Tag 19/20: Ruhetag Fitou, Perpignan, Port Leucate

Nach meiner Ankunft am Mittelmeer stellte sich die Frage: wie weiter. Klar war aber: die Gelegenheit, hier relativ frei entscheiden zu können, wann es weiter geht, wollte ich ausnutzen.

Der Donnerstag startete mit einem typischen Frühstück: bei der Boulangerie ein Croissant und ein Pain au Chocolat geholt, damit dann nach nebenan zum Bar-Tabac und bei einem (für mich seltenen) Kaffee erstmal den Tag beginnen lassen. Das Wetter war schöner als erwartet und angekündigt, statt durchgehend grauen Himmels und Regen gab es ein paar Wölkchen. Kühl war es dennoch, viel kühler als auch die Einheimischen um die Jahreszeit gewohnt sind.

Zur Auflockerung stiegen wir auf den Hügel hinter dem Ort mit einem tollen Blick nicht nur über Fitou, sondern auch über den Étang de Leucate und das Mittelmeer. Am Ende der Bucht konnte man sogar Sète sehen. Zur anderen Seite erheben sich die Pyrenäen, der Canigó mit fast 2800 Metern sticht sicherlich besonders hersaus.

Am Nachmittag gab es noch einen kleinen Ausflug mit dem Bus nach Perpignan. Ein kurzer Gang durch die Altstadt und der Besuch einer Patisserie mit leckerem Gebäck durften nicht fehlen.

Den ABensch beschlossen wir mit einem leckeren Essen in einem der Restaurants in Fitou, wo es die Köstlichkeiten der französischen Küche gab. Da ich keinen anstrengenden Fahrtag hinter mir hatte, gab es ausnahmsweise auch ein schönes Glas Wein dazu.

Den Freitag nutzte ich, um mein weiteres Vorgehen zu planen. Obwohl das Wetter weiter besser als angekündigt war, beschloss ich mich auf den Rückweg zu machen. Die Strumtiefs, die vom Atlantik hereindrückten, machten jede Wettervorhersage zur Farce, auch war das Wetter weiter im Inland alles andere als stabil. Weiter im Ost Frankreichs und in Italien hatten es bereits heftige Unwetter gegeben, in höheren Lagen war es kalt geworden. Also besorgte ich mir zunächst einmal Tickets und eine Fahrradreservierung (im Sommer auch im Nahverkehr in Frankreich vielerorts notwendig!) von Leucate bis Avignon. In Avignon wollte ich die Nacht verbringen und dann mal weiter schauen.

Eine kleine Runde mit dem Rad drehten wir nach Port Leucate, um Austern zu essen, abends gab es noch einen Filmabend zum Abschluss.

Tag 18: Belvianes-et-Cavirac – Fitou

Frühstück gab es erst ab acht, aber das kam mir entgegen. Eilig hatte ich es nicht, denn es standen mir nur etwas mehr als 100 Kilometer bevor, die meisten bergab. Da es oben in den Bergen doch recht frisch war – selbst die Menschen aus dem Dorf waren überrascht von der Kälte um diese Jahreszeit – macht es durchaus Sinn, erst später zu starten.

Gegen halb zehn checkte ich also aus und sattelte mein Rad. Als erster stand Gorge de Pierre Lys, eine tollse Felsschlucht, durch die Straße führt, nur wenige Kilometer nach dem Start auf dem Programm. Die Sonne beschien die Felsen weit oberhalb der Straße, unten boten sich tolle Formationen und Überhänge dar.

Auch danach ging es noch eine Weile sanft bergauf. Ich hatte mir trotzdem eine warme Schicht übergezogen. Es wehte starker Wind, zwar von hinten, aber bei gerade etwa elf Grad wollte ich nicht auskühlen. Und nach dem Anstieg kam die Abfahrt. Gerade mit Rückenwind von bis zu 50km/h ging es rasant voran, allerdings hieß es bei jeder Biegung der Straße höllisch aufzupassen, denn Seitenwindböen sind bei Geschwindigkeiten zwischen 50 und 60 km/h dann doch recht herausfordernd.

Mit dem letzten Pass ließ ich auch die Wolken hinter mir und es klarte fast schlagartig völlig auf. Mit der Sonne und immer geringerer Höhe wurde es also auch wärmer.

Bis Estagel folgte ich der D117, ab dort gab es einen ruhigen Radweg, der mich erst bei Cases-de-Pène wieder auf dei D117 bracht, der ich dann abseits der ausgewiesenen Radroute kurz bis Espira-de-l’Agly folgte. Von dort bis Rivesaltes noch einmal kurz über eine ruhige Straße – dann ging es auf die Voie Verte nach Le Barcarès. Da war es dann allerdings mit dem Rückenwind endgültig vorbei. Seitlich, nahezu von vorn manchmal begleitete mich der Wind bis Leucate Plage, wo ich mich mit Gaby traf.

Nach Begrüßung, einem Getränk in einer Bar am Meer und einem Eis fuhren wir dann gemeinsam zu ihr nach Fitou, wo es Essen gab, ich duschen und vor alle meine Klamotten nach mehr als zwei Wochen auf Tour mit allenfalls notdürftigem Ausspülen in der Maschine waschen konnte. Welch Wohltat!

Grau d’Agde – Beaucaire

Nach einem Frühstück auf der Terrasse machte ich mich bereit für die Abfahrt. Umziehen, die letzten Dinge einpacken und dann Auschecken und die Tasche am Rad befestigen. Tacho und Navi noch anklicken – und dann musste ich erst einmal die neu erstellten Tracks ins Navi laden. Zum Glück funktionierte die Toolchain wie geplant.

Links und rechts Wasser

Aus Agde heraus ging es zunächst durch die Stadt, zwar mit Stop & Go durch die vielen Kreuzungen, aber letztlich doch erträglich. Vor allem, wenn man weiß, dass einen auf den nächsten Kilometern bis Sète ein toller Radweg direkt hinter den Dünen am Strand und abseits der Straße erwartet.

Die Fahrt durch Sète ist auch machbar, da auf den kritischen Teilen gute Radwege zur Verfügung stehen oder der Autoverkehr gebremst ist. Anschließend geht die Strecke an den hinter der Küstenlinie liegenden Seen entlang. Immer eine Freude, denn hier kann man Flamingos beobachten.

Bevor ich vom Mittelmeer abbiege steht mir La Grande Motte im Weg – ein Ferienort aus der Retorte, erschaffen in den 60er und 70er Jahren. Mag die Architektur und Anlage mit viel Wohlwollen vielleicht noch als interessant zu bezeichnen sein, so ist die Durchquerung mit dem Fahrrad eine reine Hölle, bei der man glücklich ist, wenn es vorbei ist.

Flamingos

Direkt danach geht es nach Grau du Roi. Der Ort ist zumindest im Bereich des Kanals und Hafens etwas hübscher, das Hindurchfahren auch nicht ganz so schlimm. Wenn nicht gerade die jährliche Festivität ansteht, bei der die halbe Stadt eine riesige Partyzone wird. Ich konnte mich nur mit Mühen dagegen wehren, von Jugendlichen mit Alcopops beglückt zu werden.

Danach geht es an den Canal du Rhône a Sète, das ist wieder ein sehr entspanntes Fahren. Da die offizielle Radroutenführung hier aber (für Frankreich untypisch) einen Umweg macht und die Straßen in aller Regel verkehrsarm sind, hatte ich eine Abkürzung eingeplant. Dummerweise führte mich das über mehr als 10 Kilometer auf einer Straße, wo wegen Bauarbeiten der Belag abgefräst war. Anstrengend und langsam.

Als ich mich endlich wieder zum Kanal durchgeschlagen hatte, suchte ich mir eine Übernachtungsmöglichkeit in Beaucaire. Ein nettes Privathaus, abends konnte ich mit dem Gastgeber essen und es gab einen Pool. Die Sprachbarrieren überwanden wir mit Hilfe der Übersetzungsapps auf dem Handy.

Béziers – Grau d’Agde

Wenn auch nur für 30 Kilometer, so sollte es doch heute wieder aufs Rad gehen. Kein Grund, allzu früh aufzustehen bei der kurzen Strecke. Vom Hotel fuhr ich per Aufzug in die Stadt hinunter, ziemlich direkt zum Anfang meines Tracks.

Zunächst führte der Track am Canal du Midi entlang, der hier einen asphaltierten Radweg hat. Dieser Abschnitt ist auch im September noch von Radfahrern aus vielen Ländern, aber auch Ausflüglern und Sportlern frequentiert. Irgendwann musste ich aber abbiegen und einen kleinen Bogen fahren, erst über Vias nach Süden, dann wieder etwas nördlich, um in Agde über den L’Herault zu kommen. Von dort ging es südlich bis vorn zur Mündung an Grau d’Agde, wo mein heutiges Hotel lag.

Da ich viel zu früh da war, stellte ich zunächst mein Rad und das Gepäck unter und vertrieb mir die Zeit mit einem kühlen Getränk. Nach dem Einchecken ging ich zum Strand – ein Bad im Mittelmeer musste jetzt sein und der größere Andrang am Strand war auch eher nachmittags zu erwarten.

Nach einem leckeren Eis widmete ich mich am Handy im Schatten unter Bäumen mit Blick aufs Meer der weiteren Routenplanung. Ich passte meine vorhandenen Tracks leicht an und überschlug, wie weit und wohin ich fahren wollte. Dann machte ich mich im Hotel etwas frisch und gönnte mir zum Abschluss des Tages noch ein Abendessen.

Frankreich 2014: Platja d’Aro – Portbou

Platja d’Aro ist so ein richtig quirliger Touristen-Mittelmeerort, ich war hier vor drei Jahren auf dem Weg nach Barcelona schon einmal hängen geblieben. Mein Hotel war OK – aber auch groß. Das Frühstücksbuffett mit den vielen Menschen ging mir auf die Nerven.

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Viele Kilometer standen mir heute nicht bevor, ein paar Höhenmeter – aber nicht vergleichbar mit den Pyrenäen. Also liess ich es ruhig angehen. Was mir allerdings nach einem kurzen Abstecher auf ruhige, bergige und kurvige Landstraßen des Hinterlandes bevorstand war die Ebene von Figueres. Meine Erinnerungen an diese Ebene von vor drei Jahren: Heiss, langweilig, große Straßen. Und meine Erinnerungen täuschten mich nicht. Lachen musste ich nur später beim Lesen meines eigenen Blogbeitrags aus dieser Zeit – die exakt gleiche Erfahrung wie dieses mal: Ungewöhnlich häufig für spanische Verhältnisse wurde ich eng und gefährlich überholt. Und es waren durchgehend deutsche Kennzeichen. Manche Dinge ändern sich nicht.
In Roses am Rande des Naturschutzgebietes machte ich Halt für ein Mittagessen. Anschließend ging es in den Aufstieg von 290 Metern. Ich hätte Zeit und Gelegenheit gehabt, diesmal nach Cadqués abzubiegen, aber es reizte mich nicht. Die letzte Etappe einer Tour kennt nur noch ankommen. Ich freute mich darauf, in Portbou gemütlich am Meer zu sitzen mit einem Glas Rotwein und etwas Jamon Iberico, dem hervorragenden spanischen Schinken. Also fuhr ich auch diesmal an der Abfahrt zu dem kleinen, angeblich schönen, Küstenort vorbei. Irgendwann einmal werde ich es dorthin schaffen.

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Jetzt folgten die Küstenstraße hier an der Costa Brava, ständig ein wenig auf und ab, immer wieder tolle Ausblicke auf die wunderschöne Küste. Nur kurz vor Portbou würde es noch einmal auf 200 Meter hoch gehen, denn durch den Tunnel wollte ich nicht fahren: der Ausblick auf die kleine Stadt mit dem riesigen Bahnhof, wenn man die Straße über den Pass nimmt ist einfach wunderschön.
In Portbou duschte ich im Hotel, dann gönnnte ich mir Rotwein, Jamon und  Meerblick. Nach einem kleinen Spaziergang musste ich zunächst meine Sachen trockenlegen und mich umziehen – es stand noch immer eine große Welle auf den Felsen – bevor ich dann am Hafen ein Abendessen zu mir nahm. Ich war müde und so schlief ich schnell ein, nachdem ich wieder zurück im Zimmer war.