Tag 4: Vandières – Wellen

Wir starteten mit einem typisch französischen Frühstück und etwas Sirup Grenadine für den Geschmack in der Getränkeblase, weil es im Ort keinen Supermarkt gab, um Saft aufzutreiben. Anschießend zogen wir uns um und machten die Räder fertig. Als wir nahezu abfahrbereit waren, kündigte ein hässliches Geräusch das nur Sekundenbruchteile später eintretende Ungemach an: Michas Fahrradständer war in der Mitte gebrochen.

Da man auch mit einem halben Fahrradständer noch problemlos fahren kann, machten wir uns auf den Weg. Der Track führte zum größten Teil auf Radwegen entlang der Mosel entlang, nur selten ging es mal auf ruhigen Straßen oder einem straßenbegleitenden Radweg weiter. Der Lärm der Autobahn brüllte aber öfter mal durch’s Tal, so dass es nicht ganz so abgeschieden und ruhig, wie auf weiten Teilen des Rhein-Marne-Kanalwegs war. Die Landschaft war indes schön, leichte Hügel und immer wieder eine Abwechslung zwischen Fluss und Kanal begleiteten uns. Teils war der Weg zwischen einem kanalisierten und einem natürlichen Teil angelegt.

Während wir von Metz auf dem Radweg nur wenig mitbekamen und es dort auch kein nahe des Weges gelegenes Fahrradgeschäft gab, fanden wir einige Kilometer später in Thionville sehr nahe am Track einen offenen Laden, der Micha einen neuen Fahrradständer verkaufte und diesen auch montierte. Wir nutzten den etwas größeren Ort dann auch gleich für einen Mittagssnack in der Fußgängerzone, bevor wir uns wieder aufmachten.

Zwischen Contz-les-Bains und Sierck-les-Bains ging es auf die andere Flußseite, gleichzeitig ändert sich hier die Landschaft, es geht in ein tieferes Tal, an den Hängen wachsen hier die Trauben für den Moselwein. Kurz danach kommt Apach und die Grenze zu Deutschland, den Ort Perl streiften wir nur, denn es ging schon nach wenigen Metern auf die Brücke nach Luxemburg. Damit erreichten wir den für die Tour zentralen Ort Schengen. Wir freuten uns darüber, seit dem Beginn unserer Radtour grenzenlos zwischen der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Luxemburg gewechselt zu haben, Belgien und einige Grenzverlaufskuriositäten liegen noch vor uns.

Nach einem Fotobesuch an den Nationensäulen mit den Sternen für die verschiedenen Mitgliedsländer gönnten wir uns noch eine Cola im örtlichen Café und buchten ein Hotel für den Abend, auf der deutschen Moselseite, aber fußläufig zu einer Brücke nach Luxemburg. Wir wechselten in Remich noch einmal die Flußseite und damit das Land, dann ging es nach Wellen. Zum Abendessen liefen wir über die Brücke ins luxemburgische Grevenmacher. Schengen Ultras eben!

Tag 3: Sarrebourg – Vandières

Das Frühstück im Hotel war für französische Verhältnisse mehr als ausreichend und wir hatten uns bereits in Fahrradklamotten geworfen und die Taschen gepackt. Im Hotel trafen wir noch zwei andere Fahrradtouristen, die in entgegengesetzter Richtung unterwegs waren.

Wir starteten mit einer kleinen Tour durch den Park in Sarrebourg und dann zu unserem Track, zunächst auf einer alten Bahntrasse. Die Abbiegung auf unseren Track war so unscheinbar, dass wir erst einmal vorbei fuhren, doch dank Navi fanden wir den Wg dann doch schnell. Am Kanal ging es mit wassergebundenen Wegen los, aber selbst mit 28mm Reifen war das Fahren kein Problem, nur eben etwas langsamer. Bei unseren geplanten Tagesetappen aber störte das nicht.

Hinter Gondrexange am Wasserstraßenkreuz wäre die Abbiegung auf den EV5 in Richtung Saarbrücken gewesen, wir hatten uns aber bereits im Vorfeld entschieden, lieber über Nancy, Metz und natürlich Schengen weiter zu fahren. So machten wir nur Pause, schauten die Brücke an (Treppen mit Schiebeschienen), über die wir nun zum Glück nicht rüber mussten und fuhren dann bald weiter am Rhein-Marne-Kanal entlang. Heute sahen wir viele Hausboote der großen Vercharterer auf dem Kanal und natürlich auch jede Menge gekonnter und nicht so gekonnter Schleusenmanöver.

Wenig später kamen wir zur Schleuse Réchicourt, der höchsten an diesem Kanal mit 15,7m Hub – ein beeindruckendes Bauwerk und natürlich eine tolle Chance über das Land zu schauen. Ab dieser Schleuse geht es dann auch wieder bergab, der Kanal hat den Berg überwunden. Der Radweg ist auch perfekt asphaltiert und mit etwas Rückenwind geht es flott voran. Mittlerweile sind auch wieder einige Radler unterwegs.

Das Navi sagt für Nancy (etwa 80km ab Start) eine Ankunft gegen 13:30 Uhr voraus. Da wir allerdings in Frankreich lieber etwas früher essen wollen und auch nicht wirklich in die Innenstadt fahren möchten, beschließen wir, an der Route eine Gelegenheit zu suchen. Diese bietet sich in Einville-au-Jard am Hafen, Der Plan nur etwas Kleines zu snacken geht allerdings nicht auf, wir verspeisen ein „Menu du jour“, das typische 3-gängige Tagesmenü.

Anschließend kommen wir an den Salinen zwischen Einville und Nancy vorbei und erreichen die Außenbezirke bald. Die Route geht durch ein paar Industrieviertel und biegt dann auf einen kleinen Weg an der Mosel ab. Vom Stadtverkehr bekommen wir so gut wie nichts mit, dafür öffnet sich hier und da der Blick über das Tal.

Das Fahren an der Mosel ist natürlich nicht ganz so, wie am Kanal, es geht öfter mal etwas weg vom Fluss, die Brücken beim Seitenwechsel sind größer und ab und zu müssen wir kurze Stücke auf der Landstraße fahren – oft sind aber Radspuren ausgewiesen und die meisten Autofahrer nehmen viel Rücksicht.

Irgendwann müssen wir uns Gedanken machen, wo wir heute bleiben wollen und sehen als nächsten etwas größeren Ort Pont-à-Mousson auf der Karte. Am Marktplatz gönnen wir uns etwas zu trinken im Café und schauen nach Hotels. Eins scheint brauchbar und wir beschließen, direkt zu fragen, statt eines der Buchungsportale reich zu machen. Auf dem Weg hat Micha einen Platten. Ich fahre vor und finde auch nur heraus, dass das Hotel bereits voll ist. Während Micha seinen Reifen flickt, rufe ich in einem Hotel im nächsten Ort Vandières und buche ein Zimmer. Die restlichen 6km sind schnell gefahren und wir kriegen sogar noch ein kleines Abendessen im Hotel und können anschließend einen Spaziergang im Sonnenuntergang machen.

Tag 2: Straßburg – Sarrebourg

Da unser Hotel etwas ab vom geplanten Track, am Bahnhof und damit auf der anderen Seite der Stadt, lag, mussten wir erstmal einen Rückweg zum Track planen. Dies war nicht so schwierig und wir konnten der Route gut folgen.

Unser Track führte uns dann am Rhein-Marne-Kanal aus der Stadt und folgte diesem dann: Ungestörtes Radfahren auf einem asphaltierten Seitenweg des Kanals, ohne Autoverkehr. Ein paar Radler, außerhalb der Ferien um die Jahreszeit häufig Senior:innen auf E-Bikes, waren unterwegs, manchmal kamen Rennradler vorbei. Die Landschaft war zuerst flach, wurde dann leicht wellig, aber am Kanal ging es ohne nennenswerte Steigungen vorwärts. Zu erwähnen ist noch die wunderbare Infrastruktur: neben dem perfekt in Schuss gehaltenen Weg – wir haben ein paar frisch gemachte Bereiche befahren – gab es auch liebevoll gestaltete Pausenplätze, teils sogar mit fest installierten Grills, Bücherbox oder kleiner Hütte als Wetterschutz.

Hinter Saverne (Zabern) ging es in die Berge – am Kanal merkte man davon wiederum nur, dass rinsgum bewachsene Hänge oder manchmal sogar kleine Felsformationen zu sehen war, während wir durch’s Tal fuhren. Eine Gruppe Bikepacker mit sportlichen Rädern trafen wir auch. Aufgrund eines Kommunikationsproblems überholten wir die Gruppe und waren dadurch dann sportlich „gezwungen“, natürlich weiterhin schnell genug zu fahren, um nicht gleich wieder überholt zu werden. Das taten wir auch erfolgreich bis Lutzelbourg, wo wir an einem Waffel- und Crepes-Stand am Rand der Strecke, den ich bereits in der Planung gesehen und markiert hatte, eine kleine Pause einlegten. Die andere Gruppe fuhr dann an uns vorbei.

Nur ein paar Kilometer weiter, bei Hofmuhl, machten wir einen Abstecher von unserer Strecke, um den Plan Incliné de Saint-Louis/Arzviller anzuschauen. Es handelt sich dabei um ein Schiffshebewerk, das allerdings mit einem diagonalen Aufzug funktioniert. Wir hatten Glück und konnten eine Talschleusung und die Rückfahrt nach oben beobachten.

Anschließend fuhren wir zurück zur Strecke, diese führte am alten Kanal mit einer Reihe verwaister Schleusen und einem teils ausgetrockneten Kanallauf entlang. Das Tal, die alten Anlagen als Lost Places und das sonnige Wetter machten die Fahrt zu einem tollen Erlebnis, dieser Abschnitt war landschaftlich wunderschön!

Bei Azviller ist der aktive Kanal zwar wieder dazugestoßen, verschwindet dort allerdings in einem Tunnel – der Radweg geht über Servicewege und ruhige Straßen und auch über einige Steigungen. Obwohl der Kanal nahe Niderviller wieder aus dem Berg kommt, führt der Weg dort noch nicht wieder direkt daneben weiter. Wir bogen dann ohnehin in Richtung Sarrebourg ab, der einzig etwas größere Ort in der Nähe, der bei frühem Eintreffen und einer kurzen Etappe heute dann wenigstens noch etwas verlässliche Infrastruktur bot.

Nach einer Orangina am Marktplatz checkten wir im Hotel ein, duschten uns und machten eine kurze Runde durch den Ort inklusive Einkauf. Dann warteten wir noch auf die abendliche Restaurantöffnung. Ein paar Gelegenheiten zum Essen gab es, obwohl die meisten Restaurants hier montags Ruhetag hatten.

Macon – Dole

Den Tag ging ich langsam an. Tags zuvor war ich über 150 Kilometer gefahren und am Ende noch ziemlich gesprintet, das saß mir in den Beinen. Aus Macon fuhr ich auf ein paar kleinen Straßen, dann ging es auf den Bahnradweg in Richtung Chalon-sur-Saône.

Auf den ersten Kilometern ist der Weg teilweise durch die TGV-Strecke oder andere Dinge überbaut und einige der alten Bahnbrücken fehlen, so dass er etwas mehr Steigungen bereithält, als für einen Bahnradweg üblich. Dafür geht es durch den alten Eisenbahntunnel, der sehr gut hergerichtet ist. Dezente Beleuchtung geht für hindurchfahrende Radfahrer vor ihnen an. Es ist kühl, angenehm bei den ansonsten sehr warmen Temperaturen.

Bis Cluny geht es dann neben der TGV Strecke entlang und dann durchgehend auf der alten Bahnstrecke mit nur mäßigen Steigungen und bald auch Gefälle, wenn es in Richtung Chalon-sur-Saône geht. An der Strecke gibt es sogar einige Möglichkeiten zu rasten, unter anderem eine nette Pizzeria. Dort trifft man natürlich auch immer viele andere Radler.

Die Fahrt durch Chalon ist zwar teils als Radweg, teils auf kleinen Straßen ausgeführt, aber doch nicht ganz störungsfrei. Dafür geht es anschließend auf dem EuroVelo 6 (EV6) an der Saône entlang und bald zum Canal du Rhône au Rhine. Da kaum größere Orte auf dem Weg liegen, wählte ich als Ziel Dole, womit es dann eine Etappe von knapp mehr als 170 Kilometern werden sollte. Die Online Buchungssituation erwies sich als schwierig (Stichwort: Radunterbringung), so dass ich beschloss ins Risiko zu gehen und vor Ort ein Hotel zu nehmen.

Auf den letzten paar Kilometern bis Dole hatte ich dann wieder eine Begegnung mit meinem Lieblingsfranzosen: Er ist ca 70 bis 80 Jahre alt, sitzt auf einem Rennrad und egal, ob Wind, Regen, Steigung oder Hitze: er überholt mit einem freundlichen „Bonjour!“. Es ist für ihn kein Problem, wenn man sich dann hinten dran hängt oder ein kleines Freundschaftsrennen fährt (das keiner gewinnen will). Am Ende versichert man sich des gegenseitigen Respekts für die jeweilige Leistung und wünscht „Bonne route“ oder „Bonne courage“.

In Dole versuchte ich mein Glück zuerst in einem Hotel, das ich von vorherigen Reisen kannte, doch es war voll. Die Dame an der Rezeption rief aber in einem anderen Hotel an, von dem sie wusste, dass das Fahrrad sicher stehen würde und dort war ein Zimmer frei. Dort quartierte ich mich ein und genoss nach der langen Etappe noch ein Abendessen in der schönen Altstadt.

Beaucaire – Montélimar

Nach einem Frühstück bei meinen Gastgebern rollte ich vom Hügel fast ohne treten bis an die Rhône hinunter. Die ersten 45km der Strecke legte ich auf Straßen zurück, die jedoch größtenteils ruhig waren, so dass das Fahren nicht allzu stressig war. Es gibt hier Teilstücke der Via Rhona Radroute, die nicht asphaltiert sind. Zwar sind die Oberflächen in der Regel recht gut, aber mit meinen 28mm Reifen fahre ich dann doch lieber Straße.

An Avignon fuhr ich nahezu ohne Kontakt mit der Stadt vorbei. Außer Avignon (wo es auch noch zu früh gewesen wäre) lagen aber nicht viele größere Orte am Weg. Ich versuchte – zu korrekten französischen Zeiten – mein Glück mit einem Abstecher nach Mondragon, doch außer einer Bar, in der ich zumindest etwas trinken konnte, war dort nichts. Vor allem kein Essen.

Die nächste Attraktion war das Kernkraftwerk Tricastin mit dem umliegenden Anlagen. Die hohen Kühltürme dampften nicht, ob nun wegen der Hitze oder wegen Drosselung, weil das Wasser der umliegenden Gewässer bereits wieder zu sehr erhitzt war, ließ sich nicht klären.

Pierrelatte, wo ich im letzten Jahr abgestiegen war, umfuhr ich diesmal – allerdings auf nicht oder schlecht asphaltierten Wegen, deren Zustand in den Karten nicht korrekt markiert war. Dafür kam ich am Modellflugplatz vorbei, wo gerade Modelle mit Turbinen geflogen wurden. Wenigstens gab es also etwas Show als Entschädigung.

Ich entschied mich, nach Montélimar abzubiegen. Der Ort ist hinreichend groß und nett und nach 120km waren die Energiereserven eines französischen Frühstücks auch aufgebraucht. In Montélimar gab es im kleinen Pavillon im Park gegenüber des Bahnhofs sogar um 20 vor 4 Pizza, so dass ich einen Snack hatte, während ich ein Hotel suchte.

Nach dem Checkin begab ich mich auf’s Zimmer, duschte und wusch meine durgeschwitzten Klamotten aus. Zuvor hatte ich die Klimaanlage eingeschaltet. Als ich aus dem Bad kam hörte ich verdächtige Geräusche – die Klimaanlage tropfte in Mengen, die den Fußboden des Zimmers fluteten und den darunter stehenden Mülleimer bereits zur Hälfte gefüllt hatten. So musste ich in ein anderes Zimmer umziehen.

Am Abend gönnte ich mir noch einen Spaziergang durch die Stadt und ein Abendessen, dann ging es ab ins Bett..