Kurz vor dem Wochenende vermeldete Norbi, daß er am Sonntag durch den Grunewald fahren würde. Angesichts der Tatsache, daß er am anderen Ende Berlins wohnt, eine der seltenen Gelegenheiten, ihn mal wieder zu treffen. Den Anlaß bildete die Bolle-CTF (Country-Touren-Fahrt). Eine CTF ist eine Veranstaltung, wo BDR-Mitglieder Wertungspunkte sammeln können, die aber gegen ein geringfügig höheres Startgeld auch anderen offen steht. Im Gegensatz zur RTF wird größtenteils abseits von Straßen gefahren. Das ganze findet auf einer festgelegten Route statt, zur Organisation gehören Kontrollpunkte, an denen es dann auch Versorgung mit Speisen und Getränken gibt.
Der Start war um 10 Uhr am S-Bahnhof-Grunewald angesetzt – eine durchaus zivile Uhrzeit für derlei Veranstaltungen. Der Sonntag wartete mit für den November durchaus beachtlichen Temperaturen von teilweise mehr als 15°C auf – und nach dem vielen Regen der vergangenen Tage vor allem mit strahlendem Sonnenschein. Da Norbi schon unterwegs war und eine etwas nördlichere Route fuhr, radelte ich um kurz nach halb zehn vom ir zu Hause auf direktem Wege nach Grunewald, wo ich dann mit meinem vsf T300 die absolute Ausnahme zwischen den ganzen Mountainbikes und Crossern bildete. Meine Herbst-Reifen sind derzeit noch die Schwalbe Road Cruiser, die mal irgendwann mit dem Rad mitkamen, als ich es kaufte. Alle anderen hatten dicke Stollenreifen. Da es vorher lange geregnet hatte, war mir klar, daß etwas mehr Profil auf dem zu erwartenden Matsch und dem nassen Laub sicher keine schlechte Wahl gewesen wären. Andererseits hatte ich meine Nachtfahrten ja auch alle so absolviert und nicht wirklich Probleme gehabt.
Die CTF teilte sich in die schwere und die leichte Gruppe. Aufgrund meiner Erfahrung im Gelände und des zur Verfügung stehenden Materials entschied ich mich für die leichte Tour und Norbi, der kurz nach mir am Start eintraf wählte die gleiche Variante, weil wir dann zusammen fahren konnten. Zudem hatte er natürlich schon eine nicht unerhebliche Anfahrt hinter sich gebracht und mußte nachher noch den weiten Weg nach Hause.
Zunächst ging es auf der mir von meinen Night-Rides bekannten Strecke durch den Wald, dann über die Havelchaussee und weiter entlang am Wasser bis zum Strandbad und rüber nach Wannsee. Flößte mir die große Gruppe anfangs noch erheblichen Respekt ein, schließlich fuhren mehr als 50 Räder auf relativ engem Raum und unbefestigten Waldwegen, so merkte ich schnell, daß durch das harmonische und relativ disziplinierte Fahren eigentlich kaum Gund zur Sorge bestand.
Hinter Dreilinden kam dann auch die Kontrollstelle, wo es belegte Brote, warmen Tee, Kuchen, Kekse und Obst gab. Aufgrund meiner schwarzen Windstopper-Hose und des schwarzen Gore-Oberteils fiel ich zwischen den ganzen bunt gekleideten wohl deutlich auf – einer konnte sich nicht zurückhalten und fragte: “Bist Du von der Bereitschaftspolizei? Sieht so aus, voll in schwarz…” Als Liegeradler bin ich es ja gewohnt, das schwarze Schaf zu sein. Heute wähnte ich mich sicher, meine Fähigkeiten zur Anpassung waren dann aber wohl doch nicht so ausgefeilt, wie ich dachte. Die Nutzung des Rades allein macht also den Unterschied offenbar nicht aus.
Vom Kontrollpunkt aus ging es eine Runde raus in Richtung Griebnitzsee und entlang des Zauns der Deponie Wannsee. Ein paar Steigungen erforderten frühes Schalten, was leider trotz vorheriger Ansage einige Leute versäumten und so kurzerhand schieben mußten. Die Gruppe sammelte sich schnell wieder, zwar entstanden zeitweise kleine Lücken, doch wurden diese schnell geschlossen. So kamen wir auch alle gemeinsam wieder am Kontrollpunkt an, wo wir uns eine weitere Stärkung für den Rest des Weges gönnen konnten.
Die Route zurück zum Ausgangspunkt war etwas anders, gefühlt leichter, gewählt als auf dem Hinweg. Jetzt zum Mittag waren auch schon deutlich mehr Menschen im Grunewald unterwegs, so daß wir oft entgegenkommenden Radfahrern Platz machen mußten oder um Fußgänger herumfahren. Gerade unter den letzteren gab es sehr unterschiedliche Reaktionen. Die meisten gingen einfach zru Seite und ließen die Gruppe passieren, einige feuerten uns sogar noch an. Einer fing an zu fluchen und sich lauthals zu beschweren, als die ersten an ihm vorbeifuhren – der Protest verstummte allerdings recht schnell, als er sich umdrehte und eine solche Meute von durchtrainierten und teils gut eingesauten Radfahrern sah.
Bei einem kleinen Halt im Wald kam dann noch der zweite deutliche Hinweis auf meine mangelnde Integrationsfähigkeit: eine Helmdiskussion. Natürlich war ich wie gewohnt ohne den Helm losgefahren – und bekam dann auch prompt mein Fett weg. Glücklicherweise bin ich da mittlerweile recht dickhäutig geworden, so daß dies meine Laune nicht beeinträchtigen konnte.
Am Ziel setzten sich Norbi und ich bald ab, wir fuhren einen kleinen Haken zu mir nach Hause und ic holte die Kites, dann ging es noch raus zum ehemaligen Flughafen Tempelhof. Aufgrund des großartigen Wetters war es hier zwar recht voll, aber wir fanden schnell Solon, der auch da war und hatten genug Platz für die Lenkmatten. Leider nahm meine kleine Matte an der Leine eines anderen Drachens Schaden und so mußte ich den Vierleiner noch auspacken – der mir wie erwartet doch etwas zu heftig zog bei dem Wind. Solon zog lange Furchen ins Gras, als er mit Trapez konsequent in der Mitte des Windfensters flog. Ich brach meine Versuche schnell ab, denn der Lift war so tark, daß mich die Matte selbst am Rand des Windfensters schon manchmal fast abheben ließ.
Mit Katrin und Ilu versorgte ich mich noch kurz in der Gastronomie des Geländes, bevor ich nach Hause fuhr. Eigentlich wollte ich einen kleinen Umweg zur Tankstelle machen, um die Matschkruste vom Rad zu spülen, dort war es aber so voll, daß ich mit dem dreckigen Rad nach Hause fuhr. Nach einer warmen Dusche war der Tag am späten Nachmittag für mich gelaufen, ich gab mich Entspannung und einem Abendbrot hin.
Und hier noch der Bericht von Norbi!