Moissac – Mirepoix

Schleuse am Kanal

Die Morgenroutine läuft. Ohne Wecker wach werden, pünktlich um acht zum Frühstück erscheinen, vorher sind die meisten Dinge bereits gepackt. Zuuletzt kommt immer noch die Füllung der Trinkblase und manchmal noch das Einpacken der Elektrokleinteile (Handyladegerät, Kabel) von allem, womit ich möglichst voll in den Tag starten möchte.

Da meine Unterkuft direkt am Track lag, musste ich nur kurz darauf einschwenken, dann zeigte mir das Navi bereits die weniger als 70 Restkilometer bis Toulouse an. Während anfangs noch hauptsächlich Jogger und Leute mit Hund auf dem Kanalweg waren, dann bald die Zahl der Reise- und Rennradler. Bis auf ein kurzes Duell, in dem ich mich aber in Anbetracht der voraussichtlichen Fahrstrecke heute schnell geschlagen hab, war die Fahrt angenehm ereignislos.

Toulouse

Ich erreichte Toulouse pünktlich um zwölf, bis ich allerdings ein Lokal fand, das nicht nur mit Reservierungen und „complet – full“ aufwarten konnte, verging einige Zeit. Ich aß eine Lachslasagne zum Mittag. Nicht sehr französisch, aber schmackhaft und ein guter Energielieferant.

Ortskern Mirepoix

Ab Toulouse folgte ich nicht weiter dem Kanal, eine Fahrt auf kleinen (und größeren) Landstraßen war die Folge. Für Pamiers hatte ich mir die Entscheidung vorgenommen, wo ich noch hin wollte bei dieser Etappe. Eine Überraschung gab es aber dennoch – der geplante Weg existierte nicht. Ich trank im Zentrum von Pamiers etwas und schaute, wo ich eine Unterkunft fand und wie weit das entfernt war.

Die Wahl fiel auf Mirepoix. Der Ort bot neben einem Supermarkt auch Hotels und Restaurants als Infrastruktur an. Was nicht in der Karte stand: auch ein großes Fest. Ich konnte diesem aber halbwegs aus dem Weg gehen.

Créon – Moissac

Obwohl ich früh genug wach war, kam ich nicht so schnell in die Gänge und brauchte ein wenig mehr Zeit, um mich fertig zu machen, als üblich. Und das, wo ich doch eigentlich an diesem Tag früh starten wollte. Aber es ist am Ende doch Urlaub und nicht Verpflichtung.

Dunst und Rauch am Bahnradweg

Nach dem Frühstück ging es dann aber bald los und ich suchte mir meinen Weg zurück zur Strecke, dem wunderbaren Bahnradweg Roger Lapébie. Dieser führte mit leichtem Gefälle und sanften Steigungen bis Sauveterre-de-Guyenne. Auf dem Weg begleitete mich schon seit den ersten Metern Dunst und Brandgeruch, der von einem nicht allzu nahen Waldbrand herübergezogen kam.

Weiter nach La Réole gibt es auf kleinen Nebenstraßen und ruhigen Landstraßen diverse Steigungen und Abfahrten zu meistern, dann geht es über eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer zunächst über die Garonne, ein kurzes Stück an dieser entlang und schließlich zum Garonne-Kanal.

Brücke in Réole

Nun folgt erholsames Kanal-Fahren. Der Weg ist durchgehend asphaltiert, wenn auch leider manchmal etwas grob bzw. holprig. Dafür beschränkt sich die zu überwindende Steigung auf eine gelegentliche Rampe neben den zahlreichen Schleusen. Die Platanen geben Schatten und die Fahrt ist angenehm, viele Reiseradler sind unterwegs – wenn auch zu dieser Jahreszeit oft eher älteren Semesters.

Da auf dem Kanal die beliebten Charterboote unterwegs sind, gibt es auch in regelmäßigen Abständen Häfen und in der Nähe dieser oder bei den Schleusen die Chance auf etwas zu essen oder zu trinken, was ich auch gerne nutzte für eine Mittagspause. Ab Feugarolles kannte ich den Weg bereits von meiner Lissabon-Tour 2018, damals war ich allerdings in die andere Richtung unterwegs.

Platanen am Kanal

Später an der Kanalbrücke über die Garonne in Agen machte ich noch einmal Halt, um zu schauen, bis wohin ich heute fahren könnte und entschied mich zunächst für Valence d’Agen. Da es von dort aber nur noch ca. 15 Kilometer bis Moissac waren, wurde dies mein Ziel – mit einem Hotel direkt am Radweg. Moissac war 2018 auch ungefähr der Punkt, an dem ich auf den Radweg gestoßen war.

Le Verdon-sur-Mer – Créon

Das Frühstück hatte ich für 08:30 Uhr vereinbart, als ich um sieben aufwachte hatte ich also noch jede Menge Zeit. Und die galt es zu nutzen, schließlich wollte ich ja noch einmal im Atlantik schwimmen, bevor ich die Küste hinter mir ließ und in Richtung Mittelmeer aufbrach. Also lief ich etwas mehr als einen Kilometer zum Strand, der von einem Wellenbrecher, vielleicht noch aus Zeiten des Atlantikwalls, geschützt wurde.

Atlantikstrand

Ein kleines Stück weiter war aber offener Strand und vor allem ein kleines Stück, auf dem durch den Wellenbrecher nicht die volle, bestimmt zwei Meter hohe, Brandung stand, sondern sicheres Baden auch ohne Strömungen möglich war. Nach einem kurzen Test mit den Füßen wagte ich mich ins erfrischende Naß und genoß ein paar Minuten des Schwimmens. Dann lief ich wieder zurück zur Unterkunft – das Frühstück wartete bereits auf mich auf einem Tisch im Garten.

Die Abfahrt war, weil ich noch duschen und meine Sachen packen musste, dann erst gegen zehn Uhr, dafür hatte ich zunächst eine sehr flache Strecke und vor allem nicht mehr den Gegenwind der letzten eineinhalb Wochen. Nach einem kurzen, aber stressigen, Stück auf der befahrenen Landstraße bog ich auf kleinere Straßen ab. Es wurde ruhiger, der Straßenbelag aber auch teilweise etwas unsanfter. Dafür ging es nun in die Weinregion Médoc mit vielen tollen Chateaus am Wegesrand. Zudem ist gerade Erntezeit, so dass hier auch viele Wanderarbeiter als Erntehelfer campieren.

Durch den Weinanbau

Am Ufer der Gironde in Pauillac machte ich zwischenzeitlich eine Pause bei einer kleinen Stärkung aus heimischem Traubensaft und einer Platte mit Wurst- und Käsespezialitäten der Region. Bis Bordeaux fuhr ich dann eher abseits des Flusses, der dort ja dann auch die Garonne ist.

Trotz gut ausgebauter Fahrradinfrastruktur ist die Einfahrt in eine größere Stadt immer kräftezehrend – und so sehr mit Bordeaux mit seiner prächtigen Uferpromenade auch gefiel, ich wollte doch noch ein Stück weiter. Wegen einer etwas überhasteten Routenplanung bog ich wohl leider erst viel zu spät auf den herrlichen Bahnradweg ein, nutzte die Stelle mit einem Café im ehemaligen Bahnhof aber für eine kurze Getränkepause und um mich zu orientieren, wo die nächste Versorgungs- und Übernachtungsmöglichkeit bestand. Créon kam als nächster (und dann für einige Zeit auch letzter) Ort in Frage.

Uferpromenade Bordeaux

In Créon fuhr ich zu einem Hotel im Industriegebiet am Rande der Stadt, günstig gelegen gegenüber vom großen Supermarkt (der sogar Müsliriegel und Kefir führte!) und fußläufig zur Innenstadt, wo ich abends noch ein Galette und ein Crepes essen konnte. Den Abend beendete ich etwas früher, um gegebenenfalls am kommenden Tag etwas mehr Zeit zu haben und ein paar Kilometer gut zu machen. Knappe 500 trennten mich noch vom Mittelmeer.

Saint-Vincent-sur-Jard – Le Verdon-sur-Mer

Das Frühstück fiel heute recht französisch aus, reichte aber doch erst einmal aus. Da ich nachts ein paar mal wach war, schlief ich morgens länger als geplant und packte meine Sachen anschließend. Dann ging es back on track.

Der erste Teil der Fahrt war noch von Orten geprägt mit einigen kurzen Passagen durch kleine Kiefernwälder. Die Küste selbst sah ich nur kurz. Irgendwann verabschiedete sich der Weg aus den Orten und verlief entweder parallel zur Departement-Straße auf einem Serviceweg oder zeitweise auch ganz für sich.

Reifen Flicken

Irgendwann ging es dann auf nicht asphaltierte Wege, die sich aber auch nur mäßig umgehen ließen, größtenteils aber gut fahrbar waren, Die Anzahl der Reiseradler wuchs, die einzige Challenge kam von einer Bikepackerin auf einem Gravelrad, die mich auf dem nicht asphaltierten Teil gut in Atem hielt – und mir lustigerweise aufgrund unterschiedlicher Wegeführung später noch einmal entgegenkam.

Wegen des in großen Mengen auf den Seitenstreifen der Straßen liegenden Glases hatte ich dann auch noch einen Platten am Vorderrad, den ich im Schatten eines öffentlichen Gebäudes flickte. Dies kostete mich ca. 20 Minuten auf dem Weg nach La Rochelle.

In La Rochelle ging ich zunächst etwas essen, 70km hatte ich ja bereits hinter mir. Dann ging ich zum Ticketstand, um eine Fahrt mit dem Boot zur Ile d’Oleron zu bekommen – doch mit dem Hinweis auf die Größe meines Rades wurde der Transport abgelehnt. Dabei bin ich sicher, dass es problemlos gepasst hätte, 2014 tat es das ja auch schon. So blieb mir nichts anderes übrig, als die Alternativroute anzulegen und in Richtung Royan zu fahren – immerhin noch einmal rund 80km.

Fähre Royan

Auf dem Weg gab es als größeren Ort nur Rochefort, um den mein Track sich aber herum wand. Ich beschloss, bis mindestens Royan zu fahren, weil es recht locker lief. Auf dem Weg buchte ich ein Hotel hinter der Fähre, in der Hoffnung, die Chance auf ein Bad im Atlantik zu erhöhen. Dabei überholte mich ein Radler, den ich einige Zeit später, als er eine kurze Pause machte, dann wieder überholte.

Diesen – und zwei andere – traf ich dann an der Fähre in Royan wieder, die ich um wenige Minuten verpasst hatte. Gemeinsam unterhielten wir uns in der Wartezeit und auf der Überfahrt über unsere Reisen – nach der Überfahrt ging es noch einige wenige Kilometer gemeinsam weiter, bevor ich ich mich verabschiedete und zu meinem Quartier radelte.

Pornic – Saint-Vincent-sur-Jard

Da die Unterkunft kein Frühstück anbot, hatte ich mir im Supermarkt Joghurt und Rosinenschnecken besorgt. Einen Tee und ein Ei der eigenen Hühner spendierte der freundliche Besitzer dann doch. Nicht allzu spät kam ich dann los.

Die Passage du Gois

Es standen gut 35 Kilometer Fahrt bis zu dem Punkt an, wo ich die Entscheidung über Plan A oder Plan B treffen musste, nämlich über die Passage du Gois und die Ile de Noirmoutier oder eben außen herum zu fahren. Den Link zum Gezeitenkalender hatte ich natürlich auf dem Handy und so wusste ich, dass um kurz nach halb zwei Mittags das Niedrigwasser erreicht würde und der Gezeitenkoeffizient 100 betragen würde, was heißt, daß man früher auf die Passage kann (und später runter muß).

Ich entschied mich trotz fünf Kilometern mehr und zu erwartender Wartezeit für die Passage, zu faszinierend ist sie, um sie einfach für eine (recht langweilige) Umfahrung beiseite zu lassen. Vor dem Befahren nutzte ich die Wartezeit für ein Getränk im günstig gelegenen Café, dann ging es auf die langsam trocken fallende Straße. Die asphaltierten Stücke sind unproblematisch, die gepflasterten dagegen teils ziemlich glatt. Langsam bewegte sich die Autokolonne von beiden Seiten Stück für Stück vorwärts, so wie das Wasser die Straße freigab. Einige Autofahrer bogen aber auch direkt ins Watt ab, um Muscheln zu sammeln.

Der Küstenradweg bei Saint-Hilaire-de-Riez

Von der Insel herunter nahm ich die Brücke, deren Radweg allerdings gesperrt war, so dass ich – ohne Seitenstreifen – auf dem Autofahrstreifen (einer pro Richtung) drüber musste. Das Wohnmobil hinter mir ließ mir aber viel Platz und überholte erst auf der Abfahrt mit viel Seitenabstand.

Der EV1 windet sich anschließend – teils nicht asphaltiert – durch die Ortschaften und Wälder, ich folgte im Zweifel eher der Straße. Zwischendurch geht es am Ozean entlang auf einem Uferboulevard mit spektakulärem Blick zur Ozeanseite und Restaurants zu anderen. So kam ich heute rechtzeitig zu einem Mittagessen.

Wilder Ozean

Der Weg nach Les Sable d’Olonne hat wenig zu bieten, der Ort hat aber eine nette Innenstadt und vor allem den Hafen, an dem die berühmte Vendée Globe Regatta im Einhandsegeln um die Welt startet. Bei meiner kurzen Pause im Hafen suchte ich auch Orte raus, die für eine Übernachtung in Frage kamen. Am Ende landete ich ca 20km hinter Les Sable d’Olonne in Saint-Vincent-sur-Jard. Gern wäre ich einen Ort davor, in Jard-sur-Mer, geblieben, dort gab es aber keine freien Unterkünfte mehr.

Der Plan, abends noch im Atlantik zu schwimmen, wurde durch das an die Ufermauer schlagenden Wogen zunichte gemacht, zu gefährlich, dort auch nur den Fuß auf die Treppe zu setzen. Dafür fand ich ein gutes Restaurant im Ort und konnte meinen Kalorienbedarf decken.