Obwohl das Wetter grau und kühl war, entschloss ich mich, den Weg nach Basel per Rad zurückzulegen. Knapp 100 Kilometer auf dem wunderbaren Eurovelo 6 und regelmäßige Züge ab Basel nach Berlin. An einem Montag um diese Jahreszeit waren auch die Fahrradplätze im ICE nach problemlos zu bekommen.
Ich ließ mir Zeit beim beim Frühstück, wollte es noch etwas heller und wärmer werden lassen, dann machte ich mich auf. Die Route hatte ich zum Glück ohnehin auf dem Navi, aber da ich hier schon mehrfach gefahren war, hätte ich große Teile des Weges vermutlich auch so gefunden, abgesehen davon ist der Weg gut ausgeschildert.
Nicht weit hinter Montbeliard geht es auch schon auf den Scheitelpunkt der Route, wobei es natürlich eh kaum echte Steigungen am Kanal gibt. Es entscheidet nur drüber, ob man alle paar hundert Meter oder zwei Meter aufwärts fährt auf einer Rampe neben der Schleuse.
Ich kam gut voran und das Wetter klarte auch etwas auf. Durch Mulhouse fuhr ich auf dem kürzesten Weg hindurch, ich hatte beschlossen, einfach bis Basel durchzuziehen und dann lieber dort zu snacken. Ich hatte nicht einmal die Trinkblase gefüllt, angesichts der Strecke und des Wetters war das unproblematisch. Notfalls hätte es am Weg auch Möglichkeiten gegeben.
Nach Basel hinein ging es über das Dreiländereck, das ich im Frühjahr bereits in die andere Richtung gequert hatte, dann direkt zum Badischen Bahnhof. Ich hatte einige Zeit, bis ich den durchgehenden ICE nach Berlin um 14:22 Uhr bestieg. Im Bordrestaurant versorgte ich mich, dann traf ich noch nette Kollegen (dich ich bis dahin nicht kannte) und so wurde die Fahrt nach Berlin nicht langweilig.
Pünktlich gegen 21:30 Uhr kam ich am Hauptbahnhof und rollte durch die nächtliche Stadt nach Hause. Punkt 22 Uhr war ich vor meiner Tür.
Von Waldshut, wo wir zur SPEZI 2025 eine Unterkunft hatten, fuhren Micha und ich nach einem kleinen Frühstück beim Sonntags offenen Bäcker neben dem Bahnhof mit dem Regionalexpress nach Basel. Die Strecke am Rhein in diesem Bereich führt häufig als Radweg entlang von großen Straßen, die Uferwege sind oft nicht asphaltiert, was nach dem Regen der letzten Tage erfahrungsgemäß nicht zum Fahrspaß beiträgt.
So starteten wir also gegen halb elf am Vormittag bei sonnigem Wetter und angenehmen Temperaturen von Badischen Bahnhof. Die Fahrt durch die Stadt war auf auf angenehmer Infrastruktur. Wir machten einen kurzen Abstecher nach Deutschland, um dann über die Passerelle des Troys Pays, die Brücke am Dreiländereck, nach Frankreich zu fahren. Von dort folgten wir dem Eurovelo 15 neben dem Canal de Huningue zunächst bis zur Schleuse Niffer. In der Vorplanung hätte hier die Entscheidung angestanden, die Tour via Mulhouse und den Ballob d’Alsace fortzusetzen oder – wie wir es dann taten – in Richtung Straßburg weiter zu fahren, kurz hinter Neuf-Brisach dann am Canal du Rhône au Rhine. Die Entscheidung hatten wir aber schon in den Tagen zuvor getroffen, da wir beide mit mäßiger Kondition in die Tour gegangen waren und nicht am ersten oder zweiten Tag gleich in so einen Anstieg wollten.
Das nächste Zwischenziel war Neuf-Brisach. Die Fahrt dorthin geht über die Dörfer, meist auf gut ausgebauten Radwegen entlang der relativ ruhigen Departements-Straßen, oft aber auch auf Bahntrassenradwegen oder Wirtschaftswegen. Kurz nach 13 Uhr erreichten wir die Planstadt Neuf-Brisach und setzen uns am Marktplatz in ein Café für einen Snack.
Auf der Weiterfahrt kürzten wir ein paar Umwege des Eurovelo 15 ab und fuhren auf der Landstraße auf kürzestem Weg bis zum Kanal. Anfänglich gibt es auf dem begleitenden Weg einige wassergebundene Abschnitte, die jedoch so gut gebaut sind, dass dies selbst mit schmalen Reifen unproblematisch ist. Im weiteren Verlauf st der Weg aber überwiegend asphaltiert. Wir hatten in der Mittagspause nach einem Blick auf die Karte beschlossen, dass uns Marckolsheim zu nah dran sei – und dann bis Straßburg kaum noch Orte mit Infrastruktur (Unterkunft, Restaurant, Supermarkt für Versorgung mit Getränken am kommenden Tag) am Weg lagen – und wir somit bis Straßburg durchziehen wollten. Bei einer Tour, die gerade mal einen 100km Tagesschnitt erfordert sind 130km vielleicht nicht der klügste Einstieg, aber es lässt notfalls hinten raus mehr Platz für Sightseeing.
So wunderschön, störungsfrei und entspannend der Weg entlang des Kanals ist, so wenig gibt es zu erzählen. Wer ihn nicht kennt, sollte ihn unbedingt mal fahren. Auch im Sommer ist der Weg wegen der vielen Bäume und des Schattens neben dem Wasser eine Empfehlung. Gänse, Schwäne, Enten, Graureiher gibt es zu sehen – und natürlich sind jede Menge Radfahrer selbst jetzt schon unterwegs, von flinken Bikepackern, über Rennradler und E-Bike-Senioren bis hin zu Familien mit Kindern ist alles dabei.
In Straßburg hatten wir ein Hotel gegenüber des toll gestalteten Bahnhofs gefunden, von hier ist es nur ein kurzer Spaziergang in die Altstadt, wir wir zu Abend aßen und noch einen kleinen Spaziergang zur Auflockerung der Beinmuskulatur unternahmen mit herrlichen Blicken auf die Fachwerkhäuser und Brücken.
Ich habe lange keine Idee zur Sommertour 2019 gehabt und nach dem missglückten Saisonstart war ich auch vorsichtig mit hochgesteckten Zielen. Erst kurz vor der Fahrt kristallisierte sich aus mehreren lockeren Ideen heraus, wohin ich fahren würde.
Serviceweg der Schnellfahrstecke Halle-Erfurt
Die Schnellfahrstrecke Halle-Erfurt hatte ich schon länger auf der Wunschliste. Und obwohl ich nicht die wohlbekannte Südwesttour machen wollte, wollte ich sie diesmal unterbringen. Es war auf jeden Fall eine spannende Strecke. Keine Ideallösung für Touren, bei denen man schnell von einem Ort zum anderen kommen möchte: mit dem Rad wird es hügelig, teils geht es ganz schön zur Sache. Die Züge, die immer wieder mit hoher Geschwindigkeit vorbeirauschen auf den Teilen, wo man wirklich neben der Strecke fährt, sind faszinierend und machen Spaß. Meine Strecke aus Halle heraus hat definitiv Optimierungsbedarf, nach Erfurt hinein ging es eigentlich.
Radweg im Steigerwald
Der Steigerwald hinter Erfurt brachte schon einiges an Höhenmetern mit. Die Strecken waren hauptsächlich ruhig oder mit gut fahrbaren Radwegen ausgestattet. Für den Abzweig nach Süden – wo es immer über Berge geht – machbar, wenn auch weiter östlich durchs Vogtland eventuell Alternativen mit insgesamt weniger Höhenmetern existieren.
Straße im Ebersburger Tal
Bis zur Donau wird es kaum richtig flach, aber die größeren Anstiege sind vorbei. Einige landschaftlich nette Abschnitte waren dabei, aber die Gegend ist für mich kein Grund dort explizit durchzufahren.
Typisch Allgäu
Durch das Allgäu bis zum Bodensee geht es auf sanften Hügeln aber doch ständig auf und ab. Die Landschaft ist schön, die Strecken oft auf ruhigen Wirtschaftswegen. Auffällig war das dünne gastronomische Angebot in der Region, das sicherlich meiner Reisezeit geschuldet war.
Anstieg zum San Bernardino
Vom Bodensee über die Alpen geht es im ersten Abschnitt flach und auf einem toll ausgebauten Radweg entlang des Rheins. Deutschland, Österreich, Liechtenstein, Schweiz – vier Länder, drei Grenzen, oft merkt man nicht einmal, wann man in ein anderes Land kommt. Europa in seiner schönsten Form. Die Berge sind plötzlich da und irgendwann geht es auch mächtig bergauf. Die Paßstraße zum Bernardino war Recht ruhig, klar ein paar Motorräder gehören auf Alpenpässen immer dazu. Die Abfahrt nach Bellinzona und der Radweg nach Locarno sind super.
Radweg in den Alpen
Durch die Alpen bis Bozen sind zum einen gute Radrouten, manchmal aber auch nervige Straßen zu bewältigen. Und es sind eben die Alpen, es sind lange und – gerade auf den Radrouten – auch recht steile Anstiege zu überwinden. Die Panoramen sind dafür überwältigend und die Preise nach dem Verlassen der Schweiz auch wieder leistbar. Top für alle, die ein wenig Kondition mitbringen.
Brenner-Radweg (Italien)
Über den Brenner nach Innsbruck ist zwiespältig. Der Radweg auf der italienischen Seite ist überwiegend gut ausgebaut, nimmt aber auch die ein oder andere Steigung mehr als nötig. Der Pass selbst ist mit seinen Billigmärkten und dem vielen Beton ein Ort, den man schnell hinter sich lassen möchte. Der erste Teil der Abfahrt findet dann auf der Straße statt. Durch die Durchfahrtverbote und die Verdrängung des Verkehrs auf die Autobahn geht es verkehrsmäßig relativ gut. Und bald gibt es eine Radroute, mit der man aber auch hadern könnte. Es ist kein Radweg wie in Italien, sondern eine mehr oder weniger ausgeschilderte Route auf regulären kleinen Straßen.
Straße in Bayern
Von Innsbruck nach Deutschland geht es erst auf dem meist gut nutzbaren Innradweg entlang. Die Radroute über Achensee ab Wiesing ist kaum empfehlenswert, die Bundesstraße wäre eventuell einen Versuch wert. Die L7 hat derzeit Baustelle. Am Achensee entlang hat man einen schönen Radweg, in Deutschland hört eine durchgängige Radinfrastruktur und Beschilderung de facto auf. Es empfiehlt sich auch dort, wo ein begleitender Radweg ist, die Bundesstraße oder später die kleinen Landstraßen auf der anderen Seite der Isar zu nutzen – der Radweg ist nicht durchgehend asphaltiert und mit seinen Kurven nur für geduldige Sonntagsradler geeignet.
Nach dem – für meine Radreisen eher großen – Sightseeingprogramm am vorigen Abend, den ich auch mit lokalem Wein und einem eher italienischen Drink begangen hatte, ließ ich mir heute etwas mehr Zeit am Morgen. Ich kam erst gegen zehn Uhr los.
Auffahrt zum Ceneri
Auf dem bekannten Radweg fuhr ich bis kurz vor Bellinzona, dann bog ich auf den Ceneri in Richtung Lugano ab. Damit stand ein kleiner Aufstieg von gut 400 Metern auf einer befahrenen Straße – immerhin über weite Teile mit Radstreifen – auf dem Programm. Nach rund 40km war ich dann vom Lago Maggiore am Lago di Lugano angekommen. Dort pausierte ich nur kurz, dann fuhr ich am Ufer des Sees entlang, bis bald schon die italienische Grenze kam, wie üblich ohne Kontrollen.
Direkt nach der Grenze wies ein Schild auf Bauarbeiten und die gesperrte Uferstraße hin. Das Problem: die Alternative ist die Kraftfahrstraße durch einen mehr als 3km langen Tunnel. Zum Glück kam ein Radfahrer entgegen, den ich fragen konnte:
Baustelle … Augen zu und durch
die Baustelle sei kurz, man könne das Rad drüber tragen. Also setzte ich meinen Weg fort. Die offizielle Version von drüber tragen wäre über viele Stufen oben über einen Fels gewesen. Ich entschied mich für die pragmatische Lösung und hob mein Rad einfach nur über die Baustellenbegrenzungen, da gerade nicht gebaut wurde.
Vom Luganer See führte mich die Strecke weiter zum Come See. Die Straße war relativ befahren, Italiener überholen traditionell eng und ohne Rücksicht auf den Gegenverkehr. Nicht schön, aber machbar. So kam ich in Menaggio an, von wo ich die Fähre nach Varenna nahm. Während der Wartezeit trank ich etwas, nach einer halben Stunde kam die Fähre.
Auf der anderen Seite fuhr ich auf der mäßig befahrenen, aber engen und kurvigen Uferstraße bis Colico und spürte, dass nach gut 80km Zeit für etwas zu essen war. So kehrte ich ein, aber da ich zu spät dran war, musste ich mich mit einem Panino begnügen. Und einem Eis. Als es einen leichten Schauer gab, bekam ich Gesellschaft von Timm, der gerade von Freiburg aus die Alpen bezwungen hatte. Wir unterhielten uns, bis der Regen vorbei war, dann fuhren wir in unterschiedliche Richtungen davon.
Radweg an der Adda
Ich wollte noch bis Sondrio (Sünders) kommen, über weite Strecken auf einem tollen Radweg. Der erste Teil aus Colico heraus war allerdings noch nicht so toll und irgendwo bog ich falsch ab und mein Ansatz ohne umzudrehen in die richtige Richtung zu fahren war für Umgebungen wie Tal mit Fluss nur bedingt geeignet – er führte mich zwischenzeitlich auf einen schottrigen Singletrail. Aber wenn mir MTB Entgegenkommen, dann komme ich da ja auch durch. Kostete eben nur etwas Zeit und Kilometer.
In Sondrio suchte ich mir eine Unterkunft und machte außer einem Rundgang mit Essen keine größeren Besichtigungen mehr.
Frühstück gab es erst ab acht Uhr, ich könnte mir nach dem Aufwachen also Zeit lassen. Meine Morgenroutine ist so gestaltet, dass ich einige Dinge in der Regel erst nach dem Frühstück erledige und auch dann erst endgültig packe, so kann ich noch in „ziviler“ Kleidung zum Frühstück, die Getränke sind noch kalt, wenn ich starte und die Sonnencreme frisch. Meist, wie auch an diesem Tag, habe ich es auch nicht wirklich eilig.
Ruhige Straße und Bergpanorama
Nachdem also alles erledigt war, packte ich die Tasche auf’s Rad, hielt noch einen kurzen Smalltalk mit einem Hotelgast, der die Pässe per Motorroller bezwang und fuhr dann los. Schon bald führte mich meine Route zunächst bis Hinterrhein abseits der Straße auf einem Wirtschaftsweg und nur wenige, harmlose Steigungen sorgten dafür, dass ich mich etwas warm fahren konnte, bevor bei Hinterrhein auf die Passtrasse einbog und mich den letzten 500 Höhenmetern bis zum Pass San Bernardino auf einer serpentinenreichen Straße hingab.
Da die Autobahn in einer Röhre durch den Berg geführt ist, hält sich der Verkehr auf der alten Straße in Grenzen, nur die Motorradfahrer sowie ein paar Sportwagen und der ein oder andere Camper kamen vorbei – oder entgegen. Gerade in den Spitzkehren ist das immer ein besonderer Spaß.
Poserfoto auf dem San Bernardino
Ich hatte mit ca. zwei Stunden bis zum Pass gerechnet, da die Straße aber recht gleichmäßig und nicht übertrieben steil ansteigt, ging die Fahrt am Ende schneller als gedacht. Oben gönnte ich mir etwas zu trinken und ein Stuck Kuchen und natürlich den Blick über den See bei schönstem Wetter. Da in den benachbarten Tälern aber bereits Regen aufzog und sich die Wolkenberge hinter den Gipfeln türmten, machte ich mich bald auf in die 75km Abfahrt (die natürlich nicht die ganze Zeit nur bergab geht, aber 1800 Höhenmeter verliert man am Ende schon).
Ich hielt mich auf der 13 bis Bellinzona, ein kurzer Abstecher auf die ausgewiesene Radrouten brachte keine Vorteile und wurde dann eh von einer Erdrutsch-Sperrung beendet. Anfangs sind natürlich wiede viele Spitzkehren dabei und man muss aufpassen, konzentriert zu bleiben über die lange Strecke. Später werden Kurven und Gefälle harmloser.
Lago Maggiore und Locarno aus der Seilbahn
Ab Bellinzona gibt es dann bis Locarno einen ruhigen und gut ausgewiesenen Radweg, mit dem ich direkt auf der Promenade am Lago Maggiore landete. Ich ear am frühen Nachmittag dort, machte mich im Hotel frisch und genoss den Rest des Tages mit Sightseeing, Seilbahn und einem Abtecher per Bus nach Ascona.