Coulanges-sur-Yonne – Cercy-la-Tour

Nach einem doch eher französischen Frühstück und der Erkenntnis, dass für die Touristen sogar Müsli bereitgestellt wird, jedoch scheinbar wenig über die Anwendung bekannt ist (keine Schüsseln, keine kalte Milch), ging es direkt wieder auf den Radweg, sogar halbwegs zeitig, kurz nach zwei Niederländern, die im selben Hotel übernachtet hatten.

Dorf am Kanal

Es sollte nicht nur warm, sondern auch sehr sonnig werden. Ich hatte also vorgesorgt und alle eventuell freien Hautstellen mit Sonnencreme versorgt. Zusätzlich entschied ich, mit Buff über Mund und Nase und langen Hosen wegen des Sonnenbrandes an den Beinen zu fahren. Nicht die angenehmste Entscheidung bei der zu erwartenden Temperatur, aber vermutlich besser, als wenn die Sonne weiter auf den Sonnenbrand brennt – selbst mit 50er Sonnencreme.

Nach etwa 15km traf ich die beiden Niederländer wieder, sie machten an einem der schönen Rastplätze eine Kaffeepause (hatten einen Kocher dabei) und boten mir direkt welchen an. Ich blieb jedoch lieber bei kalter Schorle aus der Trinkblase, gesellte mich aber ein paar Minuten zu ihnen.

Die Fahrt am Kanal ist ruhig und schön, um die Jahreszeit trifft man ein paar Angler, ein paar Rennradler und selten auch mal andere Radtouristen – meistens ist man jedoch allein. Auf dem Wasser, aber fast nur an Schleusen oder Häfen, trifft man auch Hausboottouristen – auch diese im September eher wenig.

Marienstatue in Cercy-la-Tour

Unerwartet kam, wenn auch vor meiner gefühlten Mittagessenzeit schon um Viertel vor zwölf, die Gelegenheit auf ein Mittagessen in einem kleinen Restaurant an einem der Häfen. Ich nutzte das aus, denn ein Blick auf die Karte verriet, dass die Zahl sicherer Orte für gastronomische Versorgung auf den nächsten 60 Kilometern gegen null tendierte – vor allem aber innerhalb des Zeitfensters 12-13 Uhr.

So ging es gestärkt weiter. Wegen meiner warmen Bekleidung und der Hitze und mangelnden Kondition kam ich dennoch nicht so gut voran, wie es auf dem flachen Stück zu erwarten gewesen wäre. Zudem war der Asphalt auf dem Radweg seit Coulanges-sur-Yonne auch relativ rauh, so dass er zusätzlich bremste. Die hoch stehende Sonne und die Ausrichtung des Radweges führten dazu, dass ab dem Mittag auch nicht mehr allzu viele Abschnitte Schatten boten.

In Cercy-la-Tour setzte ich mich auf eine Bank. Den Plan bis Moulins zu fahren – noch etwa 45 Kilometer – hatte ich aufgegeben, ich musste aus der Sonne. Ich suchte eine Unterkunft in Decize, meinem Abzweig vom Canal du Nevernais – doch dort war die Situation mau. Also entschied ich stattdessen, eine hübsche Unterkunft direkt in Cercy-la-Tour zu nehmen. Da das Zimmer noch nicht bereit war, vertrieb ich mir die Wartezeit im geöffneten Café des örtlichen Campingplatzes.

Nachdem ich das wunderschöne Zimmer beziehen konnte, duschte ich und wusch meine Sachen aus. Dann ging es auf eine kurze Erkundungsrunde durch den Ort und zur örtlichen Pizzeria (die einzige Gastronomie außer dem Campingplatz).

Dole – Mulhouse

Die heutige Etappe würde wieder länger werden, denn der Weg bis Besancon wäre zu kurz für die Restplanung und danach kommt bis Montbeliard nicht mehr viel, wenn man Restaurant und Unterkunft sucht. So standen rund 155 Kilometer an. Also packte ich bereits wieder vor dem Frühstück und war dann um 9 Uhr abfahrbereit. Das Wetter war grau und regnerisch.

Der Weg führt ab Dole mäßig aufwärts – immer am Kanal entlang, ab und zu kommt eine Schleuse, wo es mal zwei Meter auf einer kleinen Rampe hoch geht. Es gibt ein paar kleine Ausnahmen, wo der Weg vom Kanal abweicht und man über einen kleinen Hügel muss, keine wirklich großen Dinge.

Schon auf dem Weg fielen mir die – immerhin immer gut angekündigten – Erhaltungsmaßnahmen an der Strecke auf. Mal war ein Uferabschnitt gesperrt, weil er komplett neu asphaltiert wurde, mal waren nur Ausbesserungsarbeiten im Gange. Immer aber gab es eine gut ausgeschilderte Umleitung. Meist ging es um einen Kilometer.

Irgendwo aber kam „Route Barree“, die Absperrungen waren aber beiseite gestellt. Ich fuhr vorsichtig den Weg entlang, und wirklich waren zwar ein paar ausgebesserte Stellen mit Hütchen, aber keine Bauarbeiten zu sehen. Ich fragte eine entgegenkommende Läuferin, ob man durchkäme und sie meinte, das ginge.

Tja, zu Fuß hatten die Bauarbeiter sie wohl durchgelassen, für mich mit dem Rad war dann aber doch Ende und ich musste mir eine eigene Umleitung suchen. Die Wahl stand zwischen einer Nationalstraße mit starkem LKW Verkehr oder direkt über einen Berg. Ich entschied mich für Zweiteres.

Bald kam dann Besancon, ein sicherer Ort für ein Mittagessen. Ich war recht früh dort, aber ein Restaurant am Weg öffnete gerade und ich konnte ausgiebig Mittagessen, denn das Frühstück war nur ein typisch französisches gewesen. Wegen des Abstechers in die Altstadt fuhr ich diesmal nicht durch den Kanaltunnel, den ich aber von vorherigen Reisen schon kannte. Östlich von Besancon folgt die Route dem Doubs bzw. dem Kanal im Wechsel durch ein wunderschönes Tal – meiner Meinung nach einer der schönsten Abschnitte auf der Strecke.

Während der Pause hatte ich nach Übernachtungsmöglichkeiten in Montbeliard geschaut – was allerdings auf den ersten Blick enttäuschend aussah, 20 Kilometer weiter in Belfort schienen aber noch ein paar Notfalloptionen offen zu sein. Ich wollte es also wieder drauf ankommen lassen und vor Ort etwas finden.

Zunächst stand ich aber vor einer weiteren Umleitung. Diesmal ging ich nicht das Risiko ein, es trotzdem zu versuchen, sondern folgte den Deviation Schildern. Die Umleitung erwies sich als relativ langer und hügeliger Umweg, aber ein Blick auf die Karte ergab, dass es keine anderen sinnvollen Alternativen gab. Immerhin war der Weg aber nahezu frei von sonstigem Verkehr. Auch verzogen sich die mich den Tag über begleitenden leichten Schauer.

Nach gut 165 Kilometern kam ich gegen 18 Uhr in Montbeliard an. Die Stadt liegt auf einer Anhöhe, aber im Hafen gibt es in der Capitainerie eine Außenstelle der Tourist Information. Dort saß eine freundliche Dame, die – ich kam dem Elsass ja immer näher – sogar recht gut deutsch sprach. Sie gab sich aller erdenkliche Mühe, aber wegen einer Messe war weder in Montbeliard, noch in Belfort etwas zu machen. Ich überlegte Alternativen. Der nächste größere Ort war Mulhouse – dort gab es Unterkünfte, die auch für Radreisende geeignet waren. Entfernung: noch 50 Kilometer. Die Frage hieß Bahn oder Königsetappe. Natürlich entschied ich mich für letzteres.

Da die Checkinzeiten begrenzt waren, hieß es in die Pedale treten. Zum Glück geht es ab Höhe Belfort dann tendentiell eher abwärts und der Weg ist störungsfrei ausgebaut, so dass ich mit ordentlicher Geschwindigkeit fahren konnte. Ich rief zwischendurch Micha an, der die Strecke und die Radtouren gut kennt, und bat ihn am Live Tracking ein wenig Schutzengel zu spielen. Er lieferte mir dann gelegentliche Motivation und Updates, ohne dass ich dafür das Handy zücken musste.

Kurz nach Sonnenuntergang nach nicht einmal zwei Stunden kam ich in Mulhouse an. Die vielen Einbahnstraßen und Baustellen gestalteten die letzten zwei Kilometer noch einmal etwas abenteuerlich, aber ich erreichte mehr als pünktlich das Hotel, konnte sogar noch duschen und danach in der Stadt etwas essen.

Freiburg (Ruhetag)

Offenburg bot nicht so viel, in Freiburg gab es aber eine Demonstration zum Globalen Klimastreik. So nutzte ich die Gelegenheit des Ruhetages und traf mich dort mit ein paar Leuten, um für die Einhaltung der Klimaziele zu demonstrieren und dann abseits noch etwas Freiburg zu erkunden.

Vor der Kundgebung hatte ich noch die Möglichkeit, auf den Schlossberg zu laufen, später waren wir noch beim Food Sharing Markt gemeinsam essen, bevor es – nach Besuch der lokalen Energiewende Gruppe – zurück ins Hotel nach Offenburg ging.

Grau d’Agde – Beaucaire

Nach einem Frühstück auf der Terrasse machte ich mich bereit für die Abfahrt. Umziehen, die letzten Dinge einpacken und dann Auschecken und die Tasche am Rad befestigen. Tacho und Navi noch anklicken – und dann musste ich erst einmal die neu erstellten Tracks ins Navi laden. Zum Glück funktionierte die Toolchain wie geplant.

Links und rechts Wasser

Aus Agde heraus ging es zunächst durch die Stadt, zwar mit Stop & Go durch die vielen Kreuzungen, aber letztlich doch erträglich. Vor allem, wenn man weiß, dass einen auf den nächsten Kilometern bis Sète ein toller Radweg direkt hinter den Dünen am Strand und abseits der Straße erwartet.

Die Fahrt durch Sète ist auch machbar, da auf den kritischen Teilen gute Radwege zur Verfügung stehen oder der Autoverkehr gebremst ist. Anschließend geht die Strecke an den hinter der Küstenlinie liegenden Seen entlang. Immer eine Freude, denn hier kann man Flamingos beobachten.

Bevor ich vom Mittelmeer abbiege steht mir La Grande Motte im Weg – ein Ferienort aus der Retorte, erschaffen in den 60er und 70er Jahren. Mag die Architektur und Anlage mit viel Wohlwollen vielleicht noch als interessant zu bezeichnen sein, so ist die Durchquerung mit dem Fahrrad eine reine Hölle, bei der man glücklich ist, wenn es vorbei ist.

Flamingos

Direkt danach geht es nach Grau du Roi. Der Ort ist zumindest im Bereich des Kanals und Hafens etwas hübscher, das Hindurchfahren auch nicht ganz so schlimm. Wenn nicht gerade die jährliche Festivität ansteht, bei der die halbe Stadt eine riesige Partyzone wird. Ich konnte mich nur mit Mühen dagegen wehren, von Jugendlichen mit Alcopops beglückt zu werden.

Danach geht es an den Canal du Rhône a Sète, das ist wieder ein sehr entspanntes Fahren. Da die offizielle Radroutenführung hier aber (für Frankreich untypisch) einen Umweg macht und die Straßen in aller Regel verkehrsarm sind, hatte ich eine Abkürzung eingeplant. Dummerweise führte mich das über mehr als 10 Kilometer auf einer Straße, wo wegen Bauarbeiten der Belag abgefräst war. Anstrengend und langsam.

Als ich mich endlich wieder zum Kanal durchgeschlagen hatte, suchte ich mir eine Übernachtungsmöglichkeit in Beaucaire. Ein nettes Privathaus, abends konnte ich mit dem Gastgeber essen und es gab einen Pool. Die Sprachbarrieren überwanden wir mit Hilfe der Übersetzungsapps auf dem Handy.

Heusden – Oevel

Nach einem guten Frühstück in Heusden machte ich mich auf den Weg. Ich hatte mit wegen meiner Schaltungsprobleme ein paar Fahrradläden auf dem Weg herausgesucht – merkte aber, dass in den Niederlanden sehr viele davon am Montag geschlossen hatten. Der erste war – trotz anderer Angaben in Google Maps so einer. Der zweite auf meinem leicht umgeplanten Weg war offen und hilfreich. Er konnte meine Diagnose, dass das Schaltauge angebrochen war, bestätigen. Ersatzteile hatte er nicht, auch nicht der Laden im Ort, den mir der freundliche Mechaniker empfahl.

Schaltwerk demontiert

Da Schaltaugen leider alles, nur nicht sonderlich standardisiert sind, suchte ich im Internet nach Händlern, die sich mit der Speedmachine auskennen und wurde in Eindhoven bei De Liggende Hollander („Der liegende Holländer“) fündig. Ich rief dort an und er bot mir an, für mich heute seinen Laden zu öffnen und konnte ein passendes Schaltauge auftreiben. Welch ein Glück! So plante ich also meine Fahrt um mit einem Umweg über Eindhoven. Die Fahrt durch die Loonse und Drunense Duinen – eine Dünenlandschaft mitten im Land – ließ ich mir dennoch nicht nehmen. Anstrengend war die Fahrt trotz der flachen Landschaft, denn ich vermied es, allzu oft zu schalten. Würde das Schaltauge brechen, dann könnt ich nicht mehr weiter fahren.

Radweg, Niederlande Style

In Eindhoven wurde dann das neue Schaltauge eingebaut, gerichtet, auch eine in Mitleidenschaft gezogene Kettenrohrhalterung wurde getauscht. Danach schaltete die Speedmachine wieder wie neu und es fühlte ich deutlich besser an beim Fahren.

Ich legte eine Route Richtung Herentals. Das ursprüngliche Tagesziel Leuven hatte ich wegen des erheblichen Umwegs aufgegeben. Wegen einsetzenden Regens machte ich eine Pause mit Kuchen und Kakao, bis der Regen etwas weniger wurde. Leider fuhr ich dann mit dem Regen mit bzw. wieder mitten rein, so dass es nicht ganz trocken blieb.

Kurz vor Herentals schaute ich nach Unterkünften und plante auf Oevel (Westerlo) um. Dort hatte ich ein sehr nettes B&B aufgetan. Dort angekommen duschte ich und zog mich um. Da es im Ort nichts gab, nahm ich das Angebot der Gastgeberin, mich mit dem Auto nach Geel zu fahren und später wieder abzuholen gerne an. Nahverkehr oder irgendeine Infrastruktur (Läden, Restaurants) gab es in Oevel nämlich nicht.