Hendaye – Vitoria-Gasteiz

Die Nähe zur spanischen Grenze war unverkennbar, das Frühstück im Hotel ungewohnt reichhaltig. Das Hotelpersonal sprach baskisch, wie viele in der Gegend. Nach dem Frühstück kaufte ich kurz zu Fuss ein, dann ging es aufs Rad, relativ spät, aber ich hatte den Schlaf gebraucht.

Baskische Berglandschaft
Baskische Berglandschaft

Als erstes fuhr ich über die Brücke nach Irun – und damit nach Spanien. Das ging so unspektakulär und schnell vonstatten, dass ich nicht einmal ein Foto machen konnte. In Irun hielt ich beim nächsten Fahrradladen, Reifendruck checken bzw. nachpumpen. Aus der Stadt quälte ich mich eher heraus, als dass ich fuhr. Die Führung der Radwege war nicht immer offensichtlich, wegen des Verkehrs waren sie oft aber die bessere Option: auf den Straßen war man schnell im Stau gefangen.

Wegen diverser Anstiege kämpfte ich mich nur langsam aus dem Grossraum San Sebastian heraus, auch wenn ich die Küstenstadt umfuhr. Je weiter ich mich aber entfernte, umso besser wurde es. Die Radwege waren auch ausserorts oft besser ausgebaut, als nach der Markierung in Openstreetmap zu erwarten war, insgesamt ist die Kartenqualität der OpenStreetMap für Spanien teils noch etwas hinterher. Da kommt es sehr gelegen, dass einem in der Regel nicht übel genommen wird, wenn man mit dem Rad entgegen der Einbahnstraße fährt, selbst wo nicht (wie sehr oft) eine Gegenspur für Radfahrer markiert ist. Insgesamt bestätigt sich auch diesmal wieder mein Eindruck: in Spanien wird mit Radfahrern auf der Straße sehr rücksichtsvoll umgegangen.

Am Stausee
Am Stausee

In Zumarraga geben mir während einer Pause zwei Busfahrer den Tipp, nicht über Bergara, sondern über Legazpi und Oñati zu fahren. Leichterer Anstieg und weniger Verkehr, sagen sie. Ich nehme den Tipp dankbar an, denn vor mir liegt auf der geplanten Route einer der markierten Anstiege. Der Rat erweist sich trotz einiger zusätzlicher Kilometer als sehr gut.

Der nächste in der Planung markierte Anstieg erwartet mich in Leintz-Gatzaga – und der haut auch ganz schön rein. Nach Höhenmetern ist es nicht so wild, aber die Prozente bleiben über eine geraume Strecke im zweistelligen Bereich. Keine Chance auf Pause, denn selbst in den Kurven gibt es keine Möglichkeit zum Stoppen und wieder los fahren.

Hätte ich von der Qualität der OSM Tags gewusst, hätte ich eventuell den Bahnradweg nach Vitoria-Gasteiz eingeplant, so habe ich bewusst einen nicht asphaltierten Weg am Ullibarri-Gamboa Stausee entlang genommen. Landschaftlich war das allerdings wirklich schön, so dass ich mit dem Weg zufrieden bin.

Vitoria-Gasteiz bei Nacht
Vitoria-Gasteiz bei Nacht

In Vitoria-Gasteiz habe ich mehr Kilometer als geplant hinter mir und weniger Mittaegessen als nötig gewesen wäre. Ich suche mir ein preiswertes Hotel Nähe Zentrum und investiere das Geld lieber in ein gutes Abendessen. Das Zentrum der Stadt ist zu grossen Teilen autofrei, bei angenehmen 23°C am Abend kann man von der Hitze des Tages mit gut 30°C erholen und es ist doch angenehm lau, so dass es Spass macht, durch die Innenstadt zu schlendern.

Supermärkte und Restaurants in Spanien haben in der Innenstadt deutlich länger als in Frankreich geöffnet, was eine Versorgung einfach gestaltet.

Allanche – Figeac

Frühstück gibt es in französischen Unterkünften in der Regel erst ab halb neun, nur auf speziellen Wunsch früher. Heute war mir das allerdings durchaus recht, denn es war draussen noch ziemlich kalt.

Dienne
Dienne

Als ich gegen um halb zehn los fuhr, zeigte das Thermometer gerade einmal 9°C und im ersten leichten Anstieg sogar noch weniger an. Hochnebel hing zwischen den Anhöhen und ein paar Wolken vor der Sonne. Doch in der Steigung wird einem auch so warm. Die kurzen Abfahrten kühlten dann aber schnell herunter.

Schon bald sah ich mein erstes Ziel für heute, den Puy Mary (Marienvulkankegel) bzw. für mich natürlich der zugehörige Pass Col du Pas de Peyrol. Durch ein langes Tal ging die Strasse in relativ sanftem Anstieg langsam bis zum Col de Serre hoch, dahinter dann steiler für die letzten 200 Höhenmeter, auf den letzten 1,8km mit einer durchschnittlichen Steigung von fast 10%.

Col du Pas de Peyrol
Col du Pas de Peyrol

Oben angekommen genoss ich den Ausblick, dann setzte ich mich bei blauem Himmel und Sonnenschein an einen Tisch des Restaurants und aß und trank, bevor es in die Abfahrt ging. In dieser stoppte ich schon nach wenigen hundert Metern, um einen großen Raubvogel zu beobachten, der in der Thermik seine Kreise zog. Dann begann ich die Abfahrt nach Aurillac.

Durch die vielen Kurven und die nicht einsehbare Strecke war die Abfahrt anspruchsvoll und ein guter Test für die Bremsen, die das aber wieder völlig problemlos mitmachten. Unten ging es dann, oft mit kleinem Gefälle, bis Aurillac weiter.

In Aurillac suchte ich einen Fahrradladen auf: ich wollte den Schaltzug aus der gestrigen Aktion gegen einen besseren (respektive wirklich passenden) tauschen und mir doch noch Ersatz besorgen. Das klappte problemlos, sogar die verlorene Kabelendkappe könnte ich ersetzen.

Kirche in Figeac
Kirche in Figeac

Von Aurillac ging es sanft bergan, bevor ich im Tal der Rance eine längszogen, sanfte Abfahrt bis nach Maurs hatte. Das war sehr entspannend und endlich purzelten auch mal wieder die Kilometer. In Maurs machte ich in einer Bar eine Orientierungspause. Mein Rad erregte Aufsehen und ich hatte bald Gesellschaft. Würde ich alle guten Tipps für die Strecke befolgen, dann hätte ich nach den nächsten 1500km die schönsten Täler Frankreichs gesehen, wäre meinem Ziel ab kaum näher gekommen. Ein oder zwei Tipps nehme ich aber dankend an und versuche spontan etwas umzuplanen.

Ich entschied mich für eine Übernachtung in Figeac, nur 22 flache Kilometer hinter Maurs und kam gut vorwärts. Ich ergatterte eine Übernachtung in einem netten Hotel und konnte zu Fuss die schöne Altstadt erkunden.

Noirétable – Allanche

Der Himmel am Morgen zeigte von Westen her schon die ersten Wolken, war aber noch zum größten Teil blau. Für mich ging es direkt vom Hotel in den Anstieg – ohne Warmfahren.

Halb blau, halb grau am Morgen
Halb blau, halb grau am Morgen

Nach rund 5km war der erste Pass geschafft. Meine Route allerdings führte mich auf kleinen und ruhigen Straßen etwas südlich und somit nicht direkt ins Tal. Das heißt aber auch, daß ich nur kurze Abfahrten und immer wieder Anstiege zu bewältigen hatte. Gleichzeitig zog sich der Himmel immer weiter zu, manchmal gab es ein paar Tropfen, wenn auch nichts Schlimmes.

Anstiege fressen Zeit und bringen wenige Kilometer. Das führt im Umkehrschluss dazu, dass man zur Mittagszeit nicht in der gleichen Frequenz durch Orte kommt, wie bei Fahrten im Flachen. Zudem sind oben am Berg auch meist eher kleinere Orte ohne entsprechende Infrastruktur zu finden. Dementsprechend war ich froh, zumindest einen kleinen Supermarkt zu finden. Schokolade und Saft als Nachschub für Pausen.

Als ich endlich weiter unten ins Tal kam, war es schon halb zwei. Das erste Restaurant, das ich fand, war zwar noch offen, aber die Küche war bereits zu. Man verwies mich an den nächsten grossen Supermarkt, der glücklicherweise direkt an meinem Weg lag. Dort fand ich ein Restaurant, wo ich auch um kurz vor zwei noch ein Menu du Jour bekam. Die Rettung!

Kaputter Schaltzug
Kaputter Schaltzug

Anschließend ging es in die nächsten Steigungen. Ich bemerkte, wie die Schaltung hakelig wurde und schaute bei einer Pause genauer nach: gerade noch rechtzeitig. Der Schaltzug hatte nur noch zwei intakte Drähte. Zum Glück lag vor mir kein starker Anstieg mehr, ich änderte meine Route ins Tal in den nächsten größeren Ort, Massiac. Ich vermied es, hinten zu schalten und hatte nur noch drei Gänge zur Verfügung.

Am Ortseingang von Massiac sah ich ein Hotel, ich hielt dort um zu fragen, wo der örtliche Fahrradladen sei. Die Antwort war unbefriedigend: gibt keinen in Massiac – und alle anderen kilometerweit entfernt und ab der Route, vor allem aber nur über teils gehörige Anstiege zu erreichen. Ich erklärte dem Hotelier das Problem und er gab mir kurzerhand einen passenden Schaltzug aus seiner Garage, den ich einbaute. Glück gehabt! Ich muss zwar nochmal Ran und justieren, aber so traute ich mich weiter zu fahren, auch angesichts der zu erwartenden Steigung.

Landschaft und Wetter
Landschaft und Wetter

Bald außerhalb von Massiac allerdings hing ich nicht nur in einer langen Steigung bis auf über 1200m Höhe fest (von ca. 500m und mit ein paar kurzen Abfahrten), sondern es begann zu regnen. Mit zunehmender Höhe wurde es auch empfindlich kalt. Die Temperatur sank auf 9°C und es kam ewig kein Dorf, bestenfalls Ansammlungen einiger Häuser. Allanche kam nur schleichend näher und der Regen wurde stärker.

Die letzten fünf Kilometer waren eine schnelle Abfahrt. Kurvig, auf regennasser Fahrbahn. Mit Brille ist nichts zu sehen, ohne Brille pieksen ab 50km/h die Regentropfen in den Augen so, dass man sie schließen möchte.

Angekommen in Allanche war ich heilfroh, ein Hotel mit freiem Zimmer zu finden, welches auch noch ein Abendessen anbot.

Cluny – Noirétable

Frühstück gab es erst um 08:30 Uhr, so kam ich – auch dank freundlicher Gesellschaft erst spät weg. Von der Unterkunft war ich nur noch ein kurzes Stück auf der Voie Verte unterwegs, dann bog ich ab auf unbekannte Wege.

Viadukt
Viadukt

Ab hier, das wusste ich aus der Planung, ging es ins französische Zentralmassiv. Weniger abstrakt: es wird bergig. Ging es zunächst verhalten hügelig los, so kam ich schon bald an die erste Stelle, wo ich auf ruhigeren Straßen plante. Ich war weg von LKW und auchden meisten PKW, die Strecke war kürzer. Aber mit mehr als 15% Steigung auf einspurigen Straßen hatte ich nicht so bald gerechnet. Langsam kroch ich Höhenmeter für Höhenmeter voran. Und auch die Abfahrt hatte es in sich, denn ich musste dauerhaft bremsen, konnte selten mehr als 50m voraus schauen, in den engen Kurven gab es Split.

Der Blick über die Landschaft ist hart erarbeitet
Der Blick über die Landschaft ist hart erarbeitet

Zum Glück führte mich die Route bald wieder auf größere Straßen, mit weniger Steigung und erträglichen Verkehr. Und ich machte noch eine Erfahrung: in diesem Teil Frankreichs sind die Orte etwas belebter, ein offenes Café oder zur Mittagszeit ein Restaurant mit Plat du Jour waren leicht zu finden.

Vor Roanne folgte ich dann größeren Straßen. Mehr Verkehr, aber es wird in der Regel vorsichtig und mit ausreichendem Abstand überholt. Die Existenz von Radfahrern auf Landstraßen wird hier als gegeben hingenommen, der Radfahrer nicht als Störfaktor für den Autoverkehr wahrgenommen. So bleiben verkehrsreiche Straßen zwar stressig, haben allerdings lange nicht den Adrenalinfaktor deutscher Verkehrswege.

Motivation am Wegesrand
Motivation am Wegesrand

Hinter Roanne ging es in der prallen Sonne schnurgerade ewig bergan. Irgendwann mir mehr Kurven, aber Abfahrten kamen nur kurz. Wo die Autobahn parallel lief war der Verkehr auch Recht ruhig. So kam ich nach Noirétable. Ich stellte fest, dass es mit Unterkünften hier dünn aussah und war heilfroh, am Ortsausgang ein Hotel zu finden (mit Abendessen und Frühstück). Denn hinter Noirétable folgt der nächste lange Anstieg (welch Aussicht für den nächsten Morgen!) und es gibt am Track lange Zeit keine größeren Orte.

Am Ende liegen 125km mit 2000 Höhenmetern hinter mir. Und viel wäre wohl auch nicht mehr gegangen.

Imst – Grainau

Im Hotel begann man den Tag recht entspannt, will sagen, das Frühstück wurde erst noch angerichtet, als wir im Raum erschienen. Wir beschlossen, die Zeit zu nutzen und den Supermarkt zu besuchen, aber der machte auch erst später auf. Dafür war bei unserer Rückkehr das Frühstück fertig.

Römerstraße mit Wagenspuren
Römerstraße mit Wagenspuren

Los ging es dann mit einem kurzen Anstieg auf der Hauptstraße, dann bogen wir auf kleinere Wege ab und waren schließlich zurück auf dem Track. Die Auswahl auf diesem Teilstück unserer Tour heisst entweder auf der oft nicht asphaltierten Via Claudia Augusta zu fahren oder aber auf die stark befahrene Strasse auszuweichen. Wir entscheiden uns für den Waldweg mit halbwegs verfestigtem Grund aus Kies oder Schotter.
Hinter Nassereith beginnt dann der Anstieg zum Fernpass. Dass dieser im Wesentlichen aus Schotter und Kies besteht und die Strasse definitiv aufgrund des Verkehrs keine Empfehlung ist, war aus der Planungsphase klar. Die teils wirklich heftigen Anstiege auf diesem Untergrund zwangen uns dann aber zu einigen Schiebepassagen. Dafür gab es schöne Aussichten, alte Gemäuer und ein Stück alter Römerstraße mit Wagenspuren zu sehen.

Die Zugspitze
Die Zugspitze

Nach dem Pass an der Strasse geht es dann noch einmal auf Forstwegen zum Pass auf der Römerstraße hinauf, der einige Meter höher liegt. Auf der Abfahrt mit recht grobem Schotter versagte – nach einer Abkühlpause – meine hintere Bremse, weil sich der Bremsbelag vom Bremssattel gelöst hatte. Die Strategie, auf Abfahrten die Geschwindigkeit mit der hinteren Bremse zu senken, so dass die vordere (beim Liegerad effektivere und sichere) möglichst kühl zur Verfügung steht, zahlte sich aus. Ich konnte problemlos stoppen und die Bremsbeläge wechseln.

In Biberwier verliessen wir unseren geplanten Track und bogen in Richtung Grainau ab, denn wir wollten die Zeit nutzen, um noch die Zugspitze zu besuchen. Eine deutliche Verschlechterung des Wetters war für die kommenden Tage angekündigt, so dass wir etwas umplanten. Den Urlaub mit einer Fahrt im Dauerregen zu beenden war nicht unser Ziel.

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