghost Rider
Ghost Rider

Bei der Einfahrt nach Valladolid machte ich noch an den beiden Bahnhöfen Station, dann bezog ich mein Hotel in der Innenstadt. Es gab noch einen Stadtrundgang und einen kurzen Einkauf, schliesslich ein Abendessen, dann fiel ich müde ins Bett.

Die andauernde Sonne fordert ihren Tribut, alles eincremen ist gut, aber meine Unterlippe ist sonnenverbrannt. Ich fahre mit Buff als Schutz für den Mund (und die Nase).